In der Serie “Fragen zur Astronomie” geht es heute wieder einmal um die Grundlagen. Und zwar um die wirklich fundamentalen Grundlagen auf denen die ganze moderne Astronomie basiert! Wir wissen heute unter anderem deswegen so viel darüber, wie Sterne und Galaxien funktionieren, weil wir herausgefunden haben, woraus diese Himmelskörper bestehen. Das wir das tatsächlich können, ist aber eigentlich ziemlich überraschend und lange Zeit konnte sich auch niemand vorstellen, das es überhaupt möglich ist. Also: Wie findet man heraus, woraus ein Stern besteht?

Noch 1835 hat der berühmte französische Philosoph Auguste Comte folgendes über die Sterne behauptet:

“Wir haben die Möglichkeit, ihre Formen, Entfernungen, Größen und Bewegungen zu bestimmen, während wir niemals durch irgendein Mittel ihre chemische Zusammensetzung [bestimmen können]”

Und das war aus seiner Sicht gar nicht mal so unplausibel. Zu bestimmen, wie hell und weit entfernt (und damit auch wie groß) ein Stern ist oder zu beobachten, wo er sich befindet und wie er sich bewegt, ist vergleichsweise einfach. Und zur damaligen Zeit war genau das auch im wesentlichen alles, was die Astronomen getan haben: Sie beobachteten Sterne und erstellten Kataloge mit ihren Positionen, Entfernungen und Helligkeiten. Die Sterne waren so weit weg, dass es völlig illusorisch erschien, dass man mehr als das herausfinden konnte. Wenn man von einem Stern nicht mehr als einen Lichtpunkt sehen kann, wie soll man dann herausfinden, woraus er besteht?

Tja, Wissenschaftler sind kreativ und sehr gut darin, sich immer neue Wege auszudenken, um Dinge herauszufinden. Und schon 1859 haben Gustav Kirchhoff und Robert Bunsen genau so einen Weg entdeckt: Die Spektroskopie. Ich lasse jetzt mal die Forschungsgeschichte beiseite (obwohl sie sehr interessant ist und erkläre gleich, wie das Prinzip funktioniert.

Ein Stern erzeugt in seinem Inneren Energie durch Kernfusion. Diese Energie wird in Form von Licht abgestrahlt – allerdings nicht nur das normale Licht das wir sehen können, sondern im kompletten elektromagnetischen Spektrum. Das soll heißen: Ein Stern produziert Licht mit allen möglichen Wellenlängen. Da ist natürlich das Licht dabei, das wir sehen können – also ein Mischung aus rotem Licht, gelbem Licht, blauen Licht, und so weiter: Der ganze Regenbogen eben. Aber auch Infrarotlicht, Ultraviolett-Licht, Mikrowellenlicht und all die anderen Arten mit Wellenlängen die zu groß oder zu klein sind, von unseren Augen gesehen zu werden.

All dieses Licht mit all diesen Wellenlängen dringt also nun vom Kern des Sterns nach außen. Dabei trifft es auf all die Atome der chemischen Elemente, aus denen der Stern besteht. Diese Atome haben einen Atomkern und eine Hülle aus Elektronen. Die Elektronen können dabei den Atomkern auf verschiedene Arten umgeben und die Konfiguration kann sich verändern, wenn die Elektronen Energie aufnehmen oder abgeben. Trifft Licht mit der richtigen Wellenlänge auf die Elektronen eines Atoms, kann es also absorbiert werden. Licht dieser Wellenlänge fehlt dann also und das kann man messen!

Spektren von Sternen und ihre Spektrallinien (Bild: New International Encyclopaedia, Public Domain)

Spektren von Sternen und ihre Spektrallinien (Bild: New International Encyclopaedia, Public Domain)

Man kann das gesamte Licht das von einem Stern zur Erde gelangt durch ein sogenanntes Spektroskop schicken. Hier wird das Licht in seine Bestandteile aufgespalten; man kann also nachsehen, wie viel Licht einer bestimmten Wellenlänge in der Mischung vorhanden ist. Oder wie viel Licht bei bestimmten Wellenlängen fehlt. Man sieht im aufgespaltenen Licht – dem Spektrum – dann dunkle Linien, dort wo eigentlich Licht sein sollte. Das sind die sogenannten Spektrallinien und da jedes chemische Element eine ganz charakteristische Anordnung von Elektronen in seiner Hülle hat, produziert es auch ein ganz charakteristisches Muster von Spektrallinien.

Die Spektrallinien sind wie ein Fingerabdruck bzw. ein “Strichcode”, aus dem sich ablesen lässt, welche Elemente in einem Stern vorhanden sind. So weit, so einfach – aber die Realität ist ein wenig komplizierter. Man will ja zum Beispiel nicht nur wissen, was für Elemente vorhanden sind, sondern auch wie viel davon sich in einem Stern findet. Man könnte nun glauben, das man einfach nur messen müsste, wie viel Licht bei einer bestimmten Wellenlänge fehlt. Je mehr Licht fehlt, desto mehr von diesem Element muss es im Stern geben. Oder?

Das ist der Punkt, an dem es wirklich knifflig wird. Die Elektronen eines Atoms können sich nur in ganz bestimmten Konfigurationen anordnen. Und können auch nur zwischen genau diesen Konfigurationen wechseln. Damit dieser Wechsel stattfinden kann, müssen sie eine ganz exakt definierte Menge an Energie aufnehmen. Nehmen Elektronen dagegen zu viel Energie auf, können sie ganz vom Atomkern losgelöst werden (das nennt man dann “Ionisation”).

Damit eine Spektrallinie entstehen kann, müssen also ausreichend Atome in “aufnahmebereiten” Zustand vorhanden sein. Wie viele das sind, hängt aber nicht nur von der reinen Menge ab, sondern auch zum Beispiel von der Temperatur des Sterns (je heißer, desto mehr Atome können ionisiert sein). Aus der Stärke einer Spektrallinie lässt sich also nicht direkt die Menge eines vorhandenen chemischen Elements ablesen. Da muss man erst ziemlich viel ziemlich komplizierte Mathematik (zum Beispiel die Saha-Gleichung zur Beschreibung des thermischen Gleichgewichts eines Gases in Abhängigkeit der Ionisation) benutzen um all die verschiedenen Anteile zu trennen.

Die erste, die das geschafft hat, war Cecilia Payne in ihrer Doktorarbeit aus dem Jahr 1925. Damals dachte man tatsächlich noch, die Stärke der Spektrallinien würde direkt mit der Menge der chemischen Elemente zusammenhängen und weil man im Licht der Sonne zum Beispiel besonders starke von Eisen verursachte Linien fand, ging man davon aus, dass Eisen einer der Hauptbestandteile unseres Sterns sein musste. Als Payne dann herausfand, dass Sterne vor allem aus Wasserstoff und Helium bestehen, hielt man das für so absurd, dass man ihr schlicht und einfach nicht glaubte (und natürlich auch deswegen, weil sie eine Frau war).

Die Spektroskopie ist heute eine der wichtigsten Disziplinen in der Astronomie und wir haben enorm viel gelernt. Die Spektren der Sterne zeigen uns nicht nur, wie sie zusammengesetzt sind. Wir lernen daraus auch, welche Masse ein Stern hat, wie heiß er ist, wie alt er ist, mit welcher Geschwindigkeit er sich bewegt, ob er Planeten hat, und vieles andere mehr. Ohne Spektroskopie hätte die Astronomie niemals die enormen Fortschritte machen können, die sie in den letzten 100 Jahren gemacht hat!

Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.

Kommentare (29)

  1. #1 Crazee
    10. August 2015

    Danke für die Wiederauffrischung des Wissens!

  2. #2 Captain E.
    10. August 2015

    Verständnisfrage: Bilden die Spektrallinien in erster Linie die Hülle eines Sterns ab? Zum Kern hin müsste ein Stern eigentlich nur aus Plasma, also ionisierten Atomen bestehen, die also keine Veränderungen am Licht bewirken dürften.

    Zusatzfrage. Wie kann man dann etwas über den Kernbereich eines Sterns herausfinden?

  3. #3 Alderamin
    10. August 2015

    @Captain E.

    Bilden die Spektrallinien in erster Linie die Hülle eines Sterns ab?

    Ja, genau.

    Wie kann man dann etwas über den Kernbereich eines Sterns herausfinden?

    Das muss man dann ausrechnen. Das Spektrum liefert einem Druck, Temperatur und Zusammensetzung des Gases an der Oberfläche, sowie die abgestrahlte Energiemenge pro Zeiteinheit und nach unten hin wirken der hydrostatische Druck und die zunehmende Energiedichte des immer kleineren Volumens, aus dem die Strahlung kommt (bis man in den Bereich vordringt, wo die Fusion statt findet).
    Über die Fusion selbst liefern einem ggf. noch Neutrinos Information (aber nur von der Sonne können wir Neutrinos erhalten). Und mit den Kenntnissen, bei welchen Drücken welche Fusionsraten mit welcher Energieausbeute ablaufen, muss man dann einen Gleichgewichtszustand finden, der den Stern innen wie außen gut beschreibt.

    Daneben gibt’s noch die Asteroseismologie, die Bewegungen der Oberfläche des Sterns mittels Dopplereffekt untersucht. Damit kann man ein wenig auf die Strömungen unterhalb der Oberfläche schließen, ähnlich wie man es bei der irdischen Seismologie mit natürlichen oder künstlichen Druckwellen kann.

  4. #4 Alderamin
    10. August 2015

    @myself

    die zunehmende Energiedichte des immer kleineren Volumens, aus dem die Strahlung kommt

    Vielleicht sollte ich gleich den Begriff “Strahlungsdruck” verwenden. Da spielt, glaube ich, auch die Opazität (das Gegenteil von Transparenz, also “Undurchsichtigkeit”) in der jeweiligen Schicht eine Rolle, die z.B. dafür sorgt, dass Strahlung radiativ nach außen dringen kann, oder nur durch Konvektion, d.h. aufsteigende Gasblasen. Die meisten Sterntypen haben radiative und konvektive Bereiche. Rote Zwerge sind hingegen vollkonvektiv.

  5. #5 Nordlicht_70
    10. August 2015

    Ich fand das Thema schon immer faszinierend, habe mich aber immer folgendes gefragt:
    Wie kann ich das Licht EINES Sterns durch ein Spektroskop schicken? Ich stelle mir vor, dass man zwar einen Stern anvisieren kann, jedoch immer auch Licht von davor / dahinter / daneben befindlichen Sternen erwischt. Wie kann man sicherstellen, dass das Licht tatsächlich von diesem einen Stern stammt?

  6. #6 Alderamin
    10. August 2015

    @Nordlicht_70

    Wie kann man sicherstellen, dass das Licht tatsächlich von diesem einen Stern stammt?

    Indem man das Licht durch einen Spalt schickt, der rechtwinklig zur Dispersionsrichtung des verwendeten Gitters steht (also senkrecht zum Spektrum). Sterne rechts und links des Spalts sind dann ausgeblendet, und Sterne oberhalb und unterhalb machen ihre eigenen Spektren, die parallel zu dem des gewünschten Sterns verlaufen (im einfachsten Fall; es gibt auch Spektrographen, die ein mehrzeiliges Spektrum erzeugen). Man kann den Spalt natürlich auch oben und unten begrenzen. Eine gewisse Unschärfe in Richtung des Spalts ist jedoch erwünscht, um mehr Licht zu und eine gewisse Breite des Spektrums zu erhalten.

    Den Spalt braucht man übrigens sowieso: Das Beugungsbild des Sterns ist ein wenig unscharf und genau so unscharf würde dann auch das Spektrum, wenn man keinen Spalt verwenden würde; feine Linien gingen unter. Um ein scharfes Bild zu erhalten, muss man den Spalt möglichst schmal machen und dann scharf durch den Spektrographen abbilden lassen.

    Es gibt übrigens Projekte, bei denen man z.B. viele Galaxien gleichzeitig spektroskopiert, indem man eine Schablone mit ihren genauen Positionen auf Höhe der Fokusebene des Teleskops anbringt, und das Licht jeder Galaxie mittels einer Glasfaser druch eine kleine Bohrung am Abbildungsort der Galaxie abgreift und zum Spektrographen bringt. So spart man kostbare Teleskopzeit – auf Kosten der (ich nehme an, Studenten?), die die Schablone für jedes Blickfeld bohren und bestücken dürfen…

  7. #7 Karl
    10. August 2015

    Gibt es auch Spektrallinien bei gleicher Wellenlänge aber unterschiedlichen Elementen? Und wenn ja, woher weiss man dann welche für welches Element stehen bzw. wie kann man dann diesen “Cocktail” in seine Bestandteile auftrennen?

  8. #8 Florian Freistetter
    10. August 2015

    @Karl: Jedes Element erzeugt i.A. nicht nur eine Linie, sondern mehrere. Tatsächlich wie ein Strichcode im Supermarkt und anhand dieser Muster kann man sie dann auch auseinander halten. (Trivial ist das aber auch nicht, das ist schon ordentlich knifflige Arbeit)

  9. #9 Gerrit
    10. August 2015

    @Karl:

    Gibt es auch Spektrallinien bei gleicher Wellenlänge aber unterschiedlichen Elementen?

    Ja, insbesondere wenn die spektrale Auflösung des Spektrometers nicht sehr hoch ist.

    Und wenn ja, woher weiss man dann welche für welches Element stehen bzw. wie kann man dann diesen “Cocktail” in seine Bestandteile auftrennen?

    Jedes Element hat mehre Absorptionslinien mit unterschiedlicher Stärke und damit eine sehr eindeutige Signatur, die man als Absorptionsquerschnitt bezeichnet. Wenn du Konzentration des Elements mit dem Querschnitt multiplizierst bekommst du die Extinktion. Unter optimalen Bedingungen kannst du das Sternenspektrum als Schwarzkörperstrahler plus die Summe aller Extinktionen beschreiben. Wenn die Berechnung umkehrst, kannst du die Konzentrationen aus Sternenspektrum und Absorptionsquerschnitten berechnen.

    Das geht natürlich nur, wenn die verschiedenen Absorptionsquerschnitte unterscheidbar sind.

  10. #10 PDP10
    10. August 2015

    @Karl:

    Ergänzend zu @Gerrits Antwort – und vielleicht ein wenig anschaulicher:

    Sieh dir mal das Periodensystem der Elemente an. Jedes chemische Element besteht aus einer einzigartigen Zusammensetzung aus Protonen und Neutronen im Kern und Elektronen in der Hülle (danach unterscheidet man die Elemente).
    So einzigartig wie die Anzahl und Konfiguration der Elektronen in der Hülle (und die sind für die Spektroskopie das entscheidende) ist auch das Spektrum des Elements.

    Für die Elektronen gilt nämlich das Pauli-Prinzip.

    Dh. jedes Elektron muss auf einem individuellen Energie-Niveau sein. Und da sich die Elemente durch die Anzahl der Bausteine im Kern und in der Elektronenhülle jeweils unterscheiden, sind die möglichen Energienieveaus der Elektronen eines Elements sein Fingerabdruck.

    Natürlich können die Spektrallinien verschiedener Elemente ähnlich sein. Sie sind aber nie gleich. Das ist – wie Gerrit schon geschrieben hat – eine Frage der Messgenauigkeit.

  11. #11 dgbrt
    10. August 2015

    Zum allgemeinen Verständnis sollte man sich erste einmal das Wasserstoffspektrum ansehen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Rydberg-Formel
    Im optischen Licht kann man nur die bekannteste Serie, die Balmer-Serie, beobachten.

    Bei allen anderen Elementen wird das dann komplizierter, da sich dort mehr als nur ein Elektron um den Kern bewegen.

    Und natürlich darf hier nicht der Hinweis auf den Ballmer-Peak (Steve Ballmer, Microsoft) nicht fehlen:
    https://xkcd.com/323/

  12. #12 PDP10
    10. August 2015

    “Und natürlich darf hier nicht der Hinweis auf den Ballmer-Peak (Steve Ballmer, Microsoft) nicht fehlen:”

    gaaaahhh …. rember “Windos Me”? … 🙂 🙂 🙂

  13. #13 dgbrt
    10. August 2015

    Die Sonne ist in ihrem Inneren völlig lichtundurchlässig. Es dauert mehrere hunderttausend Jahre, bis die Energie aus der Fusion per Konvektion die Oberfläche erreicht. Erst da wird dann aus der Energie Licht.

    Wir können also genau genommen nur nur die Zusammensetzung der Oberfläche bestimmen. Aus dem Inneren der Sonne können wir nur Neutrinos messen, vielleicht einige pro Tag, die Zusammensetzung des Kerns basiert somit nur auf Modellen.

    Da die Sonne aber brodelt wie ein Wasserkessel kommt ein großer Teil der schwereren Elemente auch immer wieder an die Oberfläche und kann dann gemessen werden.

  14. #14 dgbrt
    11. August 2015

    Eine Frage:
    Atome werden angeregt und absorbieren Strahlung. Normalerweise fallen Atome aber irgendwann ganz automatisch wieder in den energetisch niedrigeren Grundzustand zurück. Dann hätten wir ja eine helle Linie, die das Ganze aufhebt. Wie geht das?

    Nur mal ganz einfach angefangen: Ein Elektron wird von der ersten Schale in die Zweite angeregt. Das gibt ‘ne schwarze Linie im UV-Spektrum. Wenn das Elektron jetzt also nicht irgendwann wieder herunter fällt, vermutlich weil der Energiedruck zu groß ist, dann werden also ständig neue Atome angeregt.

    Atome werden angeregt und bleiben zu einem großen Teil in diesem Zustand über Milliarden von Jahren. Die Messungen zeigen das ja, gibt es dazu aber auch eine Erklärung?

  15. #15 Benny
    11. August 2015

    Warum produziert ein Stern Licht in allen Wellenlängen? Gilt das auch für rote und blaue Riesen?

  16. #16 Gerrit
    11. August 2015

    @Benny:

    Warum produziert ein Stern Licht in allen Wellenlängen? Gilt das auch für rote und blaue Riesen?

    Jeder Körper, also auch ein Stern, gibt Strahlung entsprechend seiner Temperatur ab. Die Strahlung hat ein Maximum an einer bestimmten Wellenlänge und nimmt zu kleineren und größeren Wellenlängen ab (Planck Gesetz). Hier gibt es den Graphen dazu.

    Die Erklärung dafür ist, dass die Abstrahlung von der Temperatur abhängt und die Temperatur über die mittlere Geschwindigkeit aller Teilchen in einem Körper definiert ist. Weil es auch langsamere und schnellere Teilchen gibt, gibt es auch Strahlung in anderen Wellenlängen (Maxwell-Boltzmann-Verteilung).

    Unsere Sonne hat ihr Strahlungsmaximum im bei grünem Licht. Für uns sieht die Sonne aber weiß aus, weil es auch einen blauen und einen roten Anteil gibt. Alle Farben zusammen interpretiert unser Gehirn als weiß.

    Andere Sterne haben andere Temperaturen und damit andere Strahlungsmaxima. Rote Sterne haben das Maximum bei rotem Licht und deutlich weniger im blauen. Dadurch sehen die roten Riesen für uns rot aus.

  17. #17 Gerrit
    11. August 2015

    @dgbrt

    Atome werden angeregt und absorbieren Strahlung. Normalerweise fallen Atome aber irgendwann ganz automatisch wieder in den energetisch niedrigeren Grundzustand zurück. Dann hätten wir ja eine helle Linie, die das Ganze aufhebt. Wie geht das?

    Die Atome können sich auch abregen, wenn sie mit einem anderem Atom zusammenstoßen. Dann wir die Energie in Bewegungsenergie, bsw. Wärme umgewandelt, die nicht gequantelt ist. Weil es in der Sonne brodelt, stoßen die Atome sehr häufig zusammen. Damit ist dieser Mechanismus dominant, während der von dir beschriebene Mechanismus kaum stattfindet.

  18. #18 Alderamin
    11. August 2015

    @Gerrit, dgbrt

    Im Allgemeinen sieht man Linien-Absorption in der Transmission (man blickt durch die transparente Sternenatmosphäre von oben auf das opaque Plasma, das keine Linien verursacht) und Linien-Emmission im gestreuten Licht, das zur Seite weggeht. Z.B. kann man bei einer totalen Sonnenfinsternis kurz bevor der Mond den Sonnenrand ganz bedeckt (bzw. kurz nach der Totalität) das zur Seite gestreute Licht der Chromosphäre sehen, und den vom Mond gebildeten natürlichen “Spalt” nutzen, um das sogenannte “Flash-Spektrum” aufzunehmen, und das ist ein Emmissionspektrum.

    Bei Sternen, die Gas ausstoßen (z.B. Novae), findet man oft auch Linien mit blauverschobenen Emmissionslinien, die eine sogenannte “rotverschobene Absorptionskante” haben. Das blaue Licht entsteht in der Gashülle, die auf den Beobachter zukommt (Doppler-Verschiebung zum Blauen hin) und das Licht um den Stern herum streut, während der Stern selber Absorptionslinien verursacht, die nicht blauverschoben sind. Hier ein Beispiel (unterste beiden Bilder).

  19. #19 Gerrit
    11. August 2015

    @Alderamin, dgbrt

    Im Allgemeinen sieht man Linien-Absorption in der Transmission […] und Linien-Emmission im gestreuten Licht, das zur Seite weggeht.

    Richtig, das hatte ich vergessen. Das Photon wird in eine beliebige Richtung abgegeben, so dass man im Transmissionspektrum eine Absorptionline sieht.

    Ob Stossprozesse oder Emission dominieren hängt davon ab, wie dicht das Gas in der Sternenatmosphäre ist. Weiß jemand wie das bei unsere Sonne aussieht?

  20. #20 advanceddeepspacepropeller
    11. August 2015

    @Alderamin,#3
    Warum nur Neutrinos von der Sonne?
    Es gibt doch noch andere Quellen z.b.
    https://physics.aps.org/articles/v7/88

  21. #21 knorke
    11. August 2015

    Man macht sich, jedenfalls geht es mir so, ja manchmal keinen Begriff davon, wie viel Wissen man heute selbstverständlich hinnimmt, das keinesfalls selbstverständlich ist. Und dann noch die Wege, auf dem dieses Wissen erlangt wurde. Wahnsinn! Da muss man erstmal drauf kommen, dass Licht einem was darüber erzählen kann, welche Elemente es passiert hat. Heute ist das eine ganz normale Geschichte. Ich wundere mich in solchen Moment, wo mir das so klar wird wie jetzt, immer wieder, was die Menschheit alles schon geleistet hat. Scheinbar unmögliche Dinge sind möglich. Bishin zur Hoffnung, irgendwann die Zusammensetzung der Athmosphäre von Lichtjahre entfernten Planeten bestimmen zu können. Irre. Einfach irre.

  22. #22 Alderamin
    11. August 2015

    @advanceddeepspacepropeller

    Die kommen aber meistens nicht aus dem Innerem von Sternen, sondern aus Akkretionsscheiben, Supernova-Überresten und dergleichen (siehe Text). Bisher gab’s nur eine Supernova, der man Neutrinos zuordnen konnte. Aus normalen, Wasserstoff brennenden Sternen wirst Du kaum Neutrinos nachweisen können, die Du einer konkreten Quelle zuordnen kannst. Die Sonne kann man hingegen im Neutrino”licht” aufnehmen und ihr Zentrum sehen.

  23. #23 PDP10
    11. August 2015

    @knorke:

    “Man macht sich, jedenfalls geht es mir so, ja manchmal keinen Begriff davon, wie viel Wissen man heute selbstverständlich hinnimmt, das keinesfalls selbstverständlich ist. Und dann noch die Wege, auf dem dieses Wissen erlangt wurde. Wahnsinn! “

    Amen, Brother!

  24. #24 dgbrt
    11. August 2015

    @Alderamin: “…die Linien-Emmission im gestreuten Licht, das zur Seite weggeht.”
    Das liegt nur daran, weil wir die anderen Richtungen bei einer Sonnenfinsternis nicht sehen können. Wenn wir die ganze Sonnenscheibe sehen können ist der Effekt der Absorption aber deutliche größer. Und der Rand der Scheibe ist ja nicht dunkel (aber dunkler als das Zentrum), da geht das Licht auch nahezu zur Seite weg. Die Sonne ist schließlich eine Kugel (mehr oder weniger).

    Ich denke der Grund ist ein Anderer. Die Atome werden von der Sonnenstrahlung so massiv angeregt weil die Energie der Strahlung einfach passt. Und sie werden nacheinander mehrfach angeregt, sonst würden wir ja z.B. keine Balmer-Serie beobachten können (weitere Anregungen aus dem ersten angeregten Zustand). Wenn die Atome dann in der oberen Atmosphäre wieder in den Grundzustand übergehen passiert das wohl in größeren Schritten. Man müsste also eher an den Seriengrenzen erhöhte Emmissionswerte messen können. Da ist das im Spektrum aber sehr verwaschen und geht vielleicht unter. Irgendwie muss das ja passieren, die sehr bekannte Lyman-Serie beschreibt nun mal Anregungen aus dem Grundzustand.

  25. #25 dgbrt
    11. August 2015

    @advanceddeepspacepropeller und Alderamin
    Die Neutrino-Physik steckt nach wie vor noch in ihren Kinderschuhen:
    – Die drei verschiedenen Neutrinos sollen untereinander hin und her oszillieren, das Elektron, Myon- und Tau-Teilchen machen das aber nicht. Da werden Erhaltungssätze verletzt und keiner kann das wirklich erklären.
    – Alderamin, das Neutrino-Bild zeigt, dass die Dinger aus dem Zentrum kommen. Mehr kann man da nun wirklich nicht sehen.
    – Wir wissen bis heute nicht, ob Neutrinos eine Ruhemasse haben. Wenn ja, dann muss diese allerdings sehr klein sein.

    Und dann gab es da ja immer wieder mal Gerüchte über überlichtschnelle Neutrinos. Wir wissen einfach noch nicht genug.

  26. #26 Alderamin
    11. August 2015

    @dgbrt

    Das liegt nur daran, weil wir die anderen Richtungen bei einer Sonnenfinsternis nicht sehen können.

    Ja klar, das war ja der Punkt. Gerrit erklärt’s genau richtig: von unten leuchtet das Plasma in die obere Atmosphäre hinein, und da finden Absorption und Emission gleichzeitig statt, die einfließende Energie muss ja auch wieder raus aus dem Gas. Die Emission erfolgt aber in zufälligen Richtungen. Wenn man dann von außen auf die Photosphäre (das temperaturstrahlende Plasma) schaut, fehlt das absorbierte Linienlicht, das vom darüber liegenden transparenten Gas der Chromosphäre in anderen Richtungen emittiert wurde – das ergibt eine dunkle Linie. Blickt hingegen von der Seite streifend in die Chromosphäre, ohne das darunter liegende Plasma zu sehen (Sonnenrand, wenn die Photosphäre von der Sonne verdeckt ist), sieht man den Teil der Emission, die zur Seite Richtung Beobachter erfolgt.

    Die Atome werden von der Sonnenstrahlung so massiv angeregt weil die Energie der Strahlung einfach passt. Und sie werden nacheinander mehrfach angeregt, sonst würden wir ja z.B. keine Balmer-Serie beobachten können (weitere Anregungen aus dem ersten angeregten Zustand).

    Das Plasma der Sonnenphotosphäre ist ein Temperaturstrahler von 5800 K, da sind alle möglichen Wellenlängen enthalten, eben auch die Balmer-Linien (aber auch die Lyman- und Paschen-Serien etc., die im UV und Infraroten liegen). Das Chromosphären-Gas findet also Licht der gesamten Wasserstoffserien vor (und weiterer Elemente), die es absorbieren und re-emittieren kann. Je nach der Temperatur des Sterns ändert sich aber das Spektrum: bei kühleren M-Sternen von 3000 K sieht man Moleküle wie Titanoxid und zahlreiche Linien von Eisen und diversen Metallen; bei der Sonne (Spektralklasse G) ist Natrium und Kalzium ziemlich prominent (es gibt ja Amateur-Sonnenteleskope, die die Sonne im H-Alpha-Licht zeigen; es gibt gab sogar eines, das sie im Kalzium-Licht zeigt). Bei A-Sternen (ca. 8500 K) sieht man fast nur noch Wasserstoff, und bei O-Sternen (über 30000 K) sieht man wieder weniger Wasserstoff, der da komplett ionisiert ist, aber dafür deutliche Helium-Linien (auch die Sonne hat Helium-Linien, das Element heißt ja so, weil es zuerst auf der Sonne entdeckt wurde; die Linien sind aber lange nicht so ausgeprägt wie bei heißeren Sternen).

    – Alderamin, das Neutrino-Bild zeigt, dass die Dinger aus dem Zentrum kommen. Mehr kann man da nun wirklich nicht sehen.

    Man kann vor allem sehen, wie viele Neutrinos aus dem Zentrum kommen und daraus auf die aktuelle Energieproduktion schließen (das Photosphärenlicht kommt hingegen erst mit hundertausend Jahren Verzögerung aus dem Zentrum nach oben). Und da ergab sich ja das berühmte Solar-Neutrino-Problem, dass nur 1/3 der Neutrinos gemessen wurden, die zum Erhalt der Abstrahlleistung der Sonne benötigt würden. War die Sonne am Verlöschen? Nein, der Detektor sah nur eine Neutrinosorte, und heute wissen wird, dass Neutrinos zwischen den drei Arten oszillieren, also sah man nur 1/3 der produzierten Neutrinos. Die Sonne produziert genau die erwartete Neutrinomenge. Ist nicht wirklich überraschend, aber ein guter Test für die Theorie des Sonneninneren.

  27. #27 Friedhelm Franz
    21. August 2015

    Also Leute, wildes herumspekulieren in alle möglichen Richtungen, und gegenseitiges bestärken darin, ist der Kern der wissenschaftlichen Methode halt auch nicht. Das mit den “Absorptionsspektren” in einem Stern funktioniert ein bischen anders, ist blöderweise aber auch oben im Artikel schon mindestens misverständlich beschrieben. Das wird oft und gerne missverstanden.

    Es ist nicht so, dass Strahlung aus dem Inneren der Sonne in den äußeren Schichten an passenden atomaren Übergängen absorbiert würde, und daher in den Wellenlängen der Spektrallinein weniger Strahlung entlang der Sichtlinine zum Beobachter kommt.

    Der Witz liegt in der Temperaturschichtung. Nach außen hin wird’s in der Sternatmosphäre kühler. Wie schon richtig bemerkt wurde, sieht man nur wenige 100km in die Sonnenatsmosphäre hinein, bis dorthin wo sie für sichtbare Strahlung undurchsichtig wird. Aus dieser Schicht, der Photosphäre, stammt bei weitem die meiste Strahlung. Die effektive Temperatur ist hier ca 5780K. Aber: in den Wellenlängen von atomaren Übergängen ist die Durchlässigkeit geringer, die Grenze zur Undurchlässigkeit wird schon weiter oben, in kühleren Schichten erreicht. Da diese Schichten kühler sind, strahlen sie auch weniger ab. Diese Wellenlängen erscheinen daher dunkler als die umliegenden wellenlängen (“Kontinuum”).

  28. […] ‘antreibt’  – die Kernfusion – war damals noch nicht bekannt. Und erst 1925 fand Cecilia Payne heraus, dass die Sonne vor allem aus Wasserstoff besteht und nicht z.B. aus Eisen. Dieses Resultat […]

  29. […] einmal hatte man einen Weg, das Licht der Sterne auf eine völlig neue Art und Weise zu betrachten und tatsächlich herausfinden zu können, woraus diese unvorstellbar weit entfernten Objekte bestehen. Man fand heraus, wie man ihr Alter […]