Die heutige Frage aus der Serie “Fragen zur Astronomie” wird mir oft gestellt. Es geht um die tollen Bilder, die Teleskope und Raumsonden vom Universum machen. Wir sehen beeindruckende Aufnahmen von anderen Planeten; bunt leuchtende kosmische Nebel in allen Formen und Farben; Galaxien, Sterne, und so weiter. Aber sieht das alles wirklich so aus? Was würden wir Menschen sehen, wenn wir selbst dort draußen wären und mit unseren eigenen Augen auf all die kosmischen Objekte blicken könnten? Sehen die Dinge im Weltraum wirklich so aus, wie sie auf den Fotos gezeigt werden?
Eine gute Frage und eine, die mit den Grundlagen der Astronomie zu tun hat. Hier ist ein besonders schönes Beispiel für die Objekte, die wir im Kosmos sehen können:
Man sieht hier einen sogenannten Herbig-Haro-Stern (darüber habe ich hier ein wenig mehr erzählt), der sich inmitten einer Staubwolke befindet und dessen Strahlung in zwei Jets ins All hinaus gelangt. Aber sehen wir das wirklich? Was wäre, wenn wir mit einem Raumschiff die 1350 Lichtjahre bis zu diesem Stern fliegen würden und dann aus dem Fenster sehen? Nun, vermutlich wären wir dann ein wenig enttäuscht…
Um das zu verstehen, muss man verstehen, wie ein Teleskop funktioniert. Im Gegensatz zu dem was viele glauben, brauchen Astronomen die Teleskope nicht unbedingt, um Objekte größer zu sehen! Sterne, Galaxien und all das andere im Universum sind viel zu weit entfernt. Die Vergrößerung die man mit einem Teleskop erreichen kann, spielt bei diesen Entfernungen keine Rolle.
Nein, in der Astronomie braucht Teleskope vor allem, um MEHR LICHT zu sehen als man mit dem Auge allein sehen könnte. Unser Auge ist ein ziemlich schlechtes optisches Instrument. Seine Öffnung, die Pupille, ist nur ein paar Millimeter groß. Da kann nur sehr wenig Licht einfallen und wenn etwas nur sehr schwach leuchtet, sehen wir es nicht. Deswegen bauen wir ja auch immer größere Teleskope mit großen Spiegeln, die wesentlich mehr Licht einsammeln können als unser Auge. Dadurch gelingt es, auch extrem lichtschwache Objekte sichtbar zu machen. Mit der Vergrößerung hat das, wie gesagt, nichts zu tun. Ein leuchtschwaches Objekt ist leuchtschwach, auch wenn man es vergrößert bzw. aus der Nähe betrachtet. Man sieht es dann zwar größer, aber nicht heller!
Zumindest stimmt das für sehr große Objekte und die Galaxien und Nebel um die es bei dieser Frage geht, sind groß. Wenn wir sie von der Erde aus mit freiem Auge nicht sehen können, dann können wir sie auch nicht sehen, wenn wir mit einem Raumschiff in ihre Nähe fliegen würden.
Es gibt noch ein paar weitere wichtige Faktoren: Ein Teleskop mit einem entsprechenden Detektor kann Licht sammeln. Man kann Aufnahmen mehrere Minuten, Stunden oder gar Tage lang belichten. Unser Auge kann das nicht. Es kann nicht kontinuierlich Licht sammeln und die Photonen zu einem Bild zusammensetzen. Zumindest nicht während der Zeiträume in der ein Teleskop mit einem modernen Detektor das kann. Wir könnten also zum Beispiel direkt vor dem beeindruckenden Flammennebel stehen:
Und würden trotzdem nichts von all der Pracht sehen, die uns dieses Foto zeigt. Weil unsere Augen viel kleiner ist als das VISTA-Teleskop mit seinen vier Metern Durchmesser mit dem das Bild gemacht wurde. Weil unser Auge viel weniger sensibel ist als die VISTA-Kamera. Und weil unser Auge auch gar nicht in der Lage wäre, all das zu sehen, was die VISTA-Kamera sehen kann. Denn die Astronomen haben gelernt, nicht nur das für uns Menschen sichtbare Licht zu sehen sondern auch jede Menge andere Arten des Lichts: Infrarotstrahlung, Röntgenstrahlung, Radiostrahlung, und so weiter. Das alles ist Licht, das unsere Augen nicht sehen können – die Instrumente der Wissenschaft aber schon. Auch das Bild des Flammennebels enthält Infrarotdaten, die hier einfach sichtbar gemacht wurden, aber von unseren Augen in der Realität nicht wahrgenommen werden könnten.
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