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Heute war ich mit meinem Kollegen Florian im saarländischen Walhausen. Wir wollten uns den Exkurs mit Wünschelruten zum historischen Kupferstollen in der Nähe von Wadern ansehen, zu dem der Forschungskreis für Geobiologie geladen hatte. Angekündigt wurde das ganze einige Tage zuvor in der Saarbrücker Zeitung. Dort trafen wir dann auch Herrn Peter vom Forschungskreis für Geobiologie und Herrn Kilian von Bergwerksverein, seines Zeichens ausgebildeter Mess- und Regelmechaniker. Nach und nach füllte sich der Parkplatz des Dorfgemeinschaftshauses in Nohfelden mit den PKWs der überwiegend grau melierten Herren. Die Vertreter des weiblichen Geschlechts waren deutlich in der Unterzahl: Es fanden sich an diesem Samstagnachmittag lediglich zwei Frauen ein, eine inklusive ihres Kindes im Grundschulalter. Der Junge der Dame wurde anscheinend bereits vor dem Exkurs von seiner Mutter mit einer hochfunktionalen Wünschelrute ausgestattet. Auch zahlreiche Herren der Gruppe hatten bereits zu diesem Zeitpunkt ihr „Messgerät“ parat. Diese waren aus Metall (Eisen, Kupfer, etc.) oder ganz profan aus sogenannten Schweißdraht (Plastik!) gedengelt und gebogen. Bei den Luxusvarianten gab es auch noch einen Edelstein an der Spitze des Sensors, vermutlich zur Verbesserungen der Messsensibilität.
Wir wurden alle herzlich und dann eindringlich eingeladen uns in die Adressenliste einzutragen um sicherzustellen, dass wir auch künftige Termine und Veranstaltungen der Geobiologen nicht verpassen sollten. (Da es weder Florian noch mir lieb war unsere Klarnamen und echten Adressen zu benutzen wählten wir an dieser Stelle Pseudonyme: Ich war Adam Weishaupt, aus der Iluminatusstraße und Florian durfte heute Jon Doe sein)
Nun gab es zunächst eine kurze Einweisung durch Herrn Kilian in die Geschichte der Städte und des Bergbauhandwerks von „sellemols“ (einst). Dabei durften wir lernen, dass es im Saarland nicht nur Kohle- und Eisenerzbergwerke, sondern auch einige wenige Kupferstollen gab. Der tägliche Vortrieb mit den damaligen Mitteln in diesen Anlagen betrug im Schnitt 2,5cm! Die Existenz und Lage der Stollen und die Eingänge zu diesen waren teilweise über Jahrzehnte hinweg vergessen geglaubt. An dieser Stelle kam nun Herrn Kilian und sein Verein ins Spiel. Sie recherchieren und restaurieren alte Bergwerke in ihrer Umgebung anhand uralter Karten, die teilweise nur noch als schlechte Kopien existieren. Nun hätte man bei der Lokalisierung der vergessenen Stollen teilweise auf die Hilfe von „Mutern“ (1) zurückgegriffen.
Und ab diesem Zeitpunkt übernahm Herr Peter das Briefing zum Schwingrutengang, ließ zunächst den Spendenhut umgehen, und verteilte indes gleich Broschüren, welche deutlich ersichtlich, auf Schreibmaschine verfasst und auf gefühlte Schriftgröße 8 klein kopiert wurden. Darin fand sich zum einen ein Text über die Arbeit und das Selbstbild der „Rutenfühligen“ („Sehr gefreut hat uns auch wieder die Resonanz zu unserer Aufklärungsarbeit über so genannte „Erdstrahlen“ und deren gesundheitliche Beeinträchtigungen über geopathogenen Zonen, Wassergerinnen, geologischen Spalten und Verwerfungen, Elektrosmog und Baubiologie und die dadurch von uns geleistete Hilfe seitens der Medizin und … der Medien…“) und zum anderen der Veranstaltungskalender mit Vorträgen für das laufende Jahr mit solch spannenden Themen wie zum Beispiel „Strahlende Umwelt (Erdstrahlen und Elektrosmog) und ihr negativer krankmachender Einfluss. Wie können wir uns und unsere Kinder wirksam schützen?“.
Anschließend verteilte der Experte von seinem Kofferraum aus Leihruten an all diejenigen, die, wie Florian und ich, heute zum ersten Mal dabei und interessiert, aber schlecht ausgestattet waren. Auf Anfrage drückte mir Herr Peter ein sehr schickes, orangenes Rutengerät aus hochwertigem Vollplastik in die Hand und lobte alsbald meine Armhaltung und meine Lockerheit im Handgelenksbereich im Umgang mit dem Instrument. Er habe da schon deutlich weniger talentierte Leute gesehen.
Ich beschloss mir meine Fragen für später aufzuheben.
Kurz darauf ging es durch Wald und Feld zu einer Stelle auf einer Wiese, kaum 30m Luftlinie von einem Umspannwerk entfernt, unter der vor einiger Zeit ein moderner Stollen von Bergwerksverein testweise angelegt worden sei, wie uns Herr Kilian eröffnete. Diesen könne die Gruppe nun zu Übungszwecken „ermuten“, und schon schwang sich das anderthalb Dutzend grauer Häupter auf, um allerlei Pendel, skalierte Ruten und andere Tensoren (in etwa: Sensorschwingding mit total funkeltoller Glitzerapplikation mit mächtigem Fu!) über der Wiese schwenken und schwingen zu lassen. Selbstverständlich war es r e i n dem Zufall verschuldet das Herr Kilian, welcher wie gesagt diesen Stollen zuvor auch selbst mit angelegt hatte, an (wie wir später erfahren durften) genau der Wegstelle stehen blieb, unter der auch eben jener selbst angelegte unterirdische Gang querte. Auch fügte er hinzu, dass die frisch aufgefüllte Erde auf dem Wegstück dort, 2m von ihm entfernt, nichts bedeuten m u s s (*Zwinker*)! So dauerte es auch nicht lange bis ein glückliches Mitglied des Schwingschwarms an eben exakt jener Stelle seinen Stollendetektor richtig rüttelte.
Doch fielen die anderen 16-17 Senioren, die bei der Schachtsuche tatsächlich teilweise pendelnd durch Gebüsch und Gehölz stürzten, weder durch unzureichende Versiertheit am Gerät (inklusive regen Rutenausschlägen und positiven Pendelschwüngen) noch durch Mangel an Zuversicht auf Erfolg auf.
Sie hatten nur alle eins gemein: diese Gruppe wurde von Herr Kilian ganz einfach ignoriert. Somit war die Sicherstellung der Zielgenauigkeit der Methode quasi schon vorweg garantiert. Der Bergwerksvereinsmann war leider dem Confirmation Bias (zu deutsch: Bestätigungsfehler) unterlegen. Soll heißen, er sah nur das, was er in diesem Moment auch zu sehen bereit war. Ich unterstelle ihm hierbei keine böse Absicht, aber fair oder gar wissenschaftlich konnte man diese “Test“bedingungen nun wirklich nicht nennen.
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