Die Entdeckung, von der ich aber anfangs gesprochen habe, fand im November 2010 statt. Bei der Vermessung des Himmels im Gammalicht hat Fermi festgestellt, das sich über und unter der Ebene unserer Milchstraße zwei riesige Blasen befinden, aus denen Gammastrahlung ausgesandt wird. Und “riesig” ist dabei noch untertrieben: Die Blasen reichen von der Ebene der Milchstraße 25.000 Lichtjahre darüber beziehungsweise darunter. Es sind Strukturen die in ihren Ausmaßen mit der ganzen Galaxis vergleichbar sind und auch ihre Entstehung muss mit den Eigenschaften und Vorgängen in der gesamten Milchstraße zu tun haben.
Nur: Wie diese Fermi-Blasen entstehen ist immer noch nicht vollständig geklärt. Die Blasen sitzen mit ihrer Basis genau in der Mitte der Milchstraße. Man kann also davon ausgehen, dass ihr Ursprung auch mit dieser Zentralregion zusammenhängt. Im Zentrum der Galaxis befindet sich – so wie in jeder anderen großen Galaxie auch – ein supermassereiches schwarzes Loch, das daher auch zum Hauptverdächtigen im Fall der Fermi-Blasen wurde.
2011 haben chinesische Forscher ein entsprechendes Modell entwickelt. In der zentralen Region der Milchstraße stehen die Sterne ja viel näher beieinander als in den dünn besiedelten äußeren Regionen in denen sich unsere Sonne befindet. Im Zentrum der Milchstraße kommt es daher öfter mal vor, das Stern dem schwarzen Loch zu nahe kommen. Dann werden sie auseinander gerissen und das ganze Material aus dem sie bestanden haben, verschwindet im Loch. Aber nicht komplett. Ein Teil wird auch davon geschleudert, hinaus ins All. Das passiert im Durchschnitt alle 30 Millionen Jahre und wenn dann das Sternenmaterial mit hoher Geschwindigkeit davon geschleudert wird, entstehen Stoßwellen in der sogenannten intergalaktischen Materie, also den verstreuten Molekülen und Atomen die sich überall zwischen den Sternen befinden. Diese Stoßwellen können Teilchen schnell genug beschleunigen, damit sie Gammastrahlung abgeben. So entstanden im Laufe der Zeit die Fermi-Blasen. Das war zumindest die Hypothese der Forscher.
2013 haben niederländische Wissenschaftler allerdings neue Beobachtungen durchgeführt, die auf einen anderen Mechanismus hindeuten. Sie haben mit einem Radioteleskop von der Erde aus ganz genau vermessen, wie sich das ganze Material in der Nähe des galaktischen Zentrums bewegt und konnten auch die Stärke des Magnetfeldes messen, das von all den durch die Gegend sausenden elektrisch geladenen Teilchen erzeugt wird. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Partikel dort mit bis zu 1000 Kilometern pro Sekunde bewegen! Aus der Vermessung der Magnetfelder die dort existieren konnten die Forscher auch Rückschlüsse auf den Ursprung der Teilchenströme ziehen. Und stellten fest, das die vermutlich nicht vom zentralen schwarzen Loch kommen. Vermutlich sind es doch die Sterne, die für die Fermi-Blasen verantwortlich sind. Im dicht besiedelten Zentrum der Milchstraße entstehen Sterne auch viel öfter. Es gibt dort also mehr Sterngeburten und damit auch mehr Sterne, die ihr Leben bei einer Supernova-Explosion beenden. Jedesmal wenn das passiert, werden Teilchen hinaus ins All geschleudert und tragen dabei zur Gammastrahlung bei, die aus den Fermi-Blasen kommt.
Messungen aus dem Jahr 2015 scheinen dieses Szenario zu bestätigen. Mit Beobachtungen des Hubble-Teleskops konnte man feststellen, wie das ganze Material zusammengesetzt ist, dass da mit so enormen Geschwindigkeiten aus der zentralen Region der Milchstraße hinaus strömt. Sie fanden chemische Elemente wie Silicium, Kohlenstoff oder Aluminium, die all im Inneren von großen Sternen durch Kernfusion entstehen und bei Supernova-Explosionen freigesetzt werden.
Aber endgültig geklärt ist die Sache noch nicht. Es wird weitere Beobachtungen brauchen, bevor dieses spezielle astronomische Rätsel geklärt ist. Wir werden das Universum noch ein bisschen weiter betrachten müssen und dabei natürlich immer auch auf das achten müssen, was unsere Augen nicht sehen können…
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