Es ist Urlaubszeit! Da will man sich entspannen und keine komplizierten Bücher, Zeitschriften oder gar Blog-Artikel lesen. Ich hab mich also mal in einem Zeitschriftenladen umgesehen und überprüft, welche Themen da in den einschlägigen Publikationen als “leichte” Sommerlektüre durchgehen. Meine Recherche kam zu dem Ergebnis, das auf jeden Fall folgende Themen behandelt werden müssen: Abnehmen. Mode. Kochrezepte. Schnulzige Geschichten. (Schlager/Volks)Musik. Und natürlich irgendwas mit Königen und Adel!
Ich möchte in den nächsten Tagen probieren, ein wenig Urlaub zu machen. Und da ich euch in meiner Abwesenheit nicht mit komplizierter Wissenschaft die Erholung verderben möchte, gibt es hier im Blog ab jetzt Boulevard! Ich habe zu jedem der sechs oben genannten Themen einen Artikel vorbereitet (und konnte dabei natürlich doch nicht ganz darauf verzichten, ein wenig Wissenschaft unter die leichte Sommerlektüre zu mischen). Viel Spaß also; schönen Urlaub (falls ihr das Glück habt, Urlaub machen zu können) und bis bald.
Ein Hinweis noch: Dort wo ich bin, habe ich vermutlich keinen bzw. nur sehr sporadischen Internetzugang. Ich habe auch keinen Laptop mit sondern nur mein Smartphone. Ich werde also nicht auf Kommentare/Emails antworten können. Ich werde auch eure Kommentare nicht so schnell moderieren können wie sonst. Wenn einer eurer Kommentare im Spamfilter landet, müsst ihr in den nächsten Tagen leider damit leben.
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Mit dem Adel hab ich es ja so überhaupt nicht. Ich bin froh, Bürger eines Landes (Österreich) zu sein, in dem der ganze Quatsch komplett abgeschafft; Adelsstand und sämtliche Adelstitel. In Deutschland war man da ja leider weniger konsequent und anderswo in Europa hat man es noch nicht einmal geschafft, die ganzen Könige und Prinzessinnen loszuwerden… Aber immerhin haben die Boulevardblätter so immer genug zu berichten und da zur Zeit ja auch bei mir im Blog der Boulevard das Szepter übernommen hat, komme ich wohl auch nicht umhin, mich mit dem Adel zu beschäftigen.
Aber keine Sorge: Ich werde euch mit Gerüchten über königlichen Nachwuchs oder Prinzen-Liebschaften verschonen. Ich erzähle lieber was über den astronomischen Adel. Zumindest in Großbritannien gibt es den nämlich tatsächlich: Dort kann man als Astronom darauf hoffen, irgendwann den schönen Ehrentitel Astronomer Royal zu erhalten.
Im 17. Jahrhundert war das die Berufsbezeichung des Direktors des Königlichen Observatoriums in Greenwich. Gegründet wurde es am 22. Juni 1675 und wurde, wie damals üblich, vor allem dazu benutzt genaue Orts- und Zeitbestimmungen durchzuführen. Das war in dem Fall besonders wichtig, weil der Längengrad, der durch die Sternwarte von Greenwich verläuft der Bezugspunkt für die ganze Geografie des damals noch großen britischen Empires war und weil man zur damaligen Zeit besonders intensiv daran gearbeitet hat, das Problem der Längengradbestimmung auf hoher See zu lösen (ich hab das hier schon mal genauer erklärt). Dazu musste man entweder in der Lage sein, Uhren zu bauen die auch auf einem Schiff am Meer genau die Zeit anzeigen (was mit den damals verfügbaren Pendeluhren nicht funktionierte) oder sich astronomische Methoden ausdenken wie man durch die Beobachtung des Himmels die lokale Zeit bestimmen und aus der dann den Längengrad berechnen kann. Das war eine der Aufgaben von John Flamsteed, der von 1665 bis 1720 auch der erste Astronomer Royal in Greenwich war (am Ende war es dann aber trotzdem der Uhrmacher John Harrison der das Problem des Längengrades gelöst hat, wie man auch in dem Buch “Längengrad: Die wahre Geschichte eines einsamen Genies, welches das größte wissenschaftliche Problem seiner Zeit löste”* nachlesen kann).
Flamsteed folgten viele andere Astronomen die heute noch ob ihrer Leistungen zurecht berühmt sind: Von 1720 bis 1742 war zum Beispiel Edmond Halley der Astronomer Royal und ihm folgte James Bradley, der die Aberration des Sternenlichts entdeckte und damit eindeutig nachwies, das sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt. In der Gegenwart hat den Titel auch Martin Ryle getragen, der für seine Pionierarbeit in der Radioastronomie 1974 den Nobelpreis für Physik bekam (und bei Entdeckung der ersten Pulsare beteiligt war). Ryle war aber auch der erste Astronomer Royal, der nicht mehr Direktor der Sternwarte in Greenwich war.
Das altehrwürdige Amt des königlichen Astronomen existiert – wie sollte es in Großbritannien auch anders sein – heute immer noch und wird seit 1995 von Martin Rees besetzt. Rees ist kein Unbekannter; abgesehen vom Nobelpreis hat er so gut wie alle wichtigen Astronomie-Preise gewonnen die man gewinnen kann. Er hat sich vor allem mit Kosmologie beschäftigt und gehörte zu den ersten, die die Natur der Quasare korrekt beschrieben haben. Löblicherweise hat sich Rees auch in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert und viele populärwissenschaftliche Bücher geschrieben. Dabei hat er den Schwerpunkt aber auf die eher seltsameren Themen wie Weltuntergangsprognosen oder die Verbindung von Religion und Wissenschaft gelegt (zum Beispiel in Das Rätsel unseres Universums: Hatte Gott eine Wahl?* oder Unsere letzte Stunde: Warum die moderne Naturwissenschaft das Überleben der Menschheit bedroht*).
Großbritannien besteht aber nicht nur aus England; im Norden der Insel befindet sich Schottland, das die Dinge immer gerne ein wenig unabhängig angeht. Deswegen gibt es seit 1834 auch einen Astronomer Royal for Scotland. So wie sein englischer Kollege war dieser Titel für den Direktor des königlichen Observatoriums in Edinburgh reserviert. Erster Träger dieses Titels war der heute eher unbekannte Thomas Henderson. Er wäre wohl berühmter, wenn ihm das gelungen wäre, was er im 19. Jahrhundert versucht hatte: Als erster den Abstand zu einem anderen Stern zu messen. Das gelang dann aber dem deutschen Friedrich Wilhelm Bessel vor ihm…
Sein Nachfolger dagegen ist heute immer noch bekannt. Zumindest unter den Leuten, die der Meinung sind, in Bauwerken wie den Pyramiden von Gizeh wäre irgendeine geheime Botschaft verschlüsselt… Zwischen 1846 und 1888 war Charles Piazzi Smyth Astronomer Royal for Scotland der nicht nur den Himmel vermessen hat sondern auch die ägyptischen Pyramiden und in ihren Abmessungen diverse Prohezeiungen und versteckte Nachrichten zu erkennen glaubte. An dieser Pyramidologie ist bei genauerer Betrachtung natürlich nichts dran, was ihrer Beliebtheit in der Szene der Esoteriker und Pseudowissenschaftler aber nicht geschadet hat.
Seit 1995 ist John Campell Brown der königlich-schottische Astronom. Ich muss zugeben, dass ich im Gegensatz zum Martin Rees noch nie etwas von ihm gehört habe. Aber immerhin hat er eine Homepage und scheint sich mit Asteroiden, Kometen und der Sonne zu beschäftigen. Außerdem hält er Vorträge mit Titeln wie “Professor MacHelium Tours the Planets” oder “Professor MacHelium Tours the Universe” und ist Hobby-Zauberer. Was will man mehr?
Der Rest des Vereinigten Königreichs – Wales und Nordirland – muss ohne eigenen Adels-Astronom auskommen. Dafür gab es seit 1783 einen Royal Astronomer of Ireland, aber seit die Iren 1921 einfach so unabhängig geworden sind und den Unsinn mit der Monarchie bleiben haben lassen, ist dieser Titel verschwunden. Dazwischen hatte aber immerhin der große Physiker William Rowan Hamilton die Gelegenheit, von 1827 bis 1865 die Position des irischen Hofastronomen auszufüllen. Obwohl dessen Leistungen auf dem Gebiet der Mathematik, Physik und Astronomie eigentlich so gewaltig waren, das kein noch so gewichtiger Adelstitel ihnen gerecht werden kann. Der letzte “Royal Astronomer of Ireland” war übrigens ein gewisser Henry Crozier Keating Plummer, von dem ich noch nie gehört habe (obwohl er einen Beitrag zur Betrachtung des N-Körper-Problems geleistet hat).
Der astronomische Adel ist halt auch nicht anders als der normale Adel. Die diversen königlichen Astronomen waren auch nur Astronomen, genau so wie die Adeligen überall auf der Welt auch nur ganz normale Menschen sind. Warum man ihnen so viel Interesse entgegen bringt, kann ich nicht nachvollziehen (Und wenn man schon in den Klatschblättern ständig über die ganzen Adelssippen berichten muss, könnte man ja wenigstens auch ein klein wenig von den Aktivitäten der königlichen Astronomen erzählen – falls ein entsprechender Kolumnist gesucht wird, sagt Bescheid!)
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