Das ist der Punkt, an dem es wirklich knifflig wird. Die Elektronen eines Atoms können sich nur in ganz bestimmten Konfigurationen anordnen. Und können auch nur zwischen genau diesen Konfigurationen wechseln. Damit dieser Wechsel stattfinden kann, müssen sie eine ganz exakt definierte Menge an Energie aufnehmen. Nehmen Elektronen dagegen zu viel Energie auf, können sie ganz vom Atomkern losgelöst werden (das nennt man dann “Ionisation”).
Damit eine Spektrallinie entstehen kann, müssen also ausreichend Atome in “aufnahmebereiten” Zustand vorhanden sein. Wie viele das sind, hängt aber nicht nur von der reinen Menge ab, sondern auch zum Beispiel von der Temperatur des Sterns (je heißer, desto mehr Atome können ionisiert sein). Aus der Stärke einer Spektrallinie lässt sich also nicht direkt die Menge eines vorhandenen chemischen Elements ablesen. Da muss man erst ziemlich viel ziemlich komplizierte Mathematik (zum Beispiel die Saha-Gleichung zur Beschreibung des thermischen Gleichgewichts eines Gases in Abhängigkeit der Ionisation) benutzen um all die verschiedenen Anteile zu trennen.
Die erste, die das geschafft hat, war Cecilia Payne in ihrer Doktorarbeit aus dem Jahr 1925. Damals dachte man tatsächlich noch, die Stärke der Spektrallinien würde direkt mit der Menge der chemischen Elemente zusammenhängen und weil man im Licht der Sonne zum Beispiel besonders starke von Eisen verursachte Linien fand, ging man davon aus, dass Eisen einer der Hauptbestandteile unseres Sterns sein musste. Als Payne dann herausfand, dass Sterne vor allem aus Wasserstoff und Helium bestehen, hielt man das für so absurd, dass man ihr schlicht und einfach nicht glaubte (und natürlich auch deswegen, weil sie eine Frau war).
Die Spektroskopie ist heute eine der wichtigsten Disziplinen in der Astronomie und wir haben enorm viel gelernt. Die Spektren der Sterne zeigen uns nicht nur, wie sie zusammengesetzt sind. Wir lernen daraus auch, welche Masse ein Stern hat, wie heiß er ist, wie alt er ist, mit welcher Geschwindigkeit er sich bewegt, ob er Planeten hat, und vieles andere mehr. Ohne Spektroskopie hätte die Astronomie niemals die enormen Fortschritte machen können, die sie in den letzten 100 Jahren gemacht hat!
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