Ja, der Karneval (bzw. Fasching, wie es in Österreich oder auch in Thüringen, wo sich die drei podcastenden Formeltiere befinden) ist gestern zu Ende gegangen. Und eigentlich hätte es noch rechtzeitig zur “fünften Jahreszeit” eine passende Podcast-Folge des Formeltiere-Podcasts geben sollen. Aber die musste leider wegen Krankheit ausfallen. Bzw. wegen Krankheit von Johannes; Franzi und mir gehts gut.

Aber vielleicht ist das ja auch ganz ok. Keiner von uns drei (Bio-Informatikerin Franzi, Informatiker Johannes und Astronom ich) ist ein großer Fan des organisierten Frohsinns sind (und als Astronom kann ich eine “fünfte” Jahreszeit sowieso nicht gutheißen!). Thüringen ist außerdem auch nicht als Karnevalshochburg bekannt. Die lokalen Narren haben sich mittlerweile auch ordentlich zerstritten und mangels Interesse gibt es keine Parties. Aber Krapfen/Pfannkuchen/Berliner muss man trotzdem essen (selbst wenn sie regelwidrig KEINE Marillenmarmelade enthalten und mit Zuckerguss verunstaltet wurden) und wenn man das schon tut, kann man auch gleich ein wenig über die Mathematik des Karnevals plaudern.

Musste ich jetzt alle ganz alleine essen...

Musste ich jetzt alle ganz alleine essen…

Dachten wir uns – haben wir dann aber nicht getan, weil der Informatiker sein Immunsystem nicht im Griff hat! Aber da ich schon so viel vorbereitet hatte und es für die nächste Folge (die dann logischerweise nix mehr mit Karneval zu tun hat) nicht mehr verwenden kann, möchte ich euch zumindest kurz mitteilen, was es denn eventuell zu hören gegeben hätte, hätte es was zu hören gegeben.

So richtig viel Mathematik gibt der Fasching leider nicht her. Aber es gibt die Zahl Elf, die bei der ganzen Angelegenheit eine wichtige Rolle spielt. Und über die lässt es sich natürlich wunderbar plaudern. Hier ist ein kleiner Auszug aus meinen Notizen:

  • An der Zahl Elf erkennt man, dass irgendwo in der Entwicklung der deutschen Zahlwörter auch mal ein Duodezimalsystem beteiligt gewesen sein muss. Denn eigentlich müsste es ja, laut den Regeln des üblichen Dezimalsystems, nicht “elf” heißen, sondern “einszehn”. Genau so wie wir ja auch “einundzwanzig” sagen (und nicht “zwelf” oder sowas…). Und wir sagen auch nicht “zweizehn” sondern “zwölf”. Erst bei “dreizehn” geht es wieder nach dem Dezimalsystem weiter. Im Wort “elf” steckt sogar direkt Mathematik, denn es stammt vom althochdeutschen “einlif”, was sich aus “ein” und “lif”, also “eins” und “übrig” zusammensetzt. Also quasi “Eins Rest”; genau das, was passiert, wenn man elf Dinger an zehn Fingern abzählen will.
  • Die “11” als Zahl des Karnevals hat interessante historische Ursprünge (obwohl ich mir nicht 100 Prozent sicher bin, inwieweit das wirklich alles durch Quellen belegt ist). Der ganze Karnevalskram ist ja nicht umsonst im Rheinland so extrem. Sondern weil diese Gegend im 19. Jahrhundert von Frankreich besetzt war. Und nach der französischen Revolution gab es auch dort die neuen Bürgerrechte. Als Napoleon dann geschlagen wurde, herrschten allerdings wieder strenge preußische Sitten und die Karnevalsgesellschaften waren ein Weg, den bürgerlichen Geist weiter hochzuhalten. Die Zahl “11” soll einerseits symbolisch für die Gleichheit aller Bürger gestanden haben: Zwei identische Zahlen nebeneinander. Andererseits aber auch die Abkürzung von “Egalité Liberté Fraternité” darstellen. Deswegen gibt es einen “Elferrat”, beginnt der Karneval am “11.11” (was andererseits aber auch vorher schon so war, weil man vor der kargen Adventszeit nochmal kurz ordentlich auf die Pauke hauen wollte), und so weiter.
  • Wenn man wissen will, ob man (im Dezimalsystem) eine Zahl durch 11 teilen kann, muss man nur die alternierende Quersumme bilden. D.h. an den ungeraden Stellen werden die Ziffern einer Zahl addiert, an den geraden Stellen subtrahiert. Ist das Ergebnis ein Vielfaches von 11 oder 0, ist die Zahl durch 11 teilbar. Zum Beispiel: Die alternierende Quersumme von 243072 ist 2-4+3-0+7-2=6 und diese Zahl daher nicht ohne Rest durch 11 teilbar. 963193 dagegen ergibt 9-6+3-1+9-3=11 und tatsächlich ist die Zahl restlos durch 11 teilbar.
  • 11 ist eine “Lucas-Primzahl”. Es ist ja generell erstaunlich, was sich die Zahlentheorie alles an Zahlen ausgedacht hat. Meine Favoriten sind die illegalen Primzahlen, aber es gibt noch so viele mehr. Lucas-Zahlen zum Beispiel sind diese hier: 2,1,3,4,7,11,18,… Wer genau schaut, wird erkennen, dass jede Zahl in dieser Reihe die Summe der beiden Vorgängerzahlen ist. Das kennt man von der berühmten (bzw. sofern etwas in der Mathematik halt berühmt sein kann) Fibonacci-Folge, nur dass die mit “0,1,…” startet und die Lucas-Folge mit “2,1,…”. Und Lucas-Primzahlen sind logischerweise alle Primzahlen, die in der Lucas-Folge auftauchen. 11 ist also die vierte Lucas-Primzahl. Aber auch eine Germainsche Primzahl, eine gute Primzahl, etc. Sie ist allerdings keine Mersenne-Primzahl und sogar die kleinste Zahl, deren Mersenne-Zahl – also die Konstruktion Mp = 2p-1 – keine Primzahl ist. 211-1 = 2047 und diese Zahl kann in 23 mal 89 aufgespalten werden.
  • 11 und 13 sind das zweitkleinste Paar von Primzahlzwillingen, also zwei aufeinander folgende Primzahlen, deren Differenz genau 2 beträgt. Und man weiß immer noch nicht, ob es unendlich viele dieser Zwillingspaare gibt oder nicht!
  • 11 ist natürlich auch eine Schnapszahl und zwar die kleinste. Interessanterweise gibt es dafür sogar einen Fachausdruck: Repdigit.
  • 11 ist die erste repunit Primzahl. So bezeichnet man Zahlen, deren Ziffern sich wiederholen (repeat) und die nur aus der Ziffer 1 (unit) bestehen. Also 11,111,1111,11111,111111, und so weiter. Wenn man lauter Einsen aneinander reiht, kriegt man mit “11” eine Primzahl. Für die nächste Primzahl muss man aber schon 19 Einsen nehmen. Dann 23 und dann schon 317! Und wie könnte es anders sein: Auch hier weiß niemand, ob es unendlich viel von den Dingern gibt oder nicht.
  • 11 ist außerdem eine Arkustangens-irreduzible Zahl und ihr dürft gerne selber googeln, wenn ihr wissen wollt, was das ist.
  • Am 11.11. feiert man hierzulande zwar den Beginn des Karnevals. In China ist es der “Tag der Singles”, wo Leute feiern, dass sie stolz darauf sind, Single zu sein. Was ja für zwei Drittel der Formeltiere nicht zutrifft, aber vielleicht mache ich im November dann einfach mal alleine eine Formeltierfolge zur Zahl Eins 😉
  • 11 ist auch eine Zahl, die eine absonderliche Bedeutung in der Esoterik hat. Wenn man irgendwo die Uhrzeit “11:11” oder das Datum “11.11” sieht, dann soll das angeblich ein Hinweis auf irgendeine esoterische Bedeutsamkeit sein. Wer gerade nichts besseres zu tun hat, kann sich gerne durchlesen, was rel=”nofollow”>Uri Geller zu dem Thema zu schwafeln hat. Muss man aber nicht.
  • Beim Fußball gibt es deswegen einen “Elfmeter”, weil 12 yards 10,9728 Meter sind und der Sport nunmal aus England kommt und sich da irgendwer die 12 yards ausgedacht hat.
  • Apollo 11 war die erste Mission, die Menschen zum Mond gebracht hat.
  • Der Zyklus der Sonnenaktivität dauert ungefähr 11 Jahre.
  • 11 Kanonen/Gewehre braucht es, wenn man einen Salutschuss für einen amerikanischen Marine Corps Brigadier General (oder einem “Rear Admiral (lower half)” der US-Küstenwache) abgeben will.

Meine Liste wäre noch länger gewesen; die Elf ist eine ziemlich interessante Zahl (aber eigentlich ist ja jede Zahl interessant). Mal sehen, vielleicht klappt es ja nächstes Jahr mit einer Karnevalsfolge der drei Formeltiere!

Bis dahin könnt ihr euch die Folgen des Podcasts unter https://www.formeltiere.de/ oder hier anhören. Wenn ihr denn RSS-Feed direkt abonnieren wollt, dann könnt ihr das hier tun: https://www.formeltiere.de/?feed=rss2.Und natürlich würden wir uns freuen, wenn ihr den Podcast weiterverbreitet und bewertet, zum Beispiel bei iTunes.

Und wer sich wundert: “Technika – Fass die Sau!” ist aus irgendwelchen absonderlichen Gründen der Narrenruf des bekanntesten Jenaer Karnevalsvereins. Also das, was man hierzulande statt “Kölle Alaaf” oder “Helau” sagt (bzw. nicht sagt, denn ich hab das in meinen 13 Jahren in der Stadt noch nie gehört). Nein, ich weiß auch nicht warum. Und ich will es eigentlich auch gar nicht wissen…

Kommentare (6)

  1. #1 Harald
    Venezuela
    14. Februar 2018

    Beeindruckend, deine Zusammenstellung! Vielen Dank.

    Aber, je nachdem, wie primzahlfuchserisch man sein will:

    Sind je 2 aus einem Satz Drillinge als “Zwillinge” zu bezeichnen?

    Wenn man mit “ja” antwortet, dann sind (3, 5) und (5, 7) Primzahlzwillinge und (11, 13) wäre der drittkleinste Zwilling, nicht der zweitkleinste. Und die mir geläufige Definition lautet ja: “Ein Paar natürlicher Zahlen (p, p+2) heißt Primzahlzwilling, wenn beides Primzahlen sind”.

    Wenn man “nein” sagt, der Primzahldrilling (3, 5, 7) spielt gar nicht mit (gibt ja auch nur diesen einen, das immerhin weiß man), dann ist (11, 13) sogar der kleinste Zwilling …

  2. #2 jere
    14. Februar 2018

     Im Wort “elf” steckt sogar direkt Mathematik, denn es stammt vom althochdeutschen “einlif”, was sich aus “ein” und “lif”, also “eins” und “übrig” zusammensetzt. Also quasi “Eins Rest”; genau das, was passiert, wenn man elf Dinger an zehn Fingern abzählen will.

    Mal ins Blaue rein überlegt: Könnte es nicht auch sein “(noch) eins übrig bis 12 [der Basis des Duodezimalsystems]”? Ein bisschen wie im Russischen, wo sich die 90 recht wörtlich übersetzen lässt als “(noch) zehn bis hundert”.

  3. #3 bruno
    14. Februar 2018

    des organisierten Frohsinns

    Ich als Kölner möchte dir als Doppel-Immi … also hamburgerensem Ösi… nicht zu nahe treten – aber das ist unfugiesques Geplapper eines Nicht-Dabei-Gewesenem – der das kölsche Lebensgefühl und den Kölner Strassenkarneval mit dem gleichsetzt, was ihm das TV glauben lassen möchte…

    Ich steh drauf, wenn ich am Samstag einkaufen gehe und die Kassiererin mit Clowns-Kostüm mich völlig selbstverständlich abkassiert – als wäre es das absolut Normalste der Welt. Die hat da einfach Bock drauf … und darf es halt mal ohne eingewiesen zu werden…

    Schade für die ausgefallene Folge … hätte mich interessiert!
    lg

  4. #4 stone1
    1. März 2018

    @Florian Freistetter
    Meine größere Nichte hat demnächst ihren 11. Geburtstag, und ich hab ihr einen Brief mit einigen Fakten zur Zahl Elf geschrieben, da sie sehr gut in Mathe ist und dieses Schulfach hoffentlich auch weiterhin mag.
    Also Danke für die Anregungen im Artikel, so musste ich selbst nicht so viel recherchieren.

  5. #5 Cliff
    1. März 2018

    @stone1: das ist mal eine tolle idee!

  6. […] Podcast der Drei Formeltiere hat ein wenig ungeplante Pause gemacht. Zuerst ist die Karnevalsfolge aus organisatorischen Gründen entfallen, dann haben uns biografische Veränderungen (siehe dazu hier) und technische Probleme das Leben […]