Gestern wurde die Entdeckung von sieben erdähnlichen Planeten bekannt gegeben, die alle einen 40 Lichtjahre entfernten roten Zwergstern umkreisen. Es handelt sich um eine großartige Entdeckung und warum sie so großartig ist habe ich ausführlich erklärt. Sie ist aber ganz definitiv nicht darum großartig, weil auf diesen sieben Planeten ähnlich lebensfreundliche Bedingungen wie auf der Erde herrschen.
In den letzten Jahren haben Astronomen immer wieder erdähnliche Planeten entdeckt, die andere Sterne umkreisen. Fast immer waren irreführende bzw. falsche Berichte in den Medien die Folge, in denen diese Planeten als “so wie unsere Erde” dargestellt worden sind. Das ist sogar nachvollziehbar:
Hört man nun irgendwo den Satz “Erdähnlicher Planet bei anderem Stern gefunden”, dann klingt das für Leute ohne astronomisches Hintergrundwissen ziemlich genau so, als hätte man einen Planet entdeckt, der genau so ist wie unsere Erde. Also auch genau so lebensfreundlich und eine potentielle Heimat außerirdischer Lebewesen.
Das Problem an der Sache ist der Unterschied zwischen wissenschaftlicher Fachsprache und der alltäglichen Verwendung von Worten. In der Astronomie hat der Begriff “erdähnlicher Planet” eine ziemlich genau Bedeutung die aber nicht der alltäglichen Bedeutung entspricht. Wenn es um Planeten geht, dann unterscheiden die Wissenschaftler grob zwei unterschiedliche Klassen. Es gibt “erdähnliche Planeten” und es gibt “Gasriesen” bzw. “jupiterähnliche Planeten”. Anstatt “erdähnlicher Planet” wird auch manchmal “terrestrischer Planet” oder “Gesteinsplanet” verwendet und wenn es um die Kommunikation mit der Öffentlichkeit geht, wäre das eigentlich die bessere, weil weniger missverständlichere Wahl.
Denn als “erdähnlicher Planet” wird ein Himmelskörper immer dann bezeichnet, wenn er eine feste Oberfläche hat, ausreichend groß (also kein kleiner Felsbrocken wie zum Beispiel ein Asteroid ist) und hauptsächlich aus Gestein/Metall besteht (den Unterschied zwischen “Planet” und “Mond” lasse ich jetzt erst mal außen vor). In unserem Sonnensystem gibt es vier Gasriesen – Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun – und vier erdähnliche Planeten: Merkur, Venus, Mars und die Erde.
Das zeigt auch schon, dass der Begriff “erdähnlicher Planet” nicht die Bedingungen auf der Oberfläche des Planeten aussagt. Der Mars ist eine lebensfeindliche Eiswüste; die Venus eine ebenso feindliche Gluthölle mit dicker, giftiger Atmosphäre und der Merkur eine kleine, von Kratern übersäte leblose Welt ohne Atmosphäre. Auf jedem dieser Planeten herrschen ganz unterschiedliche Bedingungen und nirgendwo ist es so wie auf der Erde. Aber alle vier Planeten haben eine feste Oberfläche, eine Kruste/einen Mantel aus Gestein und einen Kern aus Metall. Das macht sie zu “erdähnlichen Planeten”, die sich deutlich von den großen Gasplaneten ohne feste Oberfläche des äußeren Sonnensystems abgrenzen.
Man kann die Himmelskörper auch noch weiter unterteilen; man kann Uranus und Neptun zum Beispiel als “Eisriesen” klassifizieren, weil sie viel kälter sind als Jupiter und Saturn; man kann die Kategorie der “Zwergplaneten” benutzen (auch wenn sie unsinnig ist) um kleinere Himmelskörper wie Pluto oder Ceres zu beschreiben. Unter den Planeten anderer Sterne haben wir Typen von Planeten entdeckt, die es bei uns gar nicht gibt. “Supererden” (erdähnliche Planeten die größer als die Erde sind) zum Beispiel. Oder “Heiße Jupiter” (Gasriesen die sich sehr nahe an ihrem Stern befinden). Es gibt jede Menge Arten wie man Planeten klassifizieren kann und “erdähnliche Planeten” sind eine dieser Klasse.
Wie schon gesagt: Die Wortwahl ist nicht unbedingt optimal wenn es um die Kommunikation mit der Öffentlichkeit geht. Man kann den Leuten nicht vorwerfen, dass sie die falschen Schlüsse ziehen, wenn sie von der Entdeckung erdähnlicher Planeten hören. Man kann allerdings den Wissenschaftlern vorwerfen, dass sie diesen Begriff verwenden, ohne ihn ausreichend zu erklären. Und vor allem kann man den Medien vorwerfen, dass sie diesen Begriff ebenso unkritisch benutzen und ihn leider oft genug mit Schlussfolgerungen in Verbindung bringen, die damit nichts zu tun haben. Es wäre nicht schwer in den Berichten über die Entdeckung erdähnlicher Planeten zu erklären, was das bedeutet und vor allem, was es nicht bedeutet. Seriöser und guter Wissenschaftsjournalismus tut das auch – genau das ist ja sein Job: Fachbegriffe verständlich zu erklären, einzuordnen und Missverständnisse aufzuklären und zu vermeiden. “Erdähnliche Planeten” sind ja bei weitem nicht der einzige Fall, bei dem so etwas nötig ist…
Astronomen werden auch weiterhin nach erdähnlichen Planeten bei anderen Sternen suchen. Sie werden auch in Zukunft erdähnliche Planeten; vermutlich viel mehr als sie bis jetzt gefunden haben. Diese Planeten werden höchst interessant sein; wir werden viel über das Universum lernen, in dem wir leben. Und irgendwann wird einer dieser erdähnlichen Planeten vielleicht tatsächlich “so wie die Erde” sein und entsprechend lebensfreundliche Bedingungen haben. Wenn wir genug solcher Planeten entdeckt haben, können wir eine weitere Kategorie einführen, zum Beispiel die “habitablen Planeten” oder die “lebensfreundlichen Planeten”. Und bis dahin sollten Wissenschaftler und Medien vielleicht nicht so leichtfertig mit missverständlichen Begriffen wie den “erdähnlichen” Planeten umgehen…
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