Planetary Defense Conference. Eine Konferenz über die “Verteidigung des Planeten”. Klingt beeindruckend; so als würden sich dort wichtige Leute treffen, um über den Kampf mit fiesen Aliens zu diskutieren. Oder planen, ein Raumschiff ins Zentrum der Sonne zu schicken um sie vor dem Kollaps zu retten (bzw. irgendeine andere schlechte Sci-Fi-Handlung). In Wahrheit handelt es sich dabei aber um eine ganz normale wissenschaftliche Konferenz auf der ganz normale Wissenschaftler das tun, was Wissenschaftler auf Konferenzen eben so tun: Über ihre Arbeit sprechen und neue Dinge lernen. In diesem Fall ging es bei der Konferenz um Asteroiden und Asteroidenabwehr. Wer mich kennt, der weiß wie gerne ich Asteroiden habe und das ich mich auch sehr oft und ausführlich mit Asteroideneinschlägen und Asteroidenabwehr beschäftigt habe. Eigentlich wäre die “Planetary Defense Conference” also das ideale Event für mich. Aber leider muss man für den Besuch so eines Treffens meistens eine happige Konferenzgebühr bezahlen; dazu kommen die Kosten für Reise und Unterkunft (das diesjährige Treffen der Asteroidenforscher fand in Italien statt) – und wenn man, so wie ich, nicht mehr an einer Universität arbeitet, kein Reisebudget hat und das alles aus eigener Tasche bezahlen muss, wird das schwierig.

Rettet die Erde! Kampf dem bösen Weltall!! (Bild: gemeinfrei)

Rettet die Erde! Kampf dem bösen Weltall!! (Bild: gemeinfrei)

Aber zum Glück gibt es ja Siegfried Eggl! Siggi ist einer meiner ehemaligen Kollegen aus der Himmelsmechanik-Arbeitsgruppe der Uni Wien, arbeitet mittlerweile aber am berühmten (zumindesten unter Himmelsmechanikern) Institut de mecanique celeste et de calcul des ephemerides (IMCCE) in Paris und ist im Rahmen des Projekts NEOShield regelmäßig mit der Rettung der Welt vor Asteroiden beschäftigt. Oder besser gesagt: Mit der Vorbereitung der Rettung, sollte sie irgendwann mal notwendig werden. Siggi war darum natürlich auch auf der Konferenz zu Besuch und ich habe ihn einfach mal angerufen und mir erzählen lassen, was dort so los war.

Recht viel, wie sich herausgestellt hat! Es gab natürlich jede Menge ziemlich interessante Wissenschaft zu sehen und zu hören. Siggi hat mir erzählt, was man derzeit so alles plant in Sachen Asteroidenabwehr, Asteroidensuche, Bahnbestimmung und Einschlagsvorhersage. Wir haben auch über die diversen geplanten Weltraummissionen gesprochen, bei denen Abwehrmethoden getestet werden sollen und ich bin besonders begeistert von der Neuausrichtung der Asteroid Redirect Mission der NASA. Ursprünglich wollte man ja einen kleinen Asteroid einfangen und zur Erde bringen. Mittlerweile hat man sich aber etwas neues und viel cooleres ausgedacht!

Sehr interessant fand ich auch, dass die Wissenschaftler während der Konferenz eine Art Rollenspiel absolviert haben und die komplette “Oh mein Gott ein Asteroid rast auf die Erde zu und wird uns alle umbringen!”-Situation durchgespielt haben. Von der Entdeckung über die Beobachtung, Bahnbestimmung und Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit bis hin zu politischen Diskussionen über Abwehrmissionen und den richtigen Umgang mit Öffentlichkeitsarbeit wurde alles simuliert. Jeder Konferenzteilnehmer spielte dabei die Rolle eines Wissenschaftlers/Politikers/Bürgers/etc und gemeinsam wird probiert, so gut wie möglich auf die Bedrohung zu reagieren.

Auch von seiner eigenen Arbeit hat mir Siggi natürlich erzählt: Er beschäftigt sich mit der Frage, wie man dafür sorgen kann, dass man bei einer Abwehrtestmission zu einem Asteroiden diesen nicht aus Versehen erst recht in Richtung Erde schickt (was anscheinend durchaus passieren kann, wie ich gelernt habe)!

Es ist ein sehr interessantes Gespräch geworden und ich hoffe, ihr findet es ebenso spannend wie ich. Ich hoffe auch, ihr lasst euch nicht abschrecken, wenn Siggi und ich ab und zu in ein wenig Fachsimpelei abdriften… Das ist immer das Risiko, wenn man als Interviewer zu viel Ahnung vom Thema hat: Manchmal vergisst man dann, dass die Sache ja auch für die Zuhörer verständlich sein muss.

P.S. So wie beim Interview von vorgestern war auch das eine sehr spontane Aktion. Ich muss mich erst um ein vernünftiges Setup kümmern um in Zukunft Gespräche per Skype in wirklich guter Qualität aufzeichnen zu können.

Kommentare (36)

  1. #1 Findelkind
    24. April 2015

    Was verbirgt sich denn hinter der Neuausrichtung der “Asteroid Redirect Mission”? Ich bin da doch sehr neugierig…

  2. #2 Florian Freistetter
    24. April 2015

    @Findelkind: Das besprechen Siggi und ich im Interview ausführlich. Aber kurz gesagt geht es um eine Kombination von Asteroidenforschung und einer sehr genialen Idee, eine gravity tractor mission zu testen. (Also eine Methode, um Asteroiden mittels der Gravitationskraft eines Raumfahrzeugs abzuschleppen und von einer etwaigen Kollisionsbahn abzubringen)

  3. #3 Findelkind
    24. April 2015

    Danke für die schnelle Antwort. Ich habe im Moment leider keine Zeit, das Video ganz zu gucken, werde ich aber auf jeden Fall noch tun.

  4. #5 Silava
    25. April 2015

    Gut dass wir Florian haben, ich habe außerhalb von diesem Blog nur wenige interessante Informationen über Asteroiden finden können.
    Wenn sich Florian als “amateur astronomer” ausgibt, dann würde das PDC Ticket nur $125 kosten. Da könnten wir Astrodicticum Simplex Leser doch eine Crowdfunding Initiative für die PDC 2017 starten?

  5. #6 Daniel Fischer
    Witten
    26. April 2015

    Die PDC in Frascati wurde vollständig, frei und kostenlos im Internet gestreamt – wofür die ESA auch viel Werbung gemacht hatte. Habe mir das bunte Treiben, v.a. das aufregende Rollenspiel (bei dem es fast zu einem Nuklearkrieg zwischen China und Indien kam und am Ende Bangladesh verwüstet wurde) aber auch eine Reihe der Talks, etliche Stunden lang angeschaut: Mit einer normalen Astronomen-Tagung hatte das nur manchmal zu tun, denn da treten eher selten Kernwaffen-Forscher auf, die am Ende fordern, man solle doch mal probeweise mit ICBMs auf Asteroiden feuern. Angesichts der Wahrscheinlichkeit, dass der tatsächliche “Verteidigungsfall” erst in zigtausend Jahren eintreten wird, erinnerte das alles eher an das Script eines Science-Fictions-Films, allerdings mit echter Physik …

  6. #7 advanced deep space propeller
    26. April 2015

    Fast die gesamte Konferenz ist hier archiviert., wobei das Impaktszenario-Planspiel nicht das interessanteste war.

    Wie auch aus einigen Konferenzbeiträgen hervorgeht, wissen wir noch sehr wenig über die tatsächlichen Neo-Populationen, ein “Verteidigungsfall” könnte evtl. schon viel früher notwendig werden. Nuclear deflection ist nur eine Methode, die in Frage kommen könnte und über die referiert wurde.
    Seit Tscheljabinsk wissen wir, dass die Wahrscheinlichkeit eines Impaktes unterschätzt wurde.

    Better save than sorry. 😉

  7. #8 Daniel Fischer
    Witten
    26. April 2015

    “Seit Tscheljabinsk wissen wir, dass die Wahrscheinlichkeit eines Impaktes unterschätzt wurde” – das wird uns von der ‘Defense Community’ seit 2013 eingeredet, stimmt aber gar nicht: Das hatte ich letztes Jahr mal eingehend recherchiert. Wir kennen die NEO-Population aller Größen auf einen Faktor 2 oder besser und wissen, dass – natürlich statistisch gesehen – selbst Chelyabinske (also Airbursts vergleichbarer Energie über Städten) vielleicht einmal pro Jahrtausend zu erwarten sind. Wie, neben aller Astronomie und Kraterzählerei auf dem Mond, übrigens auch die Geschichte selber beweist: Es ist nicht ein einziger weiterer Fall dieser Art überliefert.

  8. #9 advanced deep space propeller
    27. April 2015

    Über die Impaktfrequenz auf dem Erdmond gibts wenig

    Stochastik ist ne feine Sache aber was auch hilfreich wäre sind mehr multiwellenlängen Beobachtungskampagnien der NEOs etc., mehr Daten Spektrometrie, Photemetrie, Astrometrie und in situ wie schaun die Asteroiden im Inneren aus?
    Die Vereinten Nationen befassen sich seit 2009 mit Neos, da dürfte evtl. mehr dran sein als uns die ‘Defense Community’ seit 2013 versucht einzureden?
    Mehr Forschung & Information aber auch ein Plan D(eflection) könnte nicht schlecht sein.

    Danke für den Link!

  9. #10 Erva
    Hamburg
    11. Mai 2015

    Florian wann wird der nächste Asteroid kommen?

  10. #11 Florian Freistetter
    11. Mai 2015

    @Erva: Kein bekannter Asteroid, der groß genug ist, um Schaden anzurichten, befindet sich derzeit auf Kollisionskurs mit der Erde.

  11. #12 Erva
    11. Mai 2015

    Ein Glück, denn im Juli werde ich 18.

  12. #13 Erva
    11. Mai 2015

    Arbeitet Ihr an der Asteroidenabwehr?

  13. #14 Erva
    11. Mai 2015

    Florian Ich habe angst dass ein Asteroid einschlägt

  14. #15 PDP10
    11. Mai 2015

    @Erva:

    Bitte lies den Artikel nochmal.

    Und guck dir das Video an.

    Und dann les diesen Artikel hier:

    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/11/20/die-erde-ist-in-den-letzten-20-jahren-mindestens-556-mal-mit-asteroiden-zusammengestossen/

    Und da das Wetter gerade so schön ist, würde ich dir dringend raten morgen Abend wenn es dunkel wird einfach mal raus zu gehen, dich ins Gras zu legen und nach Sternschuppen ausschau zu halten …

  15. #16 Florian Freistetter
    12. Mai 2015

    @Erva: Es gibt keinen Grund Angst zu haben. Es ist kein Asteroid bekannt, der einschlagen wird.

  16. #17 Erva
    12. Mai 2015

    Florian, was wird übermorgen passieren?

  17. #18 Florian Freistetter
    12. Mai 2015

    @Erva: Nichts.

  18. #19 Erva
    12. Mai 2015

    gut und woher weißt du das?

  19. #20 Alderamin
    12. Mai 2015

    @Florian, Erva

    Ach, da fliegt wieder mal ein Asteroid (1999 FN53) in 10 Millionen km Entfernung an der Erde vorbei. Wenn man danach googelt, wird man mit viel Spektakel auf englischsprachigen Tabloid-Seiten konfrontiert, wo erst dramatisch erklärt wird, was alles passieren würde, wenn er einschlüge, und erst im letzten Absatz die Bemerkung fällt, dass er 6 Millionen Meilen entfernt vorbeifliegt. Keine deutsche Zeitung ist anscheinend bisher darauf angesprungen (kann aber nicht lange dauern).

    10 Millionen km sind immerhin 26 Mondentfernungen. In einem Modell, in dem die Erde die Größe eines 30-cm-Globus hätte, wären das 235 m Abstand bei der nächsten Annäherung. Eng ist anders.

    Der Stein ist etwas größer als die anderen, die in letzter Zeit der Erde nahe kamen, sonst hätte sich niemand dafür interessiert. Wir hatten ja auch schon Vorbeiflüge von kleineren Objekten in nur 1/10 Mondentfernung.

  20. #21 Florian Freistetter
    12. Mai 2015

    @Erva: Warum glaubst du denn, dass “etwas” passieren sollte? Ich weiß jedenfalls – und das hab ich dir ja auch schon gesagt – das kein Asteroid bekannt ist, der mit der Erde kollidieren wird.

  21. #22 Alderamin
    12. Mai 2015

    @Erva

    gut und woher weißt du das?

    Dafür gibt es Leute, die solche Objekte suchen, ihre Bahnen bestimmen und die Ergebnisse z.B. auf der in #20 von mir verlinkten Seite veröffentlichen. Wenn man drei nicht zu enge benachbarte Bahnpunkte eines Asteroiden vermessen hat, kann man ausrechnen, wie er sich die nächsten Jahre über bewegen wird.

    Je größer der Asteroid, desto größer ist die Chance, dass man ihn schon kennt (der übermorgen wurde schon 1999 entdeckt). Heute suchen Computer den Himmel ab, man hat schon 95% der Objekte gefunden, die ähnlich groß (über 1 km) sind und der Erde irgendwann mal nahe kommen können. Darunter ist keiner bekannt, der in den nächsten hundert Jahren eine Chance hat, auf der Erde einzuschlagen.

    Schwieriger zu finden sind die kleinen Asteroiden von wenigen 10 bis 100 Metern Durchmesser, die zwar in kleinem Umkreis Zerstörung verursachen können, die genau deswegen aber fast immer in unbewohntem Gebiet herunter kommen, denn 2/3 der Erde sind Ozean und nur 3% der Fläche sind Städte und Ortschaften (meine ich mal gelesen zu haben). Noch kleinere Asteroiden schaffen es gar nicht auf den Erdboden, die zerplatzen und verglühen in der Luft.

  22. #23 Erva
    12. Mai 2015

    Ich entschuldige Mich dafür

  23. #24 PDP10
    12. Mai 2015

    @Alderamin:

    “die zwar in kleinem Umkreis Zerstörung verursachen können, die genau deswegen aber fast immer in unbewohntem Gebiet herunter kommen,”

    Oh! Das ist aber überaus nett von denen …

    ;-

  24. #25 Erva
    13. Mai 2015

    Wird der Asteroid dann im September einschlagen, Florian?

  25. #26 Florian Freistetter
    13. Mai 2015

    @Erva: Ich habe jetzt schon dreimal gesagt, dass KEIN Asteroid bekannt ist, der auf der Erde einschlagen wird. Daran ändert sich auch nichts, wenn du das immer wieder neu fragst. Hör auf, dir über so etwas Sorgen zu machen. Oder lies mal diesen Artikel hier: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/02/12/asteroidenabwehr-apophis-die-medien-und-wie-man-sich-informiert/ (Lies ihn wirklich!)

  26. #27 Erva
    13. Mai 2015

    Entschuldigung hiermit für diese Fragen

  27. #28 Florian Freistetter
    13. Mai 2015

    @Erva: Du musst dich nicht entschuldigen. Aber es bringt halt nichts, wenn du immer die gleiche Frage stellst. Dann haben die Leute nämlich irgendwann keine Lust mehr, zu antworten…

  28. #29 Erva
    13. Mai 2015

    Florian,.Sie sie sind der beste Mensch überhaupt.

  29. #30 Erva
    13. Mai 2015

    Ich will dich nicht nerven oder so, aber kennst du den Asteroid 1999 FN53?

  30. #31 PDP10
    13. Mai 2015

    @Erva:

    Lies den Kommentar #20 von Alderamin bitte nochmal.

    Du liest doch das, was man dir hier auf deine Fragen antwortet, oder? Oder nicht?
    Wenn nicht, warum fragst du dann überhaupt?

  31. #32 Erva
    14. Mai 2015

    Na ja, ich wollte wissen, ob der Asteroid von der Erde vorbeifliegt.

  32. #33 Florian Freistetter
    14. Mai 2015

    @Erva: Ok, dann halt ein viertes Mal: Es ist KEIN ASTEROID BEKANNT der mit der Erde kollidieren wird. Egal wie oft du das fragst und egal wie oft du die Antworten der Leute hier ignorierst: Es IST KEIN ASTEROID BEKANNT der mit der Erde kollidieren wird. Red doch mal mit deinen Lehrern oder Eltern und frag sie, ob sie mit dir in ein Planetarium oder zu einer Volkssternwarte gehen. Da kannst du was über Astronomie lernen und musst dann nicht dauernd Angst haben, wenn du irgendwelchen Unsinn im Internet liest.

  33. #34 Erva
    14. Mai 2015

    Jetzt habe ich keine Angst mehr und ich habe alles verstanden und ich stelle dir nie wieder viele Fragen. Danke.

  34. […] Besuch bei der “Konferenz der Weltretter” […]

  35. […] Besuch bei der “Konferenz der Weltretter” […]