Und dann habe ich noch “Goetheruh” von Bernd Köstering gelesen. Dieser Krimi spielt in Weimar und etwas krimi-untypisch ist die “ermittelnde” Hauptperson hier ein Literaturwissenschaftler und Goetheexperte. Denn in Weimars Goethemuseum verschwinden immer wieder wertvolle Ausstellungsstücke und der Dieb hinterlässt nichts, außer seltsamen Zitate von Goethe. Man merkt schon: Das Buch ist schwer Goethe-lastig, aber das trifft ja auf Weimar generell zu 😉 Trotzdem ist auch dieser Krimi eine durchaus unterhaltsame Lektüre; vor allem für diejenigen, die nichts gegen ein paar literaturwissenschaftliche Abhandlungen im Text haben und dafür auf Blut, Mord und Totschlag verzichten wollen. Das gibt es dafür dann in der Fortsetzung “Goetheglut”, bei der ich zuerst befürchtet hatte, sie wäre zu sehr konstruiert. Immerhin: Wie oft kann man einen Literaturwissenschaftler glaubwürdig als Ermittler bei Kapitalverbrechen einbringen? Aber es hat dann doch recht gut gepasst; der Autor hat die richtige Lösung dafür gefunden. Das dritte Buch der Serie, “Goethesturm” war dann aber tatsächlich konstruiert und deutlich schwächer als die beiden davor (aber immer noch ganz nett zu lesen).

Richtig gut fand ich dagegen “Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall” von Hans-Henner Hess. Vom Stil und der Aufmachung her erinnert das Buch ein wenig an die Brenner-Krimis von Wolf Haas und die Provinz-Juristen-Szene im südthüringischen Meiningen ist eine sehr originelle Kulisse für den Roman. Es macht großen Spaß, dieses Buch zu lesen und spannend ist es außerdem auch noch!

Was ich bisher schon rezensiert habe

Schon in eigenen Artikel vorgestellt habe ich eine hervorragende Biografie des Mathematikers James Clerk Maxwell und zwei Bücher über das Leben der Astronomin und Feministin Maria Mitchell.

Was ich sonst noch gelesen habe

Neben der oben schon erwähnten Biografie von James Clerk Maxwell habe ich auch noch die Biografie eines anderen Pioniers der Erforschung der elektromagnetischen Strahlung gelesen: “Wilhelm Conrad Röntgen: Aufbruch ins Innere der Materie” von Albrecht Fölsing. Das Buch liest sich ein wenig trocken und akademisch; das Leben von Röntgen ist aber durchaus interessant. Oder eigenlich: Es ist stinklanweilig, aber es ist interessant zu erfahren, dass Röntgen eigentlich kaum etwas Großes geleistet hat. Bei all dem Ruhm, der mit ihm verbunden ist – immerhin war er der erste Nobelpreisträger für Physik – hätte man sich da eigentlich auch eine entsprechende Biografie erwartet. Aber Röntgen war als Student nur eher Mittelmaß; hat sich im Laufe seiner eher mittelmäßigen wissenschaftlichen Karriere mit akademischen Kleinkram beschäftigt und sich darauf konzentriert, physikalische Phänomene möglichst exakt zu messen, ohne zu versuchen, sie auch irgendwie zu interpretieren. Dass gerade er die Röntgenstrahlen entdeckt hat, war dann einerseits Zufall, andererseits war aber gerade der auf Messungen fixierte Röntgen dafür geeignet wie kein anderer. Da wo seine Kollegen schon vorher entsprechende Phänomene sahen, aber einfach ignoriert haben, hat Röntgen nicht locker gelassen, auch noch den letzten Rest an Information aus seinem Versuchsaufbau heraus gemessen, das ganze ohne irgendwelche weiterführenden Interpretationen veröffentlicht und dann im wesentlichen die Forschungsarbeit eingestellt… Die ganzen theoretischen Überbau; die fundamentalen Erklärungen; die medizinischen Anwendungen: Also all das, was die Röntgenstrahlen so beeindruckend machen, haben Röntgens Kollegen erledigt. Seine Biografie ist wirklich faszinierend und ich kann sie nur zur Lektüre empfehlen (würde mich aber freuen, wenn jemand eine Biografie kennt, die ein wenig packender geschrieben ist als die von Fölsing).

extinction

Ich habe außerdem noch zwei aktuelle Science-Fiction-Bücher gelesen, die ich noch kurz erwähnen will: “Der Circle” (im Original: “The Circle”) von Dave Eggers ist eine leicht verstörende Vision einer Welt, in der Firmen wie Google, Facebook & Co immer mehr an Bedeutung erlangen. “Google” heißt bei Eggers “The Circle” und der greift mit seinen Tech-Projekten immer mehr in das Privatleben der Menschen ein. Und das nicht einmal aus irgendeinem bösen Weltbeherrschungsdrang, sondern aus eigentlich durchaus plausiblen und gut gemeinten Vorstellungen zu einer besseren Zukunft der Welt. Lest das Buch: Es ist vielleicht manchmal ein klein wenig plump und zu offensichtlich bei der Vermittlung seiner Botschaft, aber es ist immer spannend und regt mit seinen Parallelen zur Realität definitiv zum Nachdenken an.

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Kommentare (20)

  1. #1 peer
    30. März 2015

    Ich hänge mich mal dran. Letzten Monat habe ich allerdings kaum was gelesen, was ich hier erwähnen müsste. Ein Buch war allerdings echt gut: Barnvard´s Folly von Paul Collins. Hier werden verschiedene Persönlichkeiten vorgestellt, die in ihrer Zeit sehr bekannt waren, mittlerweile aber komplett vergessen sind – z.B., John Barnvard, der ein mehrere Kilometer langes Bild vom Mississippi gemalt hat oder Renme Blondlot der “Entdecker” der N-Strahlen (Wenn ich mal Geld brauche, mache ich eine Eso-Seite auf, bei der alles auf N-Strahlen basiert).. Sehr unterhaltsam, auch weil Collins sich nicht lustig macht, sondern sehr realistisch Gründe aufklärt, warum die Prominenten damals berühmt waren und heute nicht mehr.

  2. #2 Böx
    30. März 2015

    “Die Nacht der Physiker” habe ich irgendwann letztes Jahr gelesen und fand’s auch absolut faszinierend. In der Rückschau kamen mir viele der Charaktere ziemlich weltfremd vor…Du hast den Unterschied zwischen den Deutschen und den Amerikanern ja schon erwähnt. Auch dass sie ihr Scheitern hinterher so hingestellt haben, als hätten sie das absichtlich gemacht, um den Bau der Bombe zu verhindern, fand ich interessant. Dass Otto Hahn außerdem an den Giftgas-Angriffen beteiligt war, wusste ich vorher auch nicht.
    Danke für den Tipp zum Buch über islamische Wissenschaft! Sowas interessiert mich ja sehr!
    Den Text über Extinction habe ich nicht gelesen, das Buch liegt sowieso auf dem To-Do-Stapel 🙂
    Dank und Gruß!

  3. #3 tes
    30. März 2015

    können sie alle natürlich nicht frei forschen sondern müssen ihre Arbeit in den Dienst der Demokratie stellen.

    🙂

  4. #4 tes
    Regionalkrimi ist der neue Heimatroman
    30. März 2015

    🙂

  5. #5 etg
    30. März 2015

    Hi Florian,

    ale jemand, der das Buch nicht gelesen hat: folgende Rezension hat mich bisher davon abgehalten

    https://kleinerdrei.org/2015/03/pranger/

    Deine klingt jetzt freundlicher. Rückblickend betrachtet: findest Du die angesprochene Kritik bei Kleiner3 gerechtfertigt?

    Danke.

  6. #6 Florian Freistetter
    30. März 2015

    @etg: Ganz unberechtigt ist die Kritik an Ronsons Buch nicht; ich hab mir auch manchmal gedacht, dass er bei der “Opfer”/”Täter”-Sache ein bisschen zu einseitig ist. Aber trotz allem ist es ein sehr interessantes Buch, das ich mit Interesse gelesen habe…

  7. #7 Uwe Begander
    30. März 2015

    großes dankeschön für Deine erfahrungen mit einigen bestimmt sehr interessanten büchern, das “Haus der Weisheit” quetsche ich noch auf meine sommerleseliste dazu drauf 🙂
    empfehlen, aber noch nicht rezensieren kann ich mein neuestes wunschgeschenk “Das Handbuch für den Neustart der Welt”, aus dessen lektüre sich auch so manche alltagsumstellungen realisieren lassen, wenn man seinen fußabdruck immer wieder ein wenig verkleinern möchte

  8. #8 Nordlicht_70
    30. März 2015

    “Im Haus der Weisheit” stelle ich mir unheimlich interessant vor. Ich habe schon etwas gelesen darüber, dass der arabische Raum nicht nur als Bewahrer und Übersetzer fungierte sondern in seiner Blütezeit eben auch Koryphäen wie die von dir erwähnten Al-Chwarizmi und Musa-Brüder, aber auch Ibn Batuta und einigen mehr.
    Interessant fand ich in diesem Buch auch die Überlegung, wie weit die alten Griechen die Mathematik hätten weiterentwickeln können, wenn sie die das Rechnen so unglaublich vereinfachende Dezimalschreibweise und die Null gekannt hätten, die vom arabischen Raum nach Europa kam (auch wenn diese Idee wohl aus Indien stammte).

  9. #9 Nordlicht_70
    30. März 2015

    Korrektur: ….und einige mehr hervorbrachte.

  10. #10 JW
    31. März 2015

    Zwar schon älter, aber jetzt erst in einem Museumsladen entdeckt: Das Geheimnis der Farben: Eine Kulturgeschichte von Victoriy Finlay
    Nach Vorwort und Einleitung und etwas Blättern liest es sich sehr gut und enthält auch viele nette Anekdoten

  11. #11 Silenus
    31. März 2015

    Hast du schon “Daemon” von Daniel Suarez gelesen?

  12. #12 Florian Freistetter
    31. März 2015

    @Silenus: Nein, das kenn ich nicht.

    @JW: Danke!

  13. #13 Silenus
    31. März 2015

    https://www.amazon.de/DAEMON-Die-Welt-ist-Spiel/dp/3499256436/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1427785826&sr=8-1&keywords=daemon

    Bin grad damit (Hörbuch) durch und fand die Hintergrundgeschichte rund um ein sich verselbständigtes Computerprogramm sehr interessant. Bin grad bei der Fortsetzung “Darknet” die einen etwas philosophischeren Einschlag zu haben scheint.

  14. #14 etg
    31. März 2015

    Als Antwort auf 12: dann wird es aber Zeit. Und rechne nicht damit, das Buch längere Zeit aus den Händen zu legen 😉

  15. #15 Thomas Wiemers
    Burgdorf
    2. April 2015

    Florian heute haben 2 Autoren dieses Projekt ins Leben gerufen . Ich finde es persönlich eine sehr gute Idee . Vielleicht magst du dir es mal anschauen. https://www.verlag-aha.de/lesen-macht-freu-n-de 🙂

  16. #16 jere
    9. April 2015

    Keine Ahnung, ob das hier der richtige Ort für die Frage ist, aber kennt vielleicht jemand zufällig ein gutes populärwissenschaftliches Buch über Himmelskörper (vorallem Monde) im Sonnensystem?
    Also einfach im üblichen lockeren Stil ein par Geschichten zu Planeten, Monden und vielleicht den einen oder anderen Zwerplaneten. Entdeckung, spannende Besonderheiten, das übliche. Im Prinzip so, wie manche Folgen von den Sternengeschichten auch sind (z.B. die über Uranus und Neptun von neulich), nur halt etwas ausführlicher und als Buch.
    Alles was ich bis jetzt gefunden habe, sind entweder Bücher im Was-ist-Was Stil, oder riesige Bildatlanten, aber mir wäre halt etwas in Richtung “Neuentdeckung des Himmels” lieber, nur halt nicht über fremde Sonnensysteme 🙂

    Würde mich echt freuen, wenn jemand zufällig sowas kennt!

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