Manchmal ist die Astronomie wirklich höchst erstaunlich. Ok, eigentlich ist die Astronomie immer ziemlich cool. Aber ab und zu ist sie eben auch mal extra beeindruckend. Für mich ist das immer dann der Fall, wenn Astronomen es schaffen, Informationen über Phänomene zu gewinnen, von denen man denkt, dass man sie eigentlich unmöglich gewinnen kann. Immerhin hat die Astronomie den großen Nachteil, nur mit dem Licht arbeiten zu können, das aus dem Weltall auf die Erde gelangt. Astronomen können nur schauen und sonst nichts. Aus den paar Photonen, die uns von fernen Sternen und Galaxien erreichen müssen sie all das heraus holen, was sie wissen wollen. Und das erstaunliche ist: Sie schaffen es immer wieder. Besonders beeindruckend ist eine kürzlich veröffentlichte Arbeit von Eric Perlman von der Universität Florida und seinen Kollegen (“New Constraints on Quantum Gravity from X-ray and Gamma-Ray Observations”). Sie haben weit entfernte Quasare (also die aktiven Zentren großer Galaxien) beobachtet und daraus Rückschlüsse auf die fundamentale Natur von Raum und Zeit gezogen!
Wie das geht? Ich könnte jetzt sagen: Ganz einfach! Aber das wäre natürlich gelogen… Es ist schon ein wenig kompliziert und hat mit der Vereinheitlichung von Quantenmechanik und allgemeiner Relativitätstheorie zu tun. Nach dieser Quantengravitation suchen die Physiker schon seit fast 100 Jahren und waren bis jetzt erfolglos. Beziehungsweise sie waren erfolglos darin nachzuweisen, das eine der vielen Hypothesen die sie im Laufe der Zeit aufgestellt haben, auch tatsächlich mit realen Beobachtungsdaten übereinstimmt. Denn all die Effekte durch die sich eine bestimmte Version der Quantengravitation beobachten lassen würde, finden auch so extrem kleinen Skalen statt, das kein Messgerät oder Teilchenbeschleuniger auch nur eine Chance hat, sie direkt nachzuweisen.
Eines der Phänomen das in der Quantengravitation auftritt, ist der sogenannte Quantenschaum. Würde man die Raumzeit auf extrem kleinen Skalen betrachten, würde sie nicht mehr so aussehen, wie wir das erwarten. Könnte man den Raum auf eine Art und Weise betrachten, die uns Größenordnungen zeigt, die ein paar Milliarden Billionen mal kleiner ist als ein Atom, würde er “kompliziert” aussehen. Die Raumzeit wäre dann nicht mehr glatt und gleichmäßig, sondern aufgrund quantenmechanischer Effekte chaotisch, verwirbelt und ständig in Veränderung begriffen. So wie die Blasen in einem Schaumbad und deswegen hat der Zustand auch den Namen “Quantenschaum” bekommen.
Beobachten lässt sich das nicht; zumindest nicht direkt (dazu bräuchte man schon Teilchenbeschleuniger die so groß sind wie ganze Galaxien). Aber Perlman und seine Kollegen haben probiert mit einer indirekten Methode mehr über den Quantenschaum zu erfahren. Wenn Licht die Raumzeit durchquert und die Raumzeit auf fundamentaler Ebene aus einem Quantenschaum besteht, der sich ständig verändert, dann hat das auch Einfluss auf das Licht selbst. Natürlich nur einen sehr geringen Einfluss (sonst hätten wir das ja schon längst gemerkt). Aber wenn das Licht eine sehr, sehr lange Strecke durch den Quantenschaum zurück legen muss, könnten sich diese Effekte summieren so das man vielleicht doch etwas beobachten kann. Die Bilder ferner Galaxien die wir in unseren Teleskopen sehen, wären dann auch eine charakteristische Art und Weise “unscharf” bzw. würde – wie Perlman und seine Kollegen herausgefunden haben – die Lichtstrahlen so sehr gestört und geschwächt, dass man ab einer gewissen Distanz gar nichts mehr sehen würde.
Es gibt nun verschiedene Hypothesen der Quantengravitation und sie machen unterschiedliche Aussagen über die Details des Quantenschaums. Und die Details bestimmen, wie genau das Bild unscharf wird bzw. bei welcher Distanz welche Effekte auftreten würden. Im Prinzip würde also die Beobachtung von weit entfernten Quasaren eine Möglichkeit darstellen, direkte Beobachtungsdaten über die Natur des Quantenschaums zu gewinnen. Dafür sind aber die Instrumente leider noch nicht gut genug. Aber zumindest ist es möglich, bestimmte Hypothese zu testen und einschränkende Aussagen zu treffen. Perlman und seine Kollegen haben drei verschiedene Varianten betrachtet. Einmal ein Modell für die Quantengravitation, bei der sich der Quantenschaum wie ein “random walk” auf das Licht auswirkt; die Effekte summieren sich also vereinfacht gesagt zufällig auf. Sie haben außerdem das ursprüngliche Modell des Quantenschaums betrachtet das in den 1950er Jahren vom Physiker John Wheeler aufgestellt worden ist, in dem sich die Effekte nicht aufsummieren. Und dann haben sie noch das sehr populäre Holografische Prinzip berücksichtigt. Das ist eine Vermutung die besagt, dass man jedes Gebiet in der Raumzeit auch vollständig beschreiben und verstehen kann, wenn man nur die Informationen hat, die am Rand dieses Gebiets vorliegen. Daraus würde folgen, dass die Menge an Informationen die man über eine Region im Universum kennen kann (d.h. die Menge und Anordnung aller möglichen Teilchen und Felder) nicht lokal ist, also eben nicht vom Volumen der Region abhängt sondern nur von der Größe seine Oberfläche.
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