Das Weltraumteleskop Planck ist ja vor allem für seine kosmologischen Beobachtungen berühmt. Es hat unser Bild des Universums deutlich verbessert und uns die Vorgänge kurz nach dem Urknall klarer verstehen lassen. Dazu musste das Teleskop die kosmische Hintergrundstrahlung beobachten, also quasi das allererste Licht, das sich im Kosmos ausbreiten konnte (siehe hier für Details). All die wichtigen Details dieser Strahlung zu erkennen ist schwierig, denn sie verbergen sich zwischen jeder Menge anderem Licht aus anderen Quellen. Den Anteil der kosmologischen Hintergrundstrahlung zu extrahieren ist komplex und schwierig. Das geht nur, wenn man diese Vordergrundstrahlung enorm gut versteht. Und das lohnt sich auch, wenn man gar nicht am Urknall und der Kosmologie selbst interessiert ist. Was für die einen nur störende Einflüsse sind, sind für die anderen wichtigen Daten! In einer kürzlich veröffentlichten Arbeit hat das Planck-Team daher auch mal nachgesehen, was sich im Vordergrund so alles finden lässt (“Planck 2015 results. XXV. Diffuse low-frequency Galactic foregrounds”). Zum Beispiel galaktische Riesenringe!

Die Hintergrundstrahlung ist kein sichtbares Licht, sondern langwellige Mikrowellenstrahlung. Die wird allerdings auch auf viele andere Arten erzeugt. Zum Beispiel wenn sich Elektronen auf Spiralbahnen durch das Magnetfeld unserer Galaxie bewegen. Oder wenn Atome in heißem Gas in interstellaren Wolken miteinander zusammenstoßen. Oder Staubteilchen durch die Strahlung von Sternen angeregt werden und die aufgenommene Energie dann wieder abgeben. Oder von sogenannten “anomalen Mikrowellenemissionen (AME)”, die vermutlich ebenfalls von Staubteilchen erzeugt wird. All diese Arten von Mikrowellenstrahlung hat Planck beobachtet und dabei äußerst interessante Dinge gesehen.

Das hier zum Beispiel:

Man sieht hier die Mikrowellenstrahlung rund um den Stern Lambda Orionis (im Kopf des Sternbilds Orion). Rot eingefärbt ist dabei der Anteil der anomalen Mikrowellenemission; grün ist das, was vom interstellaren Gas kommt und blau ist die Strahlung die von den sich bewegenden Elektronen kommt. Die ringförmige Struktur in der Mitte ist ganze 200 Lichtjahre groß! Den grünen Bereich der von der Strahlung des Gases kommt ist schon seit 1987 bekannt gewesen, den roten Ring der AME konnte man jetzt mit Planck erstmals identifizieren. Er stammt vermutlich von etwas kälterem Staub in den äußeren Bereichen der Gaswolke.

Die Färbung im Bild zeigt auch, worin der Wert der neuen Planck-Daten besteht: Mit den sehr genauen Messungen des Weltraumteleskops ist es nun möglich, die einzelnen Komponenten der Vordergrundstrahlung klar zu trennen und zu kartografieren. Nicht nur im kleinen stellaren Maßstab, sondern auch auf galaktischer Ebene!

Planck hat jede Menge bogenförmige Strukturen (wieder) entdeckt, die sich durch die ganze Milchstraße ziehen und einen Ring von galaktischen Ausmaßen zu bilden scheinen:

Hier ist die Strahlung des gesamten Himmels zu sehen; allerdings jetzt nur der Anteil der von den Elektronen im Magnetfeld kommt (die Farben geben die Polarisation dieser Strahlung an). Im Bild eingezeichnet ist der sogenannte “Loop 1”, eine der großen Strukturen die Planck beobachtet hat. Auch dieser Riesenring war schon früher bekannt, aber es war unklar, wo genau sein Ursprung liegt. Dank der neuen Daten weiß man jetzt zumindest, was nicht dafür verantwortlich ist.

Bislang dachte man, dass sie vielleicht mit den Fermi-Blasen zu tun haben könnten. So wurden zwei im Jahr 2010 entdeckte riesige blasenförmige Strukturen genannt, die sich über 50.000 Lichtjahre erstrecken und über/unter der Ebene der Milchstraße befinden. Sie geben Gammastrahlung ab, die damals mit dem Fermi-Weltraumteleskop beobachtet wurde. Man geht heute davon aus, dass diese Blasen von vergangenen Aktivitätsausbrüchen des supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße her rühren. “Loop 1” und die anderen ringförmigen Strukturen in der Galaxie sollten mit diesen Fermi-Blasen zusammen hängen. Aber: auch die Fermi-Blasen wurden mit Planck beobachtet und es zeigte sich kein Zusammenhang mit dem Ring.

Die südliche Fermi-Blase erstreckt sich viel weiter als “Loop 1”. Er ist uns als offensichtlich deutlich näher, obwohl es auch mit den aktuellen Daten schwer ist zu sagen, wie weit er wirklich entfernt ist. Zwischen 400 und 25.000 Lichtjahren ist im Prinzip alles möglich und darum ist es auch schwer zu sagen, wie groß er tatsächlich ist. Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich um die Auswirkungen einer Supernova-Explosion auf das interstellare Gas handeln könnte.

Es wird noch ein wenig dauern, bis man alle Daten analysiert und vor allem verstanden hat. “Loop 1” ist nur einer von vielen Loops, die das Planck-Team betrachtet und vermessen hat und bei allen ist der Ursprung noch nicht einwandfrei geklärt. Manche befinden sich in der Nähe von Sternentstehungsregionen und werden vermutlich durch Staub hervorgerufen, der von der starken Strahlung der jungen Sterne jede Menge Energie abbekommt. Andere, früher entdeckte Loops haben sich bei näherer Betrachtung als scheinbare Gruppierung unterschiedlicher und unterschiedlich weit entfernter Strukturen heraus gestellt. Wieder andere Loops werden werden durch das galaktische Magnetfeld geformt.

Und so weiter – es gibt jede Menge Beobachtungen und jede Menge Interpretationen. Aber das wichtigste ist: Es gibt jede Menge Daten die uns das Verhalten von Gas und Staub in der Milchstraße besser verstehen lassen. Am Ende kennen wir dann nicht nur unsere eigene Milchstraße besser als zuvor – sondern auch das ganze Universum. Denn Staub mag zwar ein wenig unwichtig erscheinen, aber wer sich an den März 2014 erinnert, wird sich vielleicht auch daran erinnern, als damals die mögliche Beobachtung der Auswirkungen der kosmischen Inflation bekannt gegeben wurde, also der Entwicklungsphase des Universums die unmittelbar nach dem Urknall selbst stattgefunden hat. Als man dann aber dank Planck den Einfluss des Staubes auf die Beobachtungen besser verstanden hatte war klar, dass die Datenlage nicht ausreichend ist, um diese Entdeckung wirklich zu stützen. Das kann sich ändern – und wenn es sich ändert, dann nur, weil wir den Staub ausreichend gut erforscht haben!

Kommentare (2)

  1. #1 Higgs-Teilchen
    Im Standardmodell oben rechts
    9. Juli 2015

    Die ersten beiden Bilder sehen ein bisschen wie moderne Kunst aus …. 🙂

  2. #2 bruno
    10. Juli 2015

    ähh. ja.
    mir fällt gerade nicht dein artikel zu “fermi-blasen” ein.
    hast/ magst mal was drüber schreiben?
    ich höre zum ersten mal von “fermi-blasen” und die wiki hilft da nicht weiter…
    NASA spricht von nord-süd-ausrichtung (was auf mich befremdlich wirkt).
    max-planck spricht von “über und unter der galaktischen scheibe”…
    “grenzwissenschaft-aktuell” spricht von “senkrecht zur Ebene der Milchstraße austretende Doppelblase”…

    und behaupten ebenso:

    Tatsächlich werden die Fermi-Blasen offenbar von vielen Generationen Sternen gespeist, die im Galaktischen Zentrum über hunderte von Millionen Jahren hinweg entstanden und explodierten. Die Strahlung dieser zahllosen Supernovae (Sternenexplosionen) ist es offenbar, die die Blasen bis heute befeuern.

    warum genau sollte das dann eine blasenform einnehmen? in beide richtungen gleich? und nur aus dem galak. zentrum/ sag. a?

    naja, mich würde deine ansicht/ interpretation schon interssieren…
    lg