Es ist wieder einmal Sternschnuppen-Zeit! Sternschnuppen kann man ja eigentlich immer am Himmel sehen. Man muss sich nur die Zeit nehmen und auch mal in Ruhe hinsehen, dann wird man – gute Beobachtungsbedingungen vorausgesetzt – mit Sicherheit die eine oder andere Sternschnuppe sehen können. Aber zu gewissen Zeiten im Jahr stehen nicht nur die Chancen besser, mehr Sternschnuppen als sonst beobachten zu können; auch die Umstände sind angenehmer als sonst. Zum Beispiel Ende Juli/Anfang August, wenn der jährliche Sternschnuppenschauer der Perseiden stattfindet.
Dabei handelt es sich übrigens nicht um einen “Meteoritenschauer” oder “Meteoritenregen”. Das wäre nur dann der Fall, wenn da tatsächlich jede Menge Zeug aus dem Weltall auf den Erdboden fallen würde und das passiert hier zum Glück nicht. Das, was man da beobachten kann sind keine Meteoriten (also aus dem Weltraum stammende Metall- oder Gesteinsbrocken die den Erdboden erreicht haben) sondern Meteore: Leuchterscheinungen in der Atmosphäre. Hervorgerufen werden sie durch kleine Staubpartikel denen die Erde auf ihrem Weg um die Sonne begegnet und die in circa 100 Kilometer Höhe beim Kontakt mit der Erdatmosphäre dort kurzfristig aufleuchten. Nicht, weil sie “verglühen” (was sie zwar auch tun, was aber nicht zu sehen wäre), sondern weil sie so enorm schnell unterwegs sind, dass sie den Atomen der Luft ein paar Elektronen entreißen. Wenn sich dann wieder neue Elektronen an die Atome binden, wird Energie frei und die können wir als Leuchten sehen.
Ich habe in der Vergangenheit schon viele Artikel über Sternschnuppen und Meteore geschrieben und wenn ihr mehr dazu wissen wollt, dann könnt ihr hier alles dazu nachlesen. Heute möchte ich aber ein wenig von der Erforschung der Meteore erzählen. Die wurde maßgeblich von einem Astronomen betrieben, der einen sehr berühmten Namen trägt: Herschel.
Bei “Herschel” werden die meisten wahrscheinlich an Friedrich Wilhelm Herschel denken. Dieser in Deutschland geborene Komponist und Hobby-Astronom wurde im England des 18. Jahrhunderts zum größten Astronomen seiner Zeit als er 1781 den Planeten Uranus entdeckte. Diese erste Entdeckung eines neuen Planeten in unserem Sonnensystem machte ihn schlagartig weltweit berühmt und erlaubte ihm, die Astronomie professionell zu betreiben, was er auch äußerst erfolgreich tat. Die Astronomie scheint bei den Herschels aber in der Familie gelegen zu haben. Auch Caroline, die Schwester von Friedrich Wilhelm, war eine erfolgreiche Astronomin. Und der Sohn von Friedrich ist zwar nicht ganz so bekannt wie sein Vater, aber John Herschel gehört trotzdem zu den wichtigsten Astronomen des 19. Jahrhunderts. Er kartografierte den Südhimmel, entdeckte Monde der großen Gasplaneten im äußeren Sonnensystem, leistete Pionierarbeit in der Fotografie, war Botaniker und hatte daneben noch Zeit, 12 Kinder zu zeugen!
Zwei dieser Kinder waren ebenfalls Astronomen. John Herschel der Jüngere war zwar eher mit der Landvermessung und dem Militär beschäftigt und fiel als Astronom nicht nachhaltig mit großen Entdeckungen auf, wurde aber immerhin auch zum Mitglied der “Königlichen Astronomischen Gesellschaft” gewählt. Sein älterer Bruder dagegen folgte dem Beispiel seines Vaters und seines Großvaters und wurde ebenfalls ein Astronom, dessen Arbeit bis heute besteht: Alexander Stewart Herschel.
A.S. Herschel wurde am 5. Februar 1836 geboren und zwar nicht auf den britischen Inseln, sondern in Südafrika, wo Vater John wegen seiner astronomischen Arbeit zum Südhimmel beschäftigt war. Aber schon 1838 übersiedelte man wieder zurück nach England, wo Herschel dann auch später am Trinity College in Cambridge studierte. Unter anderem arbeitete er mit keinem geringeren als James Clerk Maxwell zusammen und half ihm bei seinen Experimenten. Später wechselte er nach London zur “Royal School of Mines” wo er auch anfing, sich das erste Mal mit den Meteoren zu beschäftigen. Dass damit nicht, so wie heute allgemein üblich, nur rein astronomische Himmelserscheinungen gemeint waren, sondern eben alle irgendwie interessanten Erscheinungen in der Erdatmosphäre erkennt man noch am Wort “Meteorologie” (und Herschel publizierte auch viel für die Britische Meteorologische Gesellschaft). Später hatte Herschel Professuren an den Universitäten von Glasgow und Durham inne, bevor er zurück in das Haus seiner Familie in Slough (heute ein Vorort von London) zog, wo er schließlich am 18. Juni 1907 starb.
Herschels Arbeit über Meteore ist vielfältig. Er begann damit, diverse Beobachtungen aufzuzeichnen und sich Gedanken darüber zu machen, wie sich die Häufigkeit von Sternschnuppen im Laufe eines Jahrs ändert (zum Beispiel in einer Arbeit aus dem Jahr 1864: “State of Meteoric Science”). Er erstellte auch genau Kataloge, in denen verzeichnet war, wo am Himmel Sternschnuppen zu sehen waren. Beziehungsweise: Von welchem Punkt am Himmel sie zu kommen scheinen. Dieser Punkt wird “Radiant” genannt und er ist es auch, der den Sternschnuppenschauern ihre jeweiligen Namen gibt. Die Perseiden kann man zwar überall am Himmel sehen; sie scheinen aber alle aus einem Punkt im Sternbild Perseus zu kommen. Herschel stellte dann auch bald die Verbindung zwischen den Radianten verschiedener Sternschnuppenschauer und der Bewegung von Kometen her.
Heute wissen wir ja, dass die Sternschnuppenschauer fast ausschließlich von Staubteilchen herrühren, die von Kometen auf ihrem Weg um die Sonne hinterlassen werden. Wenn so ein Komet aufgrund der höheren Temperaturen in Sonnennähe ein wenig auftaut und dabei sein Eis in Form von Gas ins All entweicht, wird dabei immer auch ein bisschen Staub mitgerissen. Es entsteht eine regelrechte Dreckspur und wenn die von der Erde gekreuzt wird, gibt es mehr Sternschnuppen als sonst. Herschel gelang es, einige dieser Zusammenhänge aufzudecken. Er konnte zum Beispiel die Andromediden, die im November ihren Höhepunkt haben als Überreste des Komet Biela identifizieren (“Meteor-showers supposed to be connected with Biela’s Comet”). Und dank seiner Arbeit konnten andere Astronomen auch den prominenten und im Winter sichtbaren Sternschnuppenschauer der Leoniden dem Komet 55P/Temple-Tuttle zuordnen. Und natürlich beschäftigte sich Herschel auch mit den jetzt gerade sichtbaren Perseiden: “Heights of August Meteors”.
Herschel beschäftigte sich aber auch mit der Spektroskopie und war einer der ersten, der Spektren von Sternschnuppen aufnehmen konnte (“Spectra of Shooting Stars”). So konnte er Informationen über die bei der Leuchterscheinung beteiligten chemischen Elemente gewinnen und war besonders von den grün leuchtenden Meteoren begeistert (und warum die manchmal grün leuchten, habe ich hier anlässlich der Leuchterscheinung über Deutschland im März erklärt).
Alexander Stewart Herschel selbst heiratete nie und hatte (vermutlich) auch keine Kinder. Aber seine vielen Geschwister haben die Linie der Herschels bis in die Gegenwart geführt. Als im Jahr 2009 das Weltraumteleskop Herschel ins All geschossen wurde, war ich beim Launch-Event dabei und hatte das Vergnügen, dort Charlotte Herschel-Farquharson zu treffen, die Urururenkelin von Friedrich William Herschel.
Sie ist allerdings keine Astronomin – aber um Sternschnuppen einfach nur genießen zu können, muss man das zum Glück ja auch nicht sein. Sie gehören zu den Himmelserscheinungen die man am besten ganz ohne irgendwelche komplizierten optischen Instrumente beobachtet und die zu erkennen man auch kein großartig astronomisches Wissen braucht. Es braucht nur einen dunklen und klaren Himmel. Passenderweise ist der Mond derzeit auch gerade im Abnehmen begriffen: Am Freitag, dem 14. August ist Neumond und heute Nacht ist mit dem Höhepunkt des Perseiden-Schauers zu rechnen. Sucht euch also irgendwo eine schöne dunkle Wiese mit freiem Blick auf den Himmel, packt eine Decke und einen Picknickkorb ein und schaut zu Himmel. Und wenn ihr dann die eine oder andere Sternschnuppe seht, könnte ihr ja euer Glas zu Ehren von Alexander Stewart Herschel erheben!
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