Ich mache derzeit eine Fahrradtour durch Bayern. Um das entsprechend zu würdigen und um auch endlich mal meine Recherche zum Thema “Bier und Astronomie” aufzuarbeiten, gibt es daher zu jedem Wissenschaftsartikel der in dieser Woche bei mir im Blog erscheint, einen kleinen Bonustext, in dem ich erklären, wo der Zusammenhang zwischen der jeweiligen astronomischen Forschung und dem Bier besteht. Prost!
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Heute Vormittag habe ich über die Suche nach supermassereichen schwarzen Löchern in fernen Galaxien berichtet. Man könnte ja nun glauben, dass das, was im Zentrum irgendwelcher Millionen Lichtjahre entfernten Galaxien stattfindet, keinen Einfluss auf das Bier hier auf der Erde hat. Könnte man denken – aber es wäre falsch!
Bier hat jede Menge Inhaltstoffe. Aber immer dabei ist Kohlenstoff. Dieses Atom ist an so gut wie allen Molekülen und chemischen Verbindungen beteiligt, die für uns Lebewesen relevant sind und daher auch natürlich überall in unserem Körper und unserer Nahrung zu finden. Kohlenstoff ist ein Atom, dessen Kern aus sechs Protonen und sechs Neutronen besteht. Also insgesamt 12 Kernbausteine, weswegen man es auch oft als “C12” bezeichnet. Aber das ist nicht die einzige Möglichkeit: Ein chemisches Element wird zwar in seinen fundamentalen Eigenschaften durch die Zahl der Protonen bestimmt. Kohlenstoff muss also immer sechs Protonen besitzen. Aber die Zahl der Neutronen kann variieren und diese Variationen bezeichnet man als “Isotope” eines Elements. Die absolute Mehrheit des Kohlenstoffs (ca 98,9 Prozent) ist tatsächlich C12. Aber es gibt auch noch knapp ein Prozent “C13”, also Kohlenstoff mit sechs Protonen und sieben Neutronen. Und in noch geringeren Mengen findet man ein anderes Isotop: Das berühmte “C14”, mit sechs Protonen und acht Neutronen. Berühmt ist es deswegen, weil es radioaktiv ist. Also nicht stabil: Nicht alle Kombinationen von Protonen und Neutronen passen wirklich zu gut zusammen. Acht Neutronen sind zuviel für sechs Protonen und deswegen fällt der Atomkern irgendwann auseinander.
Radioaktiver Kohlenstoff-14 verschwindet also im Laufe der Zeit; von einer bestimmten Menge ist nach 5730 Jahren im Durchschnitt die Hälfte zerfallen (das ist die sogenannte “Halbwertszeit”). Wenn das schon alles wäre, dann wäre der gesamte Kohlenstoff-14 auf der Erde ziemlich schnell weg gewesen. Immerhin ist unser Planet schon fast 5 Milliarden Jahre alt. Aber wenn man den Kohlenstoff untersucht, aus dem ein Mensch, ein Tier, eine Pflanze oder eben auch ein Bier besteht, dann findet man dort immer eine gewisse Menge an C14. Es muss also einen Prozess geben, der ständig neuen radioaktiven Kohlenstoff produziert. Den gibt es tatsächlich und er findet hoch über unseren Köpfen statt.
Dort trifft die sogenannte “kosmische Strahlung” auf die Atome unserer Atmosphäre. Die Teilchen aus dem All sind unter Umständen so schnell, dass sie Neutronen aus den Atomen freisetzen können, auf die sie treffen. In der Atmosphäre ist Stickstoff das häufigste Atom und zwar Stickstoff-14 mit sieben Protonen und sieben Neutronen. Wenn so ein Stickstoff-Atom eines der freigesetzten Neutronen einfängt, wird es instabil und verliert eines seiner Protonen. Aus sieben Protonen und sieben Neutronen werden sechs Protonen und acht Neutronen: Kohlenstoff-14! Die kosmische Strahlung aus dem All erzeugt also ständig neuen radioaktiven Kohlenstoff der dann Teil des Kohlenstoff-Kreislaufs auf der Erde wird. Und Teil des Biers.
Und wo kommt die kosmische Strahlung her? Ein großer Teil wird von unserer Sonne erzeugt; es handelt sich dabei um Teilchen aus ihrer Atmosphäre, die sie bei Protuberanzen ins All hinaus schleudert. Das tun aber auch andere Sterne und deswegen stammt ein weiterer, kleinerer Teil der kosmischen Strahlung aus Quellen, die sich außerhalb des Sonnensystems befinden. Einige wenige Teilchen stammen aber auch aus anderen Galaxien. Wenn dort zum Beispiel in der Nähe eines aktiven supermassereichen schwarzen Lochs Gas und Staub mit hohen Geschwindigkeiten herum wirbeln, dann kann ein Teil davon mit ebenso hohen Geschwindigkeiten in den intergalaktischen Raum hinaus katapultiert werden. Und irgendwann erreichen ein paar dieser Teilchen vielleicht die Erde und erzeugen dort Kohlenstoff-14!
Einige der Atome des Biers existieren also nur so in der Form, in der sie existieren, weil riesige schwarze Löcher in fernen Galaxien mit ihrer gewaltigen Gravitationskraft Material bis zur Erde geschleudert haben! Das Bier stellt eine greif- bzw. trinkbare Verbindung zu den Sternen und Galaxien im restlichen Universum dar! Prost!
Bierempfehlung zum Artikel: Irgendwo gibt es sicherlich auch ein Bier das “Black Hole” oder so ähnlich heißt. Zum Beispiel bei der britischen “Black Hole Brewery”. Hierzulande habe ich dafür aber leider keine Bezugsquelle gefunden. Statt ferner Galaxien kann man zu diesem Artikel daher nur ein Bier von fernen Sternen trinken. Oder besser: nahen Sternen. Die Hopvalley Brewing Company aus den USA braut zwei Biere die “Alpha Centauri” und “Proxima” heißen; genau so wie die beiden der Sonne am nächsten gelegenen Sternsysteme. In deutschen Supermärkten gibt es die zwar auch nicht, aber zumindest online kann man sie bestellen. Beide Biere sind IPAs, also nur etwas für Liebhaber von Pale Ale. Ich habe beide probiert und fand “Proxima” durchaus trinkbar. Ich mag es ja, wenn ein Bier etwas bitter und herb ist, so wie in diesem Fall. Was ich nicht mag, ist Bier mit viel Alkohol und da war “Proxima” mit seinen 6,3 Prozent fast schon zu stark. “Alpha Centauri” dagegen hat ganze 9% und ich fand es ziemlich grauenhaft. Aber Bier ist Geschmackssache und andere mögen die stärkeren Biere vielleicht lieber trinken als ich. Und über weitere Informationen zu Bier mit astronomischen Bezug bin ich immer dankbar; genau so wie für Informationen zu Bezugsquellen der Biere der “Black Hole Brewery”.
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