Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) veröffentlicht auf ihrer Homepage eine Artikelserie mit dem Titel Campusköpfe. Darin werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgestellt. Eine Geige spielende Professorin, ein Dezernatsleiter mit Schottland-Leidenschaft, ein backender Student: Interessante Geschichten und eine nette Idee um die die Universität vorzustellen. Der aktuelle Artikel aus dieser Serie irritiert mich allerdings ein wenig. Unter dem Titel “Mit einem guten Draht zu den Sternen” (WebCite) wird dort eine Sekretärin porträtiert, die im Nebenjob als Astrologin arbeitet.
Das ist natürlich weder verboten, noch prinzipiell verwerflich. Leute, die sich privat oder professionell mit Esoterik beschäftigen gibt es genug. Und man muss (und kann) sich nicht über alle ärgern, selbst wenn man – so wie ich – die Astrologie und andere Esoterik für nicht ganz so harmlos hält wie sie oft dargestellt wird. Und eigentlich hätte ich mich auch nicht groß über den Artikel der RUB aufgeregt. Mich aber dann entschieden, doch ein wenig darüber hier in meinem Blog zu schreiben. Denn ein paar Sachen stören mich an der Sache wirklich.
Zum einen der einleitende Text des Artikels:
“Astronomen erforschen bekanntlich das Weltall und die Sterne. In der Verwaltung gibt es eine Mitarbeiterin, die versucht, die Sterne zu deuten. Barbara Grundei arbeitet in der Schwerbehindertenvertretung der RUB als Sekretärin. In ihrem Nebenjob erstellt sie Horoskope. Im Interview erzählt Grundei, wie sie dazu gekommen ist und warum sie nicht immer auf die Sterne hört.”
Im Originlartikel auf der RUB-Homepage ist das “Horoskope” im Text verlinkt und der Link führt direkt zu Grundeis “Praxis für Astrologie & Energiearbeit”. Es ist eine Sache, wenn eine Universität die Hobbies ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellt. Es ist eine andere Sache, wenn diese Portraits dann durch solche Links gewissermaßen auch als Werbung für die Nebentätigkeiten benutzt werden. Und es ist eine völlig andere Sache, wenn eine Universität auf diese Weise eine Pseudowissenschaft wie die Astrologie bewirbt.
Der Rest des Artikels lässt leider auch jede kritische Distanz vermissen. Auf die Frage nach dem Sternzeichen der Mitarbeiterin wird zum Beispiel nachgefragt: “Welche markanten Charakterzüge zeichnet Ihr Sternzeichen aus?” Und auch im Rest des Textes gibt es keinerlei Abgrenzung zwischen Astrologie und echter Wissenschaft. Für so etwas stellt eine Artikelreihe wie “Campusköpfe” ja auch das komplett falsche Format dar. Umso mehr habe ich mich dann auch über die Kommentare der RUB gewundert, die ich via Twitter bekommen habe:
@astrodicticum Wir finden, dass gerade eine Uni die Astrologie von der Astronomie abgrenzen sollte. Das geht nicht, ohne die Astrologie zu erklären. ^tst
— Ruhr-Universität (@ruhrunibochum) 5. April 2017
Ich finde natürlich auch, dass eine Universität die Astrologie von der Astronomie abgrenzen soll. Und stimme zu, dass man dazu die Astrologie auch verstehen und erklären muss. Aber ich sehe nicht, wo das hier passiert ist. Der Text auf der RUB-Homepage erklärt nichts und grenzt schon gar nicht, sondern gibt der Astrologin/Sekretärin kritiklos die Möglichkeit, über den Wert ihrer Nebentätigkeit zu sprechen.
Ich sage es sicherheitshalber noch einmal: Ich habe kein prinzipielles Problem damit, dass die RUB auf ihrer Homepage davon erzählt, dass eine ihrer Mitarbeiterinnen sich mit Astrologie beschäftigt. Jeder Mensch – auch jeder Mensch der an einer Uni arbeitet – hat irgendeine irrationale Seite. Das liegt daran das wir Menschen sind und diese menschlichen Aspekte sollen gerne und gerade auch bei Berichten über die Wissenschaft dargestellt werden. Ich habe aber ein Problem damit, wenn die Homepage einer Universität dazu verwendet wird, die astrologische Nebentätigkeit einer Mitarbeiterin auf diese Art kritiklos darzustellen und zu bewerben.
Bei Twitter hat der freie Journalist Hans Zauner folgendes angemerkt:
“
@astrodicticum @ruhrunibochum V. a. eine verpasste Chance f interessantes Interview. Aberglaube & Uni-Angestellte. Wie das zusammengeht, hätte man thematisieren können.
— Hans Zauner (@HansZauner) 5. April 2017
“
Ja, man hat hier tatsächlich die Chance verpasst, die eigentlich interessanten Aspekte heraus zu greifen. Man hätte durchaus ein für die Campusköpfe passendes Interview führen können, ohne dabei die Astrologie so naiv darzustellen. Das hat man leider nicht getan. Das ist schade – und einer Universität nicht angemessen.
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