Die Entdeckung der “dunklen Energie” gegen Ende der 1990er Jahre war eine der spektakulärsten und überraschendsten Ergebnis der modernen Astronomie. Durch die Beobachtung und Vermessung ferner Supernova-Explosionen fanden Astronomen heraus, dass sich unser Universum immer schneller und schneller ausdehnt. Denn erwartet hatte man eigentlich, dass die Expansion des Kosmos nach dem Urknall im Laufe der Zeit immer langsamer wird. Wenn sich die Ausdehnung nun aber beschleunigt, muss irgendetwas für diese Beschleunigung verantwortlich sein. Dieses unbekannte “Etwas” nannte man “Dunkle Energie” und man hat bis heute immer noch nicht herausgefunden, wie genau es das Universum anstellt, immer schneller zu expandieren.
Neue Beobachtungen legen nun aber nahe, dass die Expansion vielleicht doch nicht so schnell ist, wie man bisher dachte. Vielleicht gibt es weniger dunkle Energie im Universum als man bisher angenommen hatte.
Zu diesem Ergebnis kamen Peter Milne von der Universität Arizona und seine Kollegen durch eine genaue Analyse von Supernova-Explosionen (“The Changing Fractions of Type Ia Supernova NUV-Optical Subclasses with Redshift”). Ganz kurz gesagt hat die ursprüngliche Entdeckung der dunklen Energie so funktioniert:
- Eine bestimmte Klasse von Supernova-Explosionen (vom Typ Ia) läuft immer nach den gleichen physikalischen Prozessen ab und leuchtet daher immer gleich hell.
- Je weiter entfernt eine Supernova stattfindet, desto schwächer sehen wir sie von der Erde aus.
- Da wir aber wissen, wie hell sie wirklich ist, können wir aus der scheinbaren Helligkeit direkt ihre Entfernung bestimmen.
- Aus einer spektroskopischen Analyse des Lichts der Supernova kann man außerdem herausfinden, wie schnell sie sich von uns entfernt. Je schneller, desto stärker ist ihr Licht zu roten Wellenlängen hin verschoben (genau so wie sich auch die Tonhöhe einer Polizeisirene verändert, wenn das Auto sich von uns entfernt).
- Je weiter weg eine Supernova ist, desto weiter in der Vergangenheit hat sie stattgefunden, denn das Licht braucht ja Zeit um bis zu uns zu gelangen.
- Beobachtet man nun möglichst viele Supernovae in möglichst vielen unterschiedlich entfernten Galaxien, kann man so herausfinden, wie sich die Geschwindigkeit mit der sich diese Galaxien von uns weg bewegen, im Laufe der Zeit verändert hat.
Die Beobachtungen durchzuführen war nicht einfach, aber Ende der 1990er Jahre hatte man dann genug Daten gesammelt um festzustellen: Das Universum expandiert immer schneller!
Das ganze Konzept basiert aber auf der ersten Annahme in der obigen Auflistung: Supernova-Explosionen vom Typ Ia leuchten immer gleich hell. Wenn das nicht der Fall ist, dann kann man aus der Beobachtung ihrer scheinbaren Helligkeit auch nicht ihre wahre Entfernung berechnen. Und genau das ist es, was Peter Milne und seine Kollegen beobachtet haben wollen: In ihrer Arbeit stellen sie fest, dass es anscheinend zwei verschiedene Arten von Supernova-Explosionen vom Typ Ia gibt, die unterschiedlich hell sind. Sie haben beobachtet, dass ferne Supernovae, die also stattgefunden haben, als das Universum noch jünger war, sich anders verhalten als die älteren Supernova-Explosionen in unserer Nähe. Die ferneren Supernova-Explosionen leuchten nun aber schwächer als die nahen und man hat daher ihre Entfernung bis jetzt überschätzt. Das hat dazu geführt, dass man auch die Expansionsrate überschätzt hat und damit auch die Menge der dunklen Energie, die für die beschleunigte Expansion verantwortlich ist.
Für ihre Arbeit haben die Astronomen Daten des Swift-Satelliten benutzt, der auch Ultraviolett-Licht sehen kann. Das war wichtig, denn der Unterschied in den Supernova-Populationen ist im normalen Licht kaum zu sehen, im UV-Licht aber sehr viel stärker ausgeprägt. Dort konnten die Astronomen zwei Gruppen unterscheiden, die sich durch den Anteil von roten/blauen Licht unterscheiden. Der Anstieg und Abfall der Helligkeit einer Supernova vom Typ Ia sollte immer auf die annähernd gleiche Art und Weise stattfinden. Die beiden Gruppen zeigten aber ein unterschiedliches Verhalten, das auch auf unterschiedliche physikalische Prozesse hindeutet. Milne und seine Kollegen haben zum Beispiel berechnet, dass sich die Geschwindigkeit mit dem das Material bei der Explosion ins All geschleudert wird, sich bei den beiden Gruppen im Durchschnitt um 12 Prozent unterscheidet.
Kommentare (62)