Wie bewegen sich Himmelskörper? Und wie kann man ihre Bewegung vorhersagen? Das Problem ist Jahrtausende alt und ebenso lange sucht man nach einer Lösung. Selbst wenn nur drei Himmelskörper beteiligt sind, ist die Frage erstaunlich schwer zu beantworten. WIE schwer die Antwort zu finden ist und wieso die Sache so kompliziert ist, erfahrt ihr in der neuen Folge der Sternengeschichten.

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Transkription

Sternengeschichten Folge 175: Das Dreikörperproblem

Das Dreikörperproblem sucht nach einer Antwort auf eine der fundamentalen Fragen der Astronomie: Wie bewegen sich Himmelskörper und vor allem: Wie kann man diese Bewegung voraussagen. Das war schon wichtig für die Menschen, lange bevor es die Astronomie als echte Naturwissenschaft gab. Man wollte wissen, wie sich Sonne und Mond über den Himmel bewegen um einen Überblick über den Kalender und die richtigen Zeiten für Aussaat und Ernte zu haben. Man wollte die religiösen Feste zu den richtigen Zeiten feiern und natürlich existierte damals auch noch die Vorstellung, dass die Himmelskörper Manifestationen der Götter seien und ihre Bewegung uns etwas über unsere Zukunft sagen könne.

Simpel: Das Zweikörperproblem (Bild: Public Domain)

Noch simpel: Das Zweikörperproblem (Bild: Public Domain)

Innerhalb gewisser Grenzen ist es möglich, Vorhersagen über die Bewegung der Himmelskörper zu machen, auch wenn man keine Vorstellungen über die physikalisch-astronomischen Grundlagen dieser Bewegung hat. Der Bewegung der Planeten erfolgt näherungsweise periodisch und wenn man nur lange genug Daten sammelt, kann man solche Perioden erkennen und zur Vorhersage nutzen.

Das hat funktioniert, aber nicht sehr genau. Unter anderem, weil man nicht wusste, dass die Erde selbst ein Planet ist, der sich bewegt und diese Bewegung die Beobachtung der Bewegung der anderen Planeten kompliziert macht. Und auch, weil die Bewegung eben nur annähernd periodisch ist. Planeten bewegen sich nicht auf exakten Kreisbahnen und immer gleich schnell, sondern auf elliptischen Bahnen und zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Der erste, der eine einigermaßen brauchbare Vorstellung von der Bewegung der Himmelskörper hatte, war Johannes Kepler im 17. Jahrhundert. Mit seinen Keplerschen Gesetzen zur Planetenbewegung konnte er viel besser vorhersagen, wie sich die Himmelskörper bewegen als alle seine Vorgänger. Das, was Keplers Gesetze beschreiben ist aber genaugenommen nur ein “Zweikörperproblem”.

Man kann damit erklären was passiert, wenn EIN Planet EINEN Stern umkreist. In unserem Sonnensystem ist das aber nicht der Fall. Hier gibt es acht Planeten und dazu jede Menge Monde, Asteroiden und Kometen. Und, das wusste man seit der revolutionären Arbeit von Isaac Newton, JEDES Objekt beeinflusst jedes andere mit seiner Gravitationskraft. Will man also wirklich genau wissen, wie sich ein Himmelskörper bewegt, dann darf man nicht nur schauen, was zwischen ihm und der Sonne abspielt. Man muss genaugenommen den gravitativen Einfluss aller Himmelskörper berücksichtigen.

Aber das sollte ja eigentlich kein Problem sein. Immerhin hat Isaac Newton ja nicht nur erkannt, dass die Gravitation universal ist und zwischen allen Himmelskörpern wirkt. Sondern auch mathematische Gleichungen gefunden, mit denen sich der Gravitationseinfluss beschreiben lässt.

Und es ist tatsächlich nicht allzu schwer, entsprechende Gleichungen zu formulieren, die die Bewegung zum Beispiel der Erde unter dem Einfluss aller anderen Planeten des Sonnensystems beschreiben. Die Gleichungen aufzuschreiben ist aber nur der erste Schritt. Als nächstes muss man sie aber auch noch lösen!

Beim Zweikörperproblem ist das leicht möglich. Betrachtet man nur die Sonne und einen Planeten und löst die Gleichungen die aus Newtons Theorie folgen, dann erhält man exakt die Gesetze, die auch schon Kepler gefunden hat. Sobald man aber einen dritten Körper mit ins Spiel bringt, wird die Sache nicht nur schwieriger sondern nahezu unmöglich!

Rein intuitiv kann man auch verstehen, warum das so ist. Stellen wir uns die Erde, die Sonne und zum Beispiel den Mars vor. Die Sonne hat von allen die größte Masse und daher auch den größten gravitativen Einfluss. Deswegen bewegen sich auch Mars und Erde um die Sonne herum. In erster Näherung kann man dieses Dreikörperproblem als zwei Zweikörperprobleme betrachten. Die Gravitationskraft der Sonne führt dazu, dass sich die Erde in einer leicht elliptischen Bahn um sie herum bewegt. Und die Gravitationskraft der Sonne führt dazu, dass sich der Mars in einer leicht elliptischen Bahn um sie herum bewegt. Natürlich üben sowohl der Mars als auch die Erde gravitative Störungen auf die Sonne aus. Aber weil die Masse der Planeten im Vergleich zur Sonnenmasse so gering ist, passiert da nicht viel. Die Sonne wackelt ein ganz kleines bisschen, aber mehr geschieht da nicht.

Verlässt man die Näherung und betrachtet die gesamte Situation, wird es schnell kompliziert. Wie genau die Bahn der Erde um die Sonne aussieht, hängt unter anderem vom Abstand zwischen den beiden Himmelskörpern aus. Aber die Erde wird im Dreikörperproblem ja auch vom Mars beeinflusst. Dieser Einfluss ist zwar klein, aber vorhanden. Der Mars sorgt also dafür, dass sich der Abstand zwischen Erde und Sonne ein klein wenig ändert. Damit ändert sich aber auch die Stärke der Anziehungskraft zwischen Sonne und Erde. Und damit auch die Bahn der Erde um die Sonne. Das aber wiederum führt zu einer Veränderung in der Anziehungskraft zwischen Erde und Mars; zu einem veränderten Abstand zwischen Sonne und Erde, und so weiter. Und das gleiche gilt natürlich auch umgekehrt für den Einfluss der Erde auf den Mars.

Es ist eine unendliche Reihe von gegenseitiger Beeinflussung bei der absolut nicht klar ist, wie man die Sache auflösen soll. Die intuitive Schwierigkeit beim Verständnis der wechselseitigen Beeinflussung von drei Himmelskörpern spiegelt sich auch in ganz konkreten mathematischen Schwierigkeiten wieder die auftreten, wenn man versucht die entsprechenden Gleichungen zu lösen.

Auf diese Details will ich gar nicht näher eingehen – vielleicht gibt es dazu mal eine eigene Folge der Sternengeschichten. Jedenfalls ist es den Wissenschaftlern nicht gelungen, das Dreikörperproblem mathematisch zu lösen. Man hat es lange genug probiert. Wie ich in Folge 96 der Sternengeschichten erzählt habe, wurde für die Beantwortung dieser Frage im 19. Jahrhundert sogar ein Preis ausgesetzt und der große Mathematiker Henri Poincaré hat probiert, ihn zu gewinnen. Er fand ebenfalls keine Lösung – aber er fand heraus, dass es mathematisch unmöglich ist, das Dreikörperproblem zu lösen! Gleichzeitig mit dieser Erkenntnis entwickelte er die Grundlagen der Chaostheorie. Seitdem wissen wir, dass bestimmte dynamische Systeme so komplex sind, dass sie mit klassischen Methoden nicht vorhersagbar sind. Und unser Sonnensystem gehört dazu.

Heute verwendet man Computersimulationen um die Bewegung von Himmelskörpern vorherzusagen, wie ich in Folge 9 der Sternengeschichten ausführlicher erklärt habe. Aber trotzdem haben die Wissenschaftler nicht aufgehört, sich Gedanken über das Dreikörperproblem zu machen. Sie haben einerseits verschiedene Variationen dieses Problems entwickelt, die zwar die Realität nicht mehr ganz exakt beschreiben aber doch noch so gut, um innerhalb gewisser Grenzen brauchbare Vorhersagen machen zu können. Lösungen für solche “eingeschränkte Dreikörperprobleme” wurden im Laufe der Zeit gefunden; zum Beispiel in Form der Lagrangepunkte, die ich in Folge 31 der Sternengeschichten beschrieben habe.

Interessanterweise ist es dann sogar doch noch gelungen, das Dreikörperproblem selbst zu lösen. So irgendwie zumindest…

Das, was das Dreikörperproblem unter anderem so schwierig macht, sind nahe Begegnungen oder gar Kollisionen zwischen Himmelskörpern. Je näher sich zwei Objekte kommen, desto stärker wird die Gravitationskraft zwischen ihnen. Und desto größer werden auch die Probleme, die ich vorhin beschrieben habe. Aus mathematischer Sicht wird die Gravitationskraft unendlich groß, wenn der Abstand zweier Himmelskörper bei einer Kollision gleich null wird. In den Gleichungen taucht dort dann eine Division durch Null auf und damit hat die Mathematik ja generell ein Problem.

Im Jahr 1912 hat der finnische Mathematiker Karl Frithiof Sundman aber eine Lösung gefunden. Beziehungsweise so etwas ähnliches wie eine Lösung. Er konnte eine Lösung für die Gleichungen des Dreikörperproblems angeben, aber nur in Form einer sogenannten unendlichen Reihe. Also einer Summe die aus unendlichen vielen Zahlen gebildet wird. Das ist nicht so seltsam wie es klingt. Wenn man zum Beispiel berechnen will, wie viel 1 + 1/2 + 1/4 + 1/8 + 1/16 + 1/32 + usw. ist, dann kann man diese Reihe unendlich lange fortsetzen. Aber jede Zahl in dieser Summe ist kleiner als die vorherige. Die Summe aller Zahlen wächst also, aber nicht immer weiter und weiter. Sie nähert sich einem ganz bestimmten Wert und mit den richtigen mathematischen Methoden kann man zeigen, dass die Summe all dieser unendlich vielen Zahlen nicht selbst unendlich ist, sondern in diesem Fall gleich zwei.

Geometric_Segment.svg

Unendliche viele Zahlen und trotzdem eine endliche Summe… (Bild: Gemeinfrei)

So eine Lösung hat auch Sundman gefunden für das Dreikörperproblem gefunden. Er hat gezeigt, dass auch hier eine Reihe unendlich vieler Zahlen existiert, die sich am Ende nicht zu unendlich aufaddieren sondern eben zur Lösung der Gleichung. Aber. Und das ist ein großes “Aber”! Aber richtig viel anfangen kann man mit der Lösung nicht. Sundmans Technik funktioniert nur, wenn man von Anfang an voraussetzt, das Himmelskörper nicht miteinander kollidieren dürfen. Das ist aber in der Realität nicht der Fall. Aber selbst wenn man das ignoriert, kommt man mit seiner Lösung nicht weit. Es gibt keinen einfachen Weg, die unendlichen vielen Zahlen in Sundmans Summe aufzuaddieren. Und man kann nicht einfach zwischendurch aufhören und sich sagen: Ach, das reicht jetzt schon – es muss ja nicht absolut genau sein, sondern nur ausreichend genau um gute Vorhersagen zu machen. Beziehungsweise man kann das schon sagen. Aber um ausreichend gute Vorhersagen machen zu können, müsste man absurd viele Zahlen addieren. Die Zahl der nötigen Einträge in Sundmans Summe wäre eine 1, gefolgt von 8 Millionen Nullen!

Sundmans Lösung des Dreikörperproblems ist also zwar nett und mathematisch interessant. Aber in der Praxis auch völlig unbrauchbar. Das Dreikörperproblem bleibt ungelöst.

Kommentare (13)

  1. #1 Thilo
    1. April 2016

    kleine Korrektur: “Wie genau die Bahn der Erde um die Sonne aussieht, hängt unter anderem vom Abstand zwischen den beiden Himmelskörpern aus.” –> “… ab”

  2. #2 Hirk
    1. April 2016

    Ich wundere mich, dass Computersimulationen bessere Ergebnisse liefern, als schrittweises Zerlegen in Zweikörper-Berechnungen und Angleichen der daraus folgenden Teillösungen. Das Programm muss doch im Hintergrund ebenfalls Berechnungen anstellen, bei denen sicher auch die Reihenfolge der Operationen Einfluss auf die Qualität der Ergebnisse hat. Anders gesagt: Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dem Computer so eine Aufgabe überträgt und dabei gar nicht weiß, wie er das löst.

    Sundmans Lösung erinnert mich als absoluter Mathematik Laie an die Riemannsche Vermutung, bzw. die Zeta Funktion. Würde ein Fortschritt in dieser Sache auch einen Beitrag für das Dreikörperproblem abwerfen?

  3. #3 Florian Freistetter
    1. April 2016

    @Hirk: ” Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dem Computer so eine Aufgabe überträgt und dabei gar nicht weiß, wie er das löst.”

    Na ja, die numerische Mathematik kann schon sehr viel. Im Prinzip kann man so beliebige Diffgleichungen beliebig genau lösen. Hängt nur vom (Prozessor)Aufwand ab.

  4. #4 Jürgen A.
    Berlin
    1. April 2016

    @ FF

    “… dass die Summe all dieser unendlich vielen Zahlen nicht selbst unendlich ist, sondern in diesem Fall gleich zwei. ”

    Wenn du dich auf die Bruchreihe davor beziehst natürlich nicht zwei, sondern – wie in der Darstellung zu erkennen – eins. Oder hab ich das falsch verstanden ?

    Eine Frage habe ich noch : Auf welchen Ursprung beziehen sich die Ortsangaben, wenn man die Koordinaten eines Planeten oder einer Raumsonde angibt ? Auf den Sonnenmittelpunkt ? Auf den Schwerpunkt des Sonnensystems ?

  5. #5 Joker
    1. April 2016

    @ Jürgen A.

    1 + 1/2 scheint mir schon größer zu sein als 1. Am Ende läuft es wohl doch eher auf 2 hinaus.

  6. #6 PDP10
    2. April 2016

    @Jürgen A.:

    Wenn du dich auf die Bruchreihe davor beziehst natürlich nicht zwei, sondern – wie in der Darstellung zu erkennen – eins. Oder hab ich das falsch verstanden ?

    Nee. Nicht falsch verstanden. Die Darstellung passt nicht zur Reihe davor. Deren Summe ist nämlich tatsächlich 2.

    Das die nicht 1 sein kann siehst du schon, wenn du die ersten Glieder aufsummierst.

    Das Bild zeigt den Fall ohne das erste Glied. Da ist die Summe tatsächlich 1.

  7. #7 Jürgen A.
    Berlin
    2. April 2016

    @Joker @FF

    Entschuldigung! Es ist schon zu spät. Ich hab doch irgendwie die 1 vor der Reihe überlesen. Dann ist die zwei natürlich richtig, aber dann ist die Abbildung verwirrend, weil da diese 1 nicht drin ist.

  8. #8 Lercherl
    2. April 2016
  9. #9 adenosine
    2. April 2016

    mit welcher Genauigkeit könnte man denn nun die Position der Planeten in z.B. 100 Jahren angeben?

  10. #10 Vortex
    2. April 2016

    Wurde eine solche simulierte Achterbahn mit 3 Massen, in der astronomischen Forschung schon mal irgendwo im Weltraum gesichtet, oder ist dies nur eine physikalisch-mathematische Spielerei?

  11. #11 Daniel Rehbein
    Dortmund
    4. April 2016

    Ich habe den Eindruck, daß die Antwort auf #2 in #3 auf einem Mißverständnis beruht. Ich lese in dem Kommentar #2 nicht Zweifel daran, daß ein Komputer etwas überhaupt numerisch annähern kann, sondern die Frage, warum ein Mensch denn nicht genauso vorgehen kann – oder ob der Komputer da irgendetwas tut, was der Mensch gar nicht mehr versteht (“und dabei gar nicht weiß, wie er das löst”).

    Die Antwort ist, daß der Mensch sehr wohl weiß, wie der Komputer die Aufgaben löst. Der Mensch wäre aber nicht in der Lage, auf dem gleichen Weg von Hand zu einer Lösung zu kommen. Und zwar einfach deswegen, weil er nicht so schnell rechnen kann. Der Komputer kann mal eben ein paar Millionen Iterationsschritte durchrechnen, um sich rein numerisch einer Lösung anzunähern. Und natürlich weiß der Mensch, was da vorgeht, es könnte er lediglich nicht selbst nachrechnen.

    Durch solche technischen Hilfsmittel, die nichts weiter tun, als einfach nur ganz schnell zu rechnen, entdeckt der Mensch plötzlich ganz neue Strukturen in der Mathematik – das ist das eigentlich erstaunliche. Das ist das, was für einen Außenstehenden wie Zauberei wirkt.

    Zum Beispiel: Seit Jahrtausenden gibt es die Mathematik, sie ist von Menschen rein axiomatisch definiert, ein reines Kunstprodukt. Man könnte annehmen, der Mensch weiß alles über das, was er selbst definiert hat. Und dann entdeckt man 1977 plötzlich die Feigenbaum-Konstante.Durch numerische Berechnungen der Periodenverdopplung in chaotischen Systemen wird plötzlich die universelle Bedeutung dieser seltsamen Zahl deutlich.

    Für jemanden, der sich selbst nicht mit diesen mathematischen Strukturen beschäftigt, sieht es tatsächlich so aus wie in Kommentar #2 geschildert: Der Mensch überträgt dem Komputer eine Aufgabe und weiß gar nicht, wie der diese Aufgabe löst. Tatsächlich aber hat der Komputer einfach nur wahnsinnig schnell Iterationen gerechnet. Der Unterschied zum Menschen ist wirklich nur die Rechengeschwindigkeit.

    Und deshalb stecken in solchen Entdeckungen wie etwa der Feigenbaum-Konstanten in chaotischen Systemen kein prinzipiellen neuen Fähigkeiten von Komputern, eine Art Zauberei, sondern eher eine philosophische Erkenntnis: Selbst über ein vom Menschen vollständig selbstdefiniertem System wie der Mathematik hat der Mensch kein vollständiges Wissen. Selbst in diesem vom Menschen rein axiomatisch definierten System gibt es immer noch etwas zu entdecken! Wer weiß, welche Überraschungen die Mathematik noch für uns bereithält, die wir jetzt noch gar nicht erahnen?

  12. #12 klaus
    9. April 2016

    @adenosine
    “mit welcher Genauigkeit könnte man denn nun die Position der Planeten in z.B. 100 Jahren angeben?”

    Das hängt davon ab, womit Du das Ergebnis vergleichst. Außerdem hängt es noch von dem ab, was alles berücksichtigt wurde!

    Von der Rechen- und Verfahrensgenauigkeit her gesehen könnte unser Planetensystem bei Berücksichtigung nur der Planetenmassen in 100 Jahren mit einem Positionsfehler von ca. 1e-15 des zurückgelegten Weges berechnet werden. Für die Erde macht das dann ca. 0,1 m aus.

    Leider gibt es offenbar noch weitere reale Einflüsse, welche bei Nichtberücksichtigung dann bewirken, daß dieser Fehler bereits nach Minuten erreicht ist.

    Selbst die NASA kocht hier nur mit Wasser, obwohl in ihren veröffentlichten Prognosedaten bestimmt alles berücksichtigt ist, was sie kennen. Wenn man dann z.B. die Position eines Planeten für einen bestimmten Zeitpunkt wissen will, wird man sich wundern, wo derselbe Planet zur selben Zeit fünf Jahre später bei der NASA verortet wird!

    Beispiel:

    Mars:!barycenter, abgerufen Juni 2011 für
    2455723.500000000 = A.D. 2011-Jun-11 00:00:00.0000 (TDB)

    DATA 1.190973024252397E+00, 8.006864890894152E-01, -1.254601319182431E-02
    DATA -7.254907253325812E-03, 1.281354742851008E-02, 4.467717205177619E-04

    Mars:!barycenter, abgerufen Anfang 2016 für ebenfalls Jun-11 00:00:00.0000 (TDB)

    DATA 1.190973024320600E+00, 8.006864864652704E-01 ,-1.254600533918836E-02
    DATA -7.254907249639843E-03 , 1.281354744651116E-02, 4.467718007327638E-04

    Die 1. Zeile sind Positionsdaten (X, Y, Z) in astronomischen Einheiten und die 2. Zeile sind Geschwindigkeiten (vx, vy, vz).

    Ich stelle nun die Positionsdaten untereinander und kennzeiche den Abweichungsbeginn:

    DATA 1.190973024 252397E+00, 8.0068648 90894152E-01, -1.25460 1319182431E-02
    DATA 1.190973024 320600E+00, 8.0068648 64652704E-01 ,-1.25460 0533918836E-02

    Nun bin ich noch so nett, daß ich alles miteinander verrechne und die Differenzen nach 5 Jahren für den 11. Juni 2011 “vorstellbar” angebe:

    Positionsdifferenz: 1234 m
    Geschwindigkeitsdifferenz: 0,142 mm/s

    Die Geschwindigkeit betrug dabei 25405 m/s

    Das Beispiel war übrigens nicht extrem gewählt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß bei Prognoserechnung auch nur für wenige Monate im Voraus mit einem einfachen 10-Planetenmodell die Abweichungen zu den prognostizierten NASAdaten “gigantisch” sind. Dies bedeutet, die NASA berücksichtig noch sehr viel mehr Einflüsse.

  13. #13 klaus
    9. April 2016

    Da ich noch ein paar weitere Daten für den 11. Juni 2011 habe, hier noch die restlichen Vergleichsdaten nach 5 Jahren.

    Sonne:
    dP: 202,8 m
    dv: 0,0046 mm/s

    Merkur:
    dP: 1189 m
    dv: 2,20 mm/s

    Venus:
    dP: 1091 m
    dV: 0,024 mm/s

    Erde:
    Da weiß ich, wo ich war. Nee, hierfür habe ich leider einen Datenfehler, aufgrund dessen ich überhaupt noch einmal mir die Daten für den 11. Juni 2011 geholt habe und all dies bemerkt habe.

    Mars:
    dP: 1234 m
    dV: 0,142 mm/s

    Jupiter:
    dP: 219005 m
    dV: 906 mm/s

    Saturn:
    dP: 776597 m
    dV: 1337 mm/s

    Uranus:
    dP: 2146 km
    dV: 57 mm/s

    Neptun:
    dP: 4025,8 km
    dV: 913 mm/s