Da ja heute große Teile der Leserschaft das Glück haben einen Feiertag inklusive langem Wochenende begehen zu können (hier in Jena ist ein normaler Arbeitstag) habe ich etwas zum Nachdenken für euch rausgesucht falls euch bei all der freien Zeit plötzlich langweilig werden sollte. Und worüber könnte man besser nachdenken als über die mathematische Logik!
Dass die Mathematik großartig und vor allem auch ein großartiges Werkzeug ist habe ich schon oft erzählt (und erzähle es jede Woche aufs Neue). Das liegt vor allem auch an ihrer Fähigkeit absolut gültige und verbindliche Aussagen machen zu können. Die Naturwissenschaft kann das nicht, sie kann nur möglichst plausible und gut belegte Theorien aufstellen die aber im Prinzip alle immer widerlegt und durch noch bessere Theorien ersetzt werden können. In der Naturwissenschaft kann man nur einwandfrei feststellen ob etwas falsch ist. In der Mathematik aber kann man darüber hinaus auch ebenso einwandfrei beweisen das etwas richtig ist.
Aber dann kam der österreichische Logiker Kurt Gödel und hat einen recht großen Knüppel in das Getriebe der Mathematik geworfen. In seinem “Unvollständigkeitssatz” aus dem Jahr 1931 hat er behauptet das es mathematische Aussagen gibt die zwar einerseits richtig sind bei denen es aber unmöglich ist auch zu beweisen das sie richtig sind. Und zwar nicht weil die Mathematiker zu blöd dafür sind, sondern weil es prinzipiell nicht geht. Die Mathematik ist nicht mächtig genug um diese unentscheidbaren Sätze zu beweisen. Eine starke Aussage – und noch dazu die Gödel mathematisch einwandfrei beweisen konnte!
Nehmen wir zum Beispiel die berühmte Goldbach-Vermutung: “Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist Summe zweier Primzahlen.”. Klingt simpel, ist leicht zu verstehen und trotzdem seit 1742 unbewiesen. Nun kann es durchaus ein wenig länger dauern bis eine mathematische Aussage einwandfrei bewiesen oder widerlegt ist; beim Satz von Fermat hat es 350 Jahre gedauert. Es kann aber auch sein dass Goldbachs Vermutung genau so eine unentscheidbare Aussage ist von der Gödel gesprochen hat. Dann können wir uns noch so sehr anstrengen einen Beweis ihrer Gültigkeit zu finden und werden trotzdem keinen Erfolg haben. Und – das ist das hinterhältige – selbst dann wenn die Goldbach-Vermutung völlig richtig ist.
Der englische Mathematiker Marcus du Sautoy fasst die Bedeutung und die Auswirkungen von Gödels Arbeit in diesem Video noch einmal zusammen:
Und wer sich jetzt denkt: “Moment! Das ist irgendwie komisch – Gödel muss sich geirrt haben!” und der Meinung ist er/sie könne das mal eben mit ein paar Sätzen im Kommentarbereich beweisen… dann solltet ihr berücksichtigen dass es sich hier um ein wirklich komplexes Thema handelt das sich nur sehr schwer kurz, knapp und allgemeinverständlich darstellen lässt. Ich erinnere mich noch wie ich mir selbst zu meinem 20. Geburtstag im Jahr 1997 das hervorragende Buch “Gödel, Escher, Bach: An Eternal Golden Braid”* (auf deutsch: “Gödel, Escher, Bach – ein Endloses Geflochtenes Band”*) von Douglas Hofstadter geschenkt und dann den Rest des Sommers mit der Lektüre verbracht habe. Es ist ein dicker Wälzer mit über 800 Seiten – aber am Ende versteht man den Unvollständigkeitssatz von Gödel nicht nur sondern bekommt auch einen ziemlich guten Einblick in die dem ganzen zugrunde liegende Mathematik. Ihr solltet also zumindest dieses Buch gelesen haben, bevor ihr euch an eine Revolution der Mathematik macht 😉 Abgesehen davon solltet ihr dieses Buch sowieso gelesen haben; es ist einer der ganz großen Klassiker in der Wissenschaftsvermittlung – eigentlich ein ganz großer Klassiker unter den Sachbüchern allgemein (und falls ihr es lieber ein wenig belletristisch haben wollt, dann empfehle ich euch die romanhafte Biografie “Die Göttin der kleinen Dinge”).
Viel Spaß mit Kurt Gödel und dem Feiertag! (Und weil der ja ein religiöser Feiertag ist: Nein, Kurt Gödel hat die Existenz Gottes nicht bewiesen).
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