Helium ist das zweithäufigste Element im gesamten Universum. Trotzdem ist es auf der Erde so gut wie nirgendes zu finden und wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckt. Dafür sind die Eigenschaften dieses Elements verantwortlich und vor allem die ganz besondere Art und Weise auf die es entstanden ist. Und weil es so besonders und selten ist, aber gleichzeitig auch so wichtig, könnte es uns vielleicht bald ausgehen…
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Transkription
Sternengeschichten Folge 141: Helium – Die Nummer 2 im Universum
Helium ist ein faszinierendes chemisches Element. Es ist nach Wasserstoff das zweithäufigste Element im ganzen Universum. Und trotzdem wurde es erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckt. Über Helium könnte man ganze Bücher schreiben oder stundenlang in Podcasts erzählen. Helium bietet Stoff für Unmengen an Geschichten – aber wir fangen am besten am Anfang an. Ganz am Anfang. Beim Urknall selbst.
Denn Helium ist deswegen das zweithäufigste Element des Universums, weil es zusammen mit dem Wasserstoff das einzige Element ist, das in relevanten Mengen direkt beim Urknall selbst entstanden ist.
Direkt nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren gab es noch keine chemischen Elemente. Es gab noch nicht einmal richtige Atome. Dafür war es noch zu heiß. Es gab nur Elementarteilchen, die Quarks die frei und ungebunden im All existieren. Erst etwa eine Hunderstelsekunde nach dem Beginn unseres Universums war es kühl genug, damit sich die Quarks miteinander verbinden konnten. Es entstanden die Protonen, elektrisch positiv geladenen Teilchen und Neutronen, die keine elektrische Ladung haben.
Mit den Protonen war da auch schon der wichtigste Bestandteil des häufigsten Elements des Universums vorhanden: Wasserstoff. Der Kern eines Wasserstoffatoms besteht nur aus einem einzigen Proton; musste also nicht mehr extra entstehen. Helium ist ein klein wenig komplizierter. Sein Kern besteht aus zwei Protonen UND zwei Neutronen. Protonen und Neutronen konnten sich knapp eine Sekunde nach dem Urknall zwar miteinander verbinden, aber weil es damals im Universum eben immer noch ENORM heiß war und entsprechend viele hochenergetischen Lichtteilchen durch die Gegend sausten, blieb diese Verbindung nicht lange stabil. Außerdem verbanden sich damals meist nur ein Proton und ein Neutron und bildeten kein Helium sondern Deuterium, ein Isotop des Wasserstoff.
Erst ungefähr eine Minute nach dem Urknall war es kühl genug, dass sich Protonen und Neutronen zu den Kernen von Helium-Atomen verbinden konnten. Dafür hatten sie aber nicht beliebig viel Zeit. Ist ein Neutron nicht Teil eines Atomkerns sondern fliegt alleine durchs All, dann ist es nicht stabil sondern zerfällt. Im Durchschnitt überlebt ein freies Neutron nur 10 Minuten und wenn es in dieser Zeit kein Proton findet an das es sich binden kann, hat es Pech gehabt.
In den ersten fünf Minuten des Universums gab es noch genug Protonen und Neutronen, damit Heliumkerne entstehen konnten. Danach war die Zahl der freien Neutronen aber so weit gesunken, das sich keine neuen Atome mehr gebildet habe. Man kann berechnen, wie viel Wasserstoff und Helium nach dem Urknall entstanden sein muss: Das Verhältnis muss 75 Prozent Wasserstoff zu 25 Prozent Helium betragen und genau das ist es auch, was man tatsächlich beobachtet, wenn man die Zusammensetzung der allerersten und ältesten Sterne untersucht.
All die restlichen chemischen Elemente konnten dann erst viel später entstehen, durch die Kernfusion die im Inneren dieser ältesten Sterne stattgefunden hat und bei der Wasserstoff- und Heliumatome zu anderen Elementen verschmolzen werden. Helium aber war von Anfang an da und das ist der Grund, warum es so enorm häufig im Universum ist.
Aber WENN es so häufig ist: Warum hat man es dann erst so spät entdeckt? Das liegt unter anderem an den Eigenschaften von Helium. Die großen kosmischen Wolken aus denen sich Sterne und auch die Planeten bilden, bestehen tatsächlich hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium, mit geringen Mengen schwererer Elemente die erst später entstanden sind. Auch die Sonne besteht im wesentlichen komplett aus Wasserstoff und Helium, genau so wie die großen Gasplaneten wie Jupiter und Saturn. Auf kleineren Himmelskörpern wie der Erde ist es aber so gut wie gar nicht zu finden. Denn Helium ist gasförmig und besonders leicht flüchtig. Es ist ein leichtes Atom, bewegt sich schnell und ist schwer festzuhalten. Es braucht schon einen Himmelskörper mit einer wirklich großen Masse, damit er in der Lage ist, sich eine Atmosphäre zuzulegen, in der Helium enthalten ist.
Die Sonne oder auch große Planeten wie der Jupiter sind massereich genug, damit das Helium nicht entkommen kann. Die Erde dagegen nicht. Außerdem verbindet sich Helium äußerst ungern mit anderen chemischen Elementen. Der noch leichtere Wasserstoff zum Beispiel taucht in vielen Verbindungen auf: im Wasser zum Beispiel, das ja aus Wasserstoff und Sauerstoff besteht. Helium dagegen bringt man nur unter ganz extremen Umständen dazu, sich mit anderen Atomen oder auch nur anderen Heliumatomen zu verbinden und diese Bedingungen kommen in der Natur so gut wie nirgends vor.
Helium hat man daher auch im Gegensatz zu fast allen anderen Elementen nicht auf der Erde entdeckt sondern bei der Untersuchung der Sonne. Im 19. Jahrhundert fanden die Wissenschaftler Gustav Kirchhoff und Robert Bunsen heraus, dass man im Licht der Stern Hinweise auf ihre Zusammensetzung finden kann. Wenn Lichtteilchen die im Inneren eines Sterns produziert werden sich durch die Gasschichten hinaus ins All bewegen, dann treffen sie auf die verschiedenen Atome, aus denen das Gas besteht. Jedes Atom kann Licht einer ganz bestimmten Wellenlänge absorbieren und dieser Teil des Lichts fehlt danach. Spaltet man das Licht eines Sterns mit einem sogenannten Spektrographen in seine Bestandteile auf und sieht nach, wie viel Licht einer bestimmten Wellenlänge vorhanden ist, dann kann man die Spektrallinien finden: Die Bereiche, in denen Licht fehlt, weil es von den Atomen im Stern absorbiert worden ist.
Jedes chemische Element erzeugt dabei ganz charakteristische Spektrallinien anhand derer sie identifiziert werden können. Die Spektrallinien der Sonne hat am 18. August 1868 auch der französische Astronom Jules Janssen beobachtet. Damals befand er sich in Indien, wo eine totale Sonnenfinsternis zu sehen war. Er betrachtete aber nicht nur die Finsternis, sondern analysierte auch die Spektrallinien die im Sonnenlicht zu sehen war. Bei einer Wellenlänge von 587,49 Nanometern stieß er dabei auf eine dunklen Bereich, der bis dahin unbekannt war. Ein chemisches Element schien Licht genau dieser Wellenlänge zu blockieren. Aber die Daten passten zu keinem Element, das den Chemikern bekannt war. Gleichzeitig, aber unabhängig von Janssen machte der Brite Norman Lockyer die gleiche Entdeckung. Da war ein Element, das anscheinend nur auf der Sonne existierte aber nicht auf der Erde – denn sonst hätte man es dort ja sicher schon gefunden.
Darum heißt Helium auch “Helium”: Von “Helios”, dem griechischen Gott der Sonne. Dass Helium trotz allem auch auf der Erde zu finden ist, entdeckte wenig später der Italiener Luigi Palmieri. 1882 untersuchte er Lava vom Vesuv und fand ihn ihr Spuren des Elements.
1895 schaffte es schließlich der britische Chemiker William Ramsay, Helium aus dem Mineral Cleveit (eine Uranverbindung) zu isolieren. Diese Helium war aber nicht von Anfang an auf der Erde vorhanden. Es entstand beim radioaktiven Zerfall von Elementen wie Uran oder Thorium, die man im Inneren der Erde häufig finden kann. In Folge 126 der Sternengeschichten habe ich über Radioaktivität gesprochen und dabei auch von der “Alphastrahlung” erzählt. Bei dieser Variante der radioaktiven Strahlung zerfallen Atomkerne und senden dabei ein sogenanntes “Alphateilchen” aus. Ein Alphateilchen ist aber nichts anderes als der Kern eines Heliumatoms; eine Verbindung aus zwei Neutronen und zwei Protonen. Durch diese radioaktiven Prozesse, die im Inneren der Erde ständig stattfinden entsteht immer neues Helium und kann über Vulkanismus in der Lava an die Erdoberfläche gelangen. Auf die gleiche Art sammelt es sich auch in Erdgas an.
Erdgas ist auch die Hauptquelle für das Helium, das wir heute überall in Wissenschaft und Technik verwenden. Helium bleibt sehr lange gasförmig und wird erst bei extrem niedrigen Temperaturen flüssig. Kühlt man Erdgas also stark ab, bleibt irgendwann nur das gasförmige Helium übrig und kann isoliert werden. Dieser niedrige Siedepunkt von Helium macht es unter anderem auch so interessant: Man kann es als Kühlmittel in der Tieftemperaturphysik verwenden und zum Beispiel die supraleitenden Magnete in Teilchenbeschleunigern oder medizinischen Geräten kühlen.
Ist das Helium aber erst mal an der Oberfläche der Erde angelangt, ist es auch bald wieder weg. Es entweicht in die Atmosphäre und verschwindet irgendwann im All. Und das könnte problematisch werden, denn nicht jedes Erdgas enthält genug Helium damit sich die Förderung lohnt und so wie das Erdöl wird auch das Erdgas immer weniger. Früher war Helium auch absurd billig und wurde für alle möglichen Zwecke regelrecht verschwindet. Das ist eigentlich heute immer noch der Fall: Man verwendet es zum Beispiel als Schutzgas in Lebensmittelverpackungen (als Zusatzstoff mit der Bezeichnung E 939) oder als Füllmittel für Partyluftballons. Der Verbrauch in der Industrie und bei der Wissenschaft steigt aber ständig und es gibt manche Experten, die davor warnen das mittelfristig ein Heliummangel drohen könnte.
Wenn das tatsächlich passiert, müssen wir uns das Helium vielleicht irgendwann doch direkt aus dem Weltall holen. Dort gibt es schließlich mehr als genug davon. Aber bis wir in der Lage sind, mit interplanetaren Tankraumschiffe durchs Sonnensystem zu fliegen um die Atmosphäre des Jupiters anzuzapfen, sollten wir besser doch ein weniger sparsamer mit diesem Element umgehen und auf den einen oder anderen Party-Luftballon verzichten…
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