Auf die “Zeitung” mit dem Namen Österreich ist halt immer Verlass, wenn es um grottenschlechten Journalismus und hysterische Panikmache geht. Heute ist der “Asteroid Day” an dem überall auf der Welt Veranstaltungen stattfinden, bei denen über Asteroiden informiert werden sollen. Dabei spielt natürlich auch die potentielle Gefahr durch Asteroideneinschläge eine Rolle. Aber das, was man heute in der Online-Ausgabe von “Österreich” (WebCite) lesen kann, hat mit Information nichts zu tun. Die Schlagzeile lautet dort: “Asteroiden-Tsunami bedroht Europa: Hunderttausende Menschen könnten sterben, warnen Wissenschaftler”.
Das klingt wieder mal so, als stünde der Weltuntergang kurz bevor. Die Realität ist aber natürlich anders. Es geht um eine Arbeit von Wissenschaftlern der Universität Southampton: “Global impact distribution of asteroids and affected population”. Sie wurde im Rahmen der “Planetary Defence Conference” im April präsentiert, über die ich auch berichtet habe. In der Arbeit haben die Astronomen die Bahnen von 261 Asteroiden verfolgt und nachgesehen, was passieren würde, wenn sie mit der Erde kollidieren. Keiner dieser Asteroiden ist derzeit auf Kollisionskurs, aber da die Bahnen nicht exakt mess- und berechenbar sind, gibt es eben manchmal zumindest eine kleine theoretische Möglichkeit einer Kollision irgendwann in ferner Zukunft. Wenn es sich um große Asteroiden handeln würde; also um Objekte deren Durchmesser größer als circa ein Kilometer ist, wäre es egal, wo auf der Erde sie einschlagen; die Folgen wären immer global. Die in der Arbeit untersuchten Asteroiden waren aber alle deutlich kleiner und daher ist es interessant zu wissen, wo auf der Erde sie ungefähr einschlagen könnten.
Genau das wurde untersucht und in Computersimulationen hat man entsprechende “Risikozonen” identifiziert. Dabei spielt es auch eine Rolle, ob die Asteroiden auf Land oder im Meer einschlagen, denn im zweiten Fall könnten sie Flutwellen auslösen, die dann auch Küstengebiete treffen, die weit ab vom Einschlagsort liegen. Dieses Bild aus dem Artikel zeigt die Ergebnisse; in rot sind die Bereiche markiert, in denen die Chance besonders groß ist, dass einer der 261 Asteroiden auf die Erde trifft:
Es ist wichtig, sich klar zu machen, was in dieser Arbeit gesagt wird, und was nicht. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Asteroideneinschläge Ereignisse sind, die in der Zukunft genau so stattfinden können wie sie in der Vergangenheit stattgefunden haben und sie haben ein Modell aufgestellt, das zeigt, welche Regionen der Erde betroffen sein könnten und welche nicht. Das ist, aus technischer Sicht, ein interessantes und wichtiges Ergebnis aber kaum eine revolutionäre Neuigkeit. Dass Asteroiden auf die Erde fallen und das auch in Zukunft tun werden und dass das gefährlich ist, ist schon seit ein paar Jahrzehnten bekannt…
Was die Autoren definitiv nicht getan haben, war eine KONKRETE Gefahr vorherzusagen. Im Gegensatz zur Schlagzeile bei “Österreich” ist Europa heute nicht mehr oder weniger durch Asteroiden bedroht als gestern oder vor 10 Jahren. Es ist keine “neue” Bedrohung aufgetaucht, vor der die Wissenschaftler plötzlich “warnen” müssen. Sie weisen nur darauf hin, dass Asteroideneinschläge etwas sind, mit dem wir rechnen und zurecht kommen müssen. Und das ist nicht nur legitim, sondern auch wichtig. Genau das ist ja unter anderem auch der Sinn des heutigen Asteroid Day. Was aber auf jeden Fall kontraproduktiv ist, ist hysterische Panikmache. Davon hat niemand etwas (abgesehen natürlich von den Medien, die mit solchen Schlagzeilen jede Menge Klicks sammeln).
Mehr schlechte Schlagzeilen gibt es hier.
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