Der September ist fast vorüber und es wird Zeit für die monatlichen Buchempfehlungen. Und diesmal habe ich wirklich einiges geschafft! Ich hatte überraschend viel Zeit zum Lesen; was einerseits an meinen diversen Reisen lag, die ich mit vielen Büchern im Zug verbracht habe, andererseits aber auch am gerade laufenden Blog-Schreibwettbewerb, der mir ein bisschen mehr Freizeit beschert hat, als ich normalerweise habe. Alle Bücher die ich im September gelesen habe, kann ich leider nicht ausführlich vorstellen – aber über meine Favoriten möchte ich heute ein bisschen mehr erzählen.
Der unbekannte Tobias Mayer
An unbekannten Wissenschaftlern herrscht kein Mangel. Meistens sind sie unbekannt, weil sie keine dramatisch-wichtigen Entdeckungen gemacht haben. Aber manche haben genau das getan und trotzdem kennt sie kaum jemand. Zum Beispiel Tobias Mayer.
Selbst unter Astronomen wird der Name von Tobias Mayer nicht allgemein bekannt sein. Dabei war der Mann aus Göttingen zu seiner Zeit durchaus prominent. Mayer wurde 1723 in Marbach am Neckar geboren, wuchs in ärmlichen Verhältnissen und ziemlich früh als Waise auf. In seiner Schule gab es nur eine rudimentäre Ausbildung und keine Mathematik. Die brachte sich Mayer autodidaktisch bei; und auch später in seinem Leben sollte er sich hauptsächlich selbst ausbilden und nie eine Universität als Student besuchen. Mayer beschäftigte sich mit Geometrie, Landvermessung und Kartografie und erstellte schon früh eigene Landkarten und verfasste eigene Lehrbücher. Er bekam eine Anstellung bei einem kartografischen Verlag in Nürnberg, produzierte dort Karten und Globen und das auf eine Art und Weise, die viel genauer und besser war als bisher. Dank seiner Fortschritte auf dem Gebiet der Kartografie erregte er Aufmerksamkeit unter den Wissenschaftlern, aber auch seine astronomischen Überlegungen (er zeichnete u.a. auch höchst genaue Karten vom Mond) machten ihn bekannt. So bekannt, das er schließlich einen Ruf als Professor auf die damals noch junge Universität Göttingen bekam.
Den nahm er 1751 an und sollte bis an sein Lebensende in der Stadt bleiben. Dort arbeitete er an vielen verschiedenen Themen; berühmt wurde er aber durch seine Mondtheorie. Eines der großen Probleme der damaligen Zeit war die Suche nach einer Theorie mit der sich die Bewegung des Mondes vorhersagen ließ. Rein prinzipiell war das natürlich dank Newtons Gravitationstheorie möglich. Aber rein praktisch war es viel schwieriger als man dachte, da man hier die gravitative Wechselwirkung von mindestens drei Himmelskörpern (Sonne, Erde, Mond) berücksichtigen muss und auch noch viele Extras: Will man wissen, wo genau der Mond am Himmel steht, muss man z.B. auch wissen, wie groß er am Himmel erscheint. Das ändert sich aber ständig, da der Mond der Erde mal näher und mal ferner steht. Und so weiter – das Problem war so kompliziert, das selbst Newton es nicht lösen konnte. Zumindest nicht ausreichend genau und die Genauigkeit war es, worauf es ankam. Denn man wollte den Mond als “Zeiger” ein himmlischen Uhr benutzen um so die Bestimmung der Position zu ermöglichen (ich habe das Prinzip hier ausführlich erklärt).
Mayer aber schaffte, was Newton nicht geschafft hatte: Er produzierte eine Theorie, mit der sich die Bewegung des Mondes genauer als je zuvor vorhersagen ließ. Genau genug, um es Seefahrern zu ermöglichen, damit die Position auf hoher See zu bestimmen. Die Arbeit erschien aber erst nach seinem Tod – was vielleicht auch ein Grund ist, warum man Mayer und seine Arbeit heute kaum mehr kennt. Es gibt auch überraschend wenig Literatur zu Tobias Mayer. Das Buch, das ich kürzlich gelesen haben heißt “Das Uhrwerk des Mondes: Tobias Mayer und der Längenpreis” und wurde von Bernhard Weißbecker geschrieben. Es ist schon ein paar Jahre alt und mittlerweile unter dem Titel “Die Vermessung des Meeres, der Erde und des Himmels: Von der Seefahrt, der Mondtheorie, den Längengraden und den unglaublichen Leistungen des Tobias Mayer zur Zeit der Aufklärung” neu aufgelegt worden.
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