Ich lese gerne Bücher über die Geschichte der Astronomie. Und da stößt man natürlich sehr oft auf diverse Astronomen, über die man mehr erfahren will. Meistens findet sich dann auch irgendwo eine Biografie mit weiterführenden Informationen. Es sei denn, der Astronom ist eine Astronomin. Denn auch die findet man in der Wissenschaftsgeschichte immer wieder und sie sind leider lange nicht so prominent wie ihre männlichen Kollegen. Ich hatte eigentlich vor, das Jahr 2015 für eine monatliche Serie über Astronominnen zu nutzen und wollte eigentlich für jeden Monat eine entsprechende Biografie auswählen und vorstellen. Aber leider habe ich feststellen müssen, dass es auf dem Buchmarkt sehr wenige biografische Bücher über Astronominnen gibt. Ich wollte mich ursprünglich auf deutschsprachige Ausgaben, die im normalen Handel erhältlich sind beschränken – aber nach ein wenig Recherche war ich froh, wenn ich überhaupt Bücher gefunden habe! Ich hoffe, es reicht am Ende für eine monatliche Serie; ein paar Bücher konnte ich dann doch noch auftreiben. Aber wenn ihr noch entsprechende Vorschläge habt, dann sagt bitte Bescheid!
Die bisherigen Teile dieser Serie findet ihr hier.
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Der Planet Uranus wurde von Wilhelm Herschel entdeckt. Galileo Galilei sah als erster die vier großen Monde des Jupiter. Pluto wurde vom Astronomen Clyde Tombaugh gefunden. Und so weiter. Die Geschichte der Astronomie ist voll mit Funden neuer Himmelskörper. Über eine der faszinierendsten Entdeckungen weiß man aber überraschend wenig und der Name der Entdeckerin ist selbst unter Wissenschaftlern weitestgehend unbekannt. Inge Lehmann fand im Jahr 1936 ein Objekt, so groß wie der Mond, so heiß wie die Sonne und fast vollständig aus Eisen bestehend. Und sie fand es nicht irgendwo am Himmel, sondern tief unter unseren Füßen, im Inneren der Erde!
In dieser Serie soll es ja eigentlich um Astronominnen gehen. Aber auch die Erde ist ein Planet und Teil des Sonnensystems. Vor allem ist die Erde der Planet, den wir am besten untersuchen können. Es ist der einzige Planet, den wir in großem Maßstab und in allen Details wissenschaftlich erforschen können ohne komplizierte und teure Missionen quer durch den Weltraum schicken zu müssen. Wenn wir versuchen, den Rest des Sonnensystems zu verstehen, dann hilft uns ein Verständnis der Erde dabei enorm weiter. Es ist also durchaus angebracht, in einer Serie über Astronominnen auch über Frauen zu sprechen, die sich mit der Erforschung der Erde beschäftigen. Und Inge Lehmann gehört hier sicherlich zu den wichtigsten Personen.
Lehmann wurde am 13. Mai 1888 in Kopenhagen geboren. Sie kam aus einer Familie von Politikern und Wissenschaftlern und zeigte selbst früh, dass sie ebenfalls sehr talentiert im Bereich der Naturwissenschaften war. Sie hatte das große Glück eine Schule zu besuchen, die von der Tante des berühmten Physikers Niels Bohr geleitet wurde. In dieser Schule wurden, was für die damalige Zeit außergewöhnlich war, Jungen und Mädchen absolut gleich berechtigt unterrichtet und behandelt. Lehmann hielt das selbst für nicht weiter bemerkenswert; erst als sie später ihre universitäre Ausbildung begann, wurde sie von der Diskriminierung die den Frauen entgegen gebracht wurde, überrascht.
Trotzdem studierte sie erfolgreich Mathematik an den Universitäten von Kopenhagen und Cambridge und Ende der 1920er Jahre wurde sie – ein wenig unerwartet auch für sie selbst – Assistentin des Geophysikers Niels Erik Nörlund. Er betraute Lehmann mit dem Aufbau von seismologischen Observatorien in Dänemark und in Grönland.
Das mag ein wenig seltsam erscheinen, immerhin ist Dänemark nicht für seine intensive geologische Aktivität bekannt. Vulkane oder Erdbeben gibt es dort selten – aber der Ort hat sich trotzdem als äußerst passend erwiesen. Denn auf der anderen Seite der Erde geht es geologisch viel heftiger zu. Dort ist der pazifische Feuerring mit all seinen tektonischen Aktivitäten und jeder Menge starker Erdbeben. Die dabei entstehenden Erdbebenwellen breiten sich durch die Erde hindurch aus und wenn sie dann – unter anderem – in Dänemark registriert werden, kann man aus den Informationen wichtige Schlüsse auf das ziehen, was die Wellen unterwegs erlebt haben.
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