Im Dezember habe ich mich bei meiner Lektüre ein wenig zurück gehalten und so gut wie komplett auf Sachbücher verzichtet. Ich habe mich ganz einer einzigen Autorin und einem einzigen Thema gewidmet: Jodi Taylor und den Zeitreisen. Um aber gleich zu Beginn einen falschen Eindruck zu vermeiden: Nein, mit klassischer Science-Fiction hat das alles so gut wie gar nichts zu tun.

Jodi Taylor kommt aus Großbritannien (und sicherheitshalber sage ich euch gleich, wo ihr ihre Homepage finden könnt; es gibt nämlich auch eine Pornodarstellerin gleichen Namens, wie ich bei meiner Recherche festgestellt habe – die schreibt aber mWn keine Bücher). Und in Großbritannien spielen auch ihre Bücher. St Mary’s ist ein wissenschaftliches Institut einer Universität und dort arbeiten Historiker. So weit, so normal. Nicht normal dagegen ist die Tatsache, dass diese Historiker ein paar Zeitmaschinen besitzen und so die Vergangenheit aus erster Hand erforschen können! Quasi “Star Gate” für Historiker – eine eigentlich äußerst geniale Idee, die leider nicht ganz so genial umgesetzt wurde wie sie es verdient hat.

JodyTaylor

Hauptperson ist die Historikerin Maxwell, die mit ihren Kollegen quer durch die Geschichte reist. Zur Schlacht um Troja, zu den Dinosaurieren, zur Schlacht zwischen Spartanern und Persern, nach Cambridge zu Isaac Newton, zu Cäsar und Kleopatra, zur Londoner Weltausstellung, in die Bibliothek von Alexandrina, und so weiter. Mal sind es historische Ereignisse die jeder kennt, mal ein wenig unbekanntere Daten – aber immer geht dabei etwas schief. Klar, ansonsten wäre die Geschichte ja auch langweilig. Folgende Bücher gehören zu der Serie:

Und dann gibt es auch noch einen Schwung Kurzgeschichten (ich hab sie so nummeriert das man erkennt, wo sie handlungsmäßig zu den Büchern passen):

Wie gesagt: Mit Science-Fiction hat das nichts zu tun. Die Technik der Zeitmaschinen wird nur sehr vage am Rande erwähnt und auch ansonsten taucht kaum etwas von dem auf, was man normalerweise in Zeitreiseromanen erwarten würde. Die Bücher leben eher vom Personal; von den vielen skurillen, absurden und durchaus sympathischen Mitgliedern des historischen Instituts und deren Interaktion. Die Bücher sind deutlich humorvoller als andere aus diesem Genre und wenn man ein paar Bände gelesen hat, gewinnt man die Figuren richtig lieb. Auch die Auswahl und die Beschreibung der historischen Ausflüge ist immer interessant und es macht Spaß sie zu lesen.

Trotz allem (und ich kann die Lektüre durchaus empfehlen) bin ich nicht ganz zufrieden. Ich weiß nicht genau, was für ein Verlag Accent Press ist (bei dem die Bücher erschienen sind), aber ich habe das Gefühl man hätte sich dort besser um die Bücher kümmern können. Taylor schreibt oft etwas unfokussiert und ein wenig mehr interne Konsistenz hätte den Büchern gut getan. Dass die Zeit in der die Geschichte spielt vage bleibt (irgendwann in naher Zukunft, nach einem Bürgerkrieg in Großbritannien) kann man ja noch verschmerzen. Aber wenn man sich schon die Mühe macht, die Handlung in die nahe Zukunft zu verlegen, dann sollte man auch ein klein wenig darauf eingehen. Die Welt in der St Mary’s seiner Arbeit nachgeht, spielt aber so gut wie nie eine Rolle; alles wirkt wie exakt aus unserer Gegenwart entnommen. Mit Ausnahme von ein paar Gadgets (Betäubungspistolen, 3D-Holovideos, “Data Stacks”, usw) die aber ebenfalls nicht wirklich gedanklich ausformuliert sind sondern eher wie ein Hilfsmittel wirken, mit denen sich die Autorin ein paar nerviger Handlungsprobleme entledigt.

Ganz besonders gilt das mit der fehlenden Konsequenz aber für die eigentliche Handlung: Die Sache mit den Zeitreisen. Da stößt man immer auf Paradoxien und die sollte man zumindest irgendwie thematisieren. Das passiert in gewissen Sinne auch, aber nicht in dem Ausmaß in dem ich mir das gewünscht hätte. Viele der Geschichten drehen sich darum, dass in der Vergangenheit irgendwelche Veränderungen vermieden oder rückgängig gemacht werden müssen. Weil das angeblich so schlimme Folgen hat. Aber dann greifen Maxwell & Co selbst ständig munter in die Geschichte ein und nichts passiert. Und dann werden immer wieder Handlungselemente eingeführt, kurz ausprobiert und dann wieder fallen gelassen. Nach ein paar Bänden taucht plötzlich eine “Zeitpolizei” auf; spielt eine sehr wichtige Rolle und verschwindet in den nächsten Bücher wieder weitestgehen in der Versenkung. Am Ende von Band 3 und zu Beginn von Band 4 führt Taylor einen enorm fundamentalen Plottwist ein, aus dem man sehr viel machen hätte können; der aber ab Band 5 ebenso komplett ignoriert wird. Und dann sind da die immer wieder auftauchenden mythischen/Fantasy-Elemente, die auch nicht so wirklich passen. Was ist das jetzt mit der “Muse” der Geschichte, die immer wieder mal mehr oder weniger magisch eingreift? Was sollte das mit Jack the Ripper – interessiert keinen, wie das aufgelöst wird? Was ist mit Arthur und der Druiden-Magie? Magie und Zauberei kann man ja durchaus sehr gut in Sci-Fi/Fantasy-Romanen unterbringen – aber dann muss das eben auch mit einer gewissen Planung und Konsequenz erfolgen. Taylor setzt diese Elemente so gut wie immer nur als “Deus ex machina” ein, ohne sich mit den Hintergründen oder Konsequenzen zu beschäftigen. Oft wiederholen sich auch Handlungselemente und die Geschichten werden ein wenig vorhersehbar – jedesmal wenn sich Taylor die Mühe gibt zu beschreiben, wie ruhig und friedlich irgendein historischer Einsatz beginnt weiß man genau: Gleich folgt das große Chaos…

Die Bücher hätten ein energisches Lektorat benötigt das all diese Unstimmigkeiten in der Handlung beseitigt; dann wären die St Mary’s Bücher wirklich großartig und hätten das Zeug zu Bestsellern inklusive Hollywood-Verfilmung und allem was dazu gehört! Dass ich trotz all meiner Meckerei alle Bücher gelesen habe und sie euch immer noch empfehle zeigt aber, dass der Rest wirklich Spaß macht. Wenn man sich nicht allzu sehr über die Inkonsequenzen ärgert sondern sich auf die Personen, die historischen Ereignisse und den Humor konzentriert sind es schöne Bücher die man leicht und locker lesen kann. Wer sich über die Feiertage nicht sonderlich anstrengen und ein paar entspannte Stunden mit leichter Lektüre verbringen will: Die St-Mary’s-Serie von Jodi Taylor ist dafür ideal!

Damit enden die Buchempfehlungen für dieses Jahr. Aber das nächste kommt ja bald. Und auch da wird wieder gelesen! Auf welche Neuerscheinungen freut ihr euch besonders? Was muss man 2017 unbedingt gelesen haben? Ich freue mich wie immer sehr über eure Kommentare und Empfehlungen!
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Kommentare (9)

  1. #1 Dampier
    29. Dezember 2016

    Da muss ich an ein altes Jugendbuch denken, das ich vor Urzeiten mal gelesen habe: Die Truhe des Herrn Sinzelius (1953). Es handelt von einem Schüler im Hamburg der Nachkriegszeit, der den wunderlichen Herrn Sinzelius kennenlernt. Dieser besitzt eine Truhe mit historischen Kostümen und Trachten. Wenn man eines der Kostüme anzieht, wird man in die entsprechende Zeit versetzt … so betreiben die Protagonisten, genau wie in den hier vorgestellten Büchern, historische Forschung direkt vor Ort.
    Ich erinnere mich nur noch vage an die Geschichten, fand es aber damals sehr spannend und lehrreich.

  2. #2 Elena Peters
    29. Dezember 2016

    Es hat mich schon sehr negativ überrascht, dass Sie als promovierter Zeitgenosse, der nicht nur Bücher anderer Autoren rezensiert, sondern auch selbst welche verfasst, nicht in der Lage ist, selbst die einfachsten Regeln der Kommasetzung zu beherrschen. So vermisste ich beim schnellen Überfliegen des Textes bereits fast 20 Kommas/Kommata (deren korrekter Gebrauch die Lesbarkeit durchaus verbessert hätte) – und dann wird bei der Buchbesprechung moniert, man habe sich verlagsseitig nicht genügend um den Text gekümmert… FAZIT:
    Wenn schon Hochgebildete Schwierigkeiten bei der Zeichensetzung haben, sollte man die armen Schüler damit am besten gar nicht mehr behelligen, oder was?

    Mit resignierten Grüßen
    E. Peters

  3. #3 Paul
    29. Dezember 2016

    @Elena Peters: Stimmt, es finden sich tatsächlich diverse Kommafehler und schrecklicherweise immer wieder ein falsches “das” bzw. “dass” in Florians Artikel. Shocking!

    Ihnen ist aber schon der Unterschied zwischen einem lektorierten Buch und einem Blogbeitrag bekannt?

    Lesen Sie doch einmal eines von Florians Bücher und untersuchen es auf korrekte Rechtschreibung.

    Schauen Sie sich übrigens die Liste seiner Veröffentlichnungen an (Blog, Podcast, Artikel in Printmedien, Bücher und nicht zu Vergessen Auftritte auf der Bühne).

    Meiner Meinung nach kommt es hier beim Blog auf wissenschaftlich korrekte und interessant geschriebene Artikel an. Deshalb jedenfalls lese ich diesen Blog; nicht um meine Rechtschreibung zu verbessern.

    Sollten Sie Rechtschreibfehler in meinem Kommentar finden: behalten Sie es für sich.

    Mit ratlosen Grüßen
    Paul

  4. #4 Dietmar
    30. Dezember 2016

    @Elena Peters: Wer inhaltlich nichts zu sagen hat, zieht sich an Oberflächlichkeiten hoch. Bei dem Output sind das sehr wenig Fehler in den Texten.

  5. #5 Florian Freistetter
    30. Dezember 2016

    @Elena: “nd dann wird bei der Buchbesprechung moniert, man habe sich verlagsseitig nicht genügend um den Text gekümmert”

    Ein Buch ist auch ein anderes Medium als ein Blog. In meinen Büchern werden sie auch keine Kommafehler finden. Im Blog gibt es dagegen keinen Lektor.

  6. #6 peer
    31. Dezember 2016

    Es erschreckt mich immer wieder, dass Leute Kommasetzung mit Inhalt verwechseln.

  7. #7 Dampier
    31. Dezember 2016

    Was aber die Kommas betrifft, so beruhige ich mein Gewissen immer mit einem Satz des alten Wieland, der besagt, Religion und Interpunktion seien Privatsache.

    (angeblich von Goethe – Wikiquote kennt es aber nicht … egal, passt.)

  8. #8 Smok Danek
    2. Januar 2017

    Nicht vergessen: Doctor Who war ursprünglich von der BBC als unterhaltsame, populär-historische Sendung geplant, in der der Protagonist seine Mitreisenden in verschiedene Epochen mitnimmt und alle schauen, wie es denn gewesen sein mag. Das war 1963. In der, glaub ich, zweiten Folge, mit den Steinzeitmenschen, hat es noch einigermaßen geklappt. Aber die dritte spielte schon auf Skaro, introducing the Daleks, und das war’s dann mit den guten Vorsätzen. 🙂

  9. […] Beispiel die Zeitreise-Bücher von Connie Willis. Wer sich noch an die Buchempfehlungen von Dezember 2016 erinnert, erinnert sich auch noch an die Zeitreise-Serie von Jodi Taylor. Die handelt von […]