Der Oktober ist zu Ende und diverse Feiertage finden statt. Ideal, um mit ein paar Büchern ein bisschen zu entspannen. Ich lese aber nicht nur an Feiertagen sondern mehr oder weniger täglich und so wie am Ende eines jeden Monats möchte ich auch heute wieder die Bücher vorstellen, die ich im Oktober gelesen habe. Diesmal geht es um das Ende der Dinge; sowohl in Sachbüchern als auch in Romanen…
Death’s End
Hurra! Die Trilogie der Drei Körper ist endlich zu Ende. Ich freue mich aber nicht deswegen, weil es so grauenhaft war und endlich vorbei ist, sondern weil die Geschichte um die es geht enorm spannend und ich ebenso enorm gespannt auf das Ende war. “Death’s End” von Liu Cixin ist der dritte Teil seiner “Dreikörperproblem”-Serie. Ich habe über den ersten und den zweiten Teil schon berichtet und der erste Teil wird demnächst auch auf deutsch erscheinen.
Diejenigen die schon die ersten beiden Bände gut gefunden haben müssen gar nicht erst weiterlesen, denn denen muss ich nicht mehr erzählen, dass auch der dritte Band gut war. Ich will auch generell nicht zu viel verraten. Aber es ist ein tolles Buch! Der erste Teil der Serie war zwar voll mit Aliens und anderer klassischer Science-Fiction. Aber er hat auch fast ausschließlich in der Vergangenheit und Gegenwart gespielt und teilweise eher einem Krimi oder Cyberpunk-Roman geähnelt als normaler Science-Fiction. Das hat sich im zweiten Teil geändert und die Transformation zu phänomenaler Science-Fiction ist im dritten Band endgültig vollzogen. Nachdem die Invasion der Aliens von Alpha Centauri am Ende des zweiten Teils in einer seltsamen Variante der atomaren Abschreckung ihr vorläufiges Ende gefunden hat, wird es im dritten Buch richtig spektakulär. Von der Gegenwart reicht die Handlung bis in die fernste Zukunft. Die Menschheit muss versuchen, im “Dark Forest” des Universums zu überleben; in der überraschend harten Realität des Kosmos, in der keine freundlichen Zivilisationen auf diejenigen warten die Kontakt suchen, sondern nur absolute Zerstörung. Bei diesem Versuch entwickelt sich die Menschheit zu einer klassischen Science-Fiction-Zivilisation, die das Sonnensystem erobert. Aber ob es am Ende wirklich hilft?
Interessant fand ich vor allem die Spekulationen über die Frage, ob das Weltall so ist wie es ist, weil es darin Leben gibt oder nicht. Und die Ergebnisse dieser Spekulation, die Cixin findet sind enorm faszinierend. Ich habe selten eine so originelle Geschichte gelesen wie die der Dreikörper-Serie. Lest sie. Lest sie unbedingt!
Das Ende von Vulkan
Eine andere sehr faszinierende Geschichte erzählt Tom Levenson in “The Hunt for Vulcan: How Albert Einstein Destroyed a Planet and Deciphered the Universe”. Sie hat allerdings den Vorteil, keine Science-Fiction sondern real zu sein.
Über Levensons faszinierende Geschichte über Isaac Newton und seinen Kampf gegen die Geldfälscher habe ich schon früher berichtet. Jetzt hat er sich ein neues Thema ausgesucht: Den Planet Vulkan. Nein, nicht die Heimat von Mr. Spock aus der Fernsehserie Raumschiff Enterprise. Sondern einen Himmelskörper in unserem Sonnensystem, von dessen Existenz man lange Zeit ziemlich überzeugt war. Ich habe früher schon ein wenig darüber berichtet; so spannend und detailliert wie das Buch von Levenson waren meine Artikel aber nicht.
Es geht um eine der Sternstunden der klassischen Astronomie, um den Höhepunkt der Himmelsmechanik. Nur allein durch eine absurd komplexe mathemathische Analyse der Störungen in der Umlaufbahn des Planeten Uranus gelang es dem französischen Astronomen Urbain Le Verrier im 19. Jahrhundert die Existenz eines weiteren Planeten vorherzusagen und dessen Entdeckung zu initieren. Dieser Planet – Neptun – demonstriert den Höhepunkt der Newtonschen Mechanik und das tiefe Verständnis, das man daraus über das Universum gewonnen hatte. Oder gewonnen zu haben glaubte. Denn als Le Verrier die gleiche Technik zur Erklärung der Störungen in der Umlaufbahn des Merkur anwandte, stieß er auf Probleme. Auch hier schien ein noch unbekannter Planet die beste Lösung zu sein. Er wurde “Vulkan” genannt und die Astronomen machten sich auf die Suche. Viele verkündeten die Entdeckung; und nie konnte man seine Existenz einwandfrei bestätigen. Die Lösung des Problems gelang erst einem anderen Wissenschaftler mit einer völlig anderen Methode: Albert Einstein.
Wer sich für die Geschichte der Astronomie interessiert, hat sicher schon einmal von Vulkan gehört. Aber so schön erzählt wie in Levensons Buch habe ich diese Geschichte noch nie gehört. Er beschreibt das Leben der Protagonisten – Pierre-Simon Laplace, Urbain Le Verrier, Albert Einstein, usw – lebendig und anschaulich und schafft es, ein so mathematisches und abstraktes Thema wie die Himmelsmechanik frisch und verständlich darzustellen. Die Geschichte von Vulkan ist eine Geschichte über den Erfolg der wissenschaftlichen Methode; ein Erfolg, der wie so oft auch maßgeblich auf Irrtümern und der Fähigkeit damit umzugehen basiert. Pflichtlektüre für alle, die sich für Astronomie interessieren!
Die Wissenschaft von Game of Thrones
Wissenschaft und die Fantasy-Serie mit all den Drachen, den Eiszombies und dem Inzest? Passt das zusammen? Wunderbar – ich habe selbst ja schon über die Astronomie von Westeros geschrieben und es gibt noch viel mehr zu erzählen.
Und wenn jemand wie Helen Keen das tut, ist es auf jeden Fall interessant. Die Kabarettistin interessiert sich für Wissenschaft und baut ihre Programme auch regelmäßig auf wissenschaftlichen Themen auf. Beziehungsweise hält spannende und unterhaltsame Vorträge zu diesem Thema; wie zum Beispiel diesen hier:
Sie hält aber nicht nur tolle Vorträge, sondern hat auch ein ebenso tolles Buch geschrieben: “The Science of Game of Thrones: A myth-busting, mind-blowing, jaw-dropping and fun-filled expedition through the world of Game of Thrones”. Es ist höchst erstaunlich, was Keen für Verbindungen zwischen der Fantasy-Serie und der realen Wissenschaft gefunden hat. Da geht es um modernste Gentechnik und die Frage ob dadurch irgendwann mal echte Drachen entstehen könnten. Um Chemie und Alchemie; um Psychologie und die Geschichte echter und eingebildeter Zombies. Natürlich geht es auch um die Astronomie, aber auch um Physik (Wie zum Beispiel kann man so eine riesige Mauer aus Eis bauen?). In einer Welt in der so viel gekämpft wird, müssen natürlich auch Schwerter erwähnt werden und das macht Keen ausführlich, wenn sie sich über Metallverarbeitung Gedanken macht und erklärt, wie man so etwas wie valyrischen Stahl tatsächlich produzieren kann.
Das Buch ist wirklich hervorragend; faszinierende wissenschaftliche Ideen und Verknüpfungen wechseln sich mit humorvollen Beobachtungen und Witzen ab und damit sichergestellt wird, dass alles wissenschaftlich fundiert ist, lässt Keen auch immer wieder Forscherinnen und Forscher aller Disziplinen zu Wort kommen.
Ich hab mich besonders über das Buch gefreut, da nicht nur Helen Keen das humoristische und wissenschaftskommunikative Potential von Game of Thrones aufgefallen ist, sondern auch den Science Busters mit denen ich im nächsten Jahr im Rahmen der Show “Winter is coming” auf den Theaterbühnen von Österreich und Deutschland die Wissenschaft von Game Thrones betrachten werde. Neben mir werden auch die Verhaltensbiologin Elisabeth Oberzaucher und der Mikrobiologe Martin Moder ihren eigenen Blick auf die Fantasywelt werfen.
Was ich sonst noch gelesen habe
- “The Long Cosmos” von Terry Pratchett und Stephen Baxter. Der erste Band der hervorragenden Multiversumsserie ist schon vor einigen Jahren erschienen (ich habe damals berichtet). Mit dem fünften Band ist die Serie von Terry Pratchett und Stephen Baxter nun zu Ende. Obwohl Pratchett leider schon verstorben ist, hat er mit Baxter noch an dem Buch gearbeitet und man erkennt Pratchetts typischen Stil immer noch. Das Buch selbst ist ein würdiger Abschluss: Nachdem in den vorherigen Bände die Parallelerden in epischer Breite erforscht wurden, geht es nun hinaus in den Kosmos und ein Universum, das größer und vielfältiger ist als man dachte. Ohne die ersten vier Bände gelesen zu haben macht die Lektüre wenig Sinn. Aber wer die Serie kennt, wird den letzten Teil auf keinen Fall verpassen wollen.
- “Hartland: Zu Fuß durch Amerika” von Wolfgang Büscher. Auf dieses Buch bin ich zufällig in einer Wanderzeitschrift gestoßen. Eine Wanderung durch die USA zu Fuß klang interessant. War es dann aber nur bedingt. Erstmal wandert Büscher gar nicht so viel wie der Titel vermuten lässt. Er reist zwar tatsächlich von der kanadischen zur mexikanischen Grenze mitten durch die USA. Aber nicht nur zu Fuß sondern auch mit dem Auto und dem Bus. Dazwischen erfährt man einiges über die Kriege mit den amerikanischen Ureinwohnern, deren heutiges Schicksal, den Bürgerkrieg und andere amerikanische Geschichte. Ich fand das Buch aber trotzdem irgendwie ein wenig oberflächlich – und den Stil und die Sprache von Büscher ein wenig überzogen.
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