Der März war ein Roman-Monat. Ich habe nur ein einziges Sachbuch gelesen; stattdessen zur Abwechslung einen ganzen Schwung Krimis und noch den einen oder anderen Roman. Die Wissenschaft hat aber in den meisten Büchern trotzdem eine Rolle gespielt.
Klimawandel-Wissenschaftskrimi
Die Romane des Biologen Bernhard Kegel mag ich gerne. Mir hat “Der Rote” wirklich gut gefallen (und ich habe hier davon erzählt), weil es so ganz anders war als die typischen Bücher dieses Genres (und weil darin Riesentintenfische vorgekommen sind!). Und ich fand “Ein tiefer Fall” hervorragend (hier gibt es mehr dazu), weil es nicht nur wissenschaftlich interessant ist, sondern auch das Thema “Betrug in der Wissenschaft” in eine coole Krimi-Handlung packt. Der neuen Roman von Kegel heißt “Abgrund” – und ich fand ihn zwar gut, bin aber trotzdem ein wenig hin und her gerissen.
Hauptperson ist wie in den anderen beiden Romanen der Kieler Biologe Hermann Pauli. Diesmal ist er mit der Kommissarin Anne Detlefsen (die er im letzten Band kennengelernt hatte) auf Urlaub. Und wie es sich für einen Biologen gehört sind die Galapagos-Inseln das Reiseziel. Kollegen von Pauli entdecken dort einen seltsamen Hai und Pauli macht sich auf aufs Meer um das Tier zu identifizieren. Währenddessen bleibt Detlefsen zurück auf der Insel und gerät dort in Proteste von lokalen Fischern, seltsame Brandstiftungen und junge Wissenschaftler, die gegen den Klimawandel protestieren.
Das Buch ist seltsam zweigeteilt. Einerseits ist da “biologische” Handlung, bei der Pauli und seine Kollegen im Ozean nach dem komischen Hai suchen. Und dann gibt es die “Krimihandlung”, in der Detlefson probiert herauszufinden, wer die Schiffe im Hafen angezündet hat und ob die jungen Wissenschaftler etwas damit zu tun haben. Am Ende gibt es eine – wenn auch sehr vage – Verbindung zwischen beiden Strängen, die mit Klimawandel, Artensterben und Evolution zu tun hat. Aber man hat das Gefühl, Kegel konnte sich diesmal nicht entscheiden, ob er einen Wissenschaftsroman wie “Der Rote” schreiben will oder doch lieber einen echten Krimi wie “Ein tiefer Fall”.
Das Buch entstand im Rahmen eines Projekts zur Wissenschaftsvermittlung via Roman und so konnte Kegel auch die Recherchereise in den Pazifik finanzieren. Diese Recherche merkt man, denn die Lokalitäten werden sehr eindringlich und anschaulich beschrieben. Und im Buch findet sich auch sehr viel sehr interessante Wissenschaft. Es ist ein Buch, das man auf jeden Fall lesen sollte. Aber trotzdem bleibt das Gefühl, dass es nicht so eine runde Geschichte ist, wie sie es hätte sein können…
“So was ähnliches wie Wissenschaft”-Thriller
“Earthcore” von Scott Sigler ist definitiv kein Krimi (auch wenn fleißig gemordet wird) sondern eher ein (Horror)Thriller und man kann nur mit sehr guten Willen sagen, dass das Buch mit Wissenschaft zu tun hat (auch wenn Wissenschaftler zu den Hauptfiguren gehören).
Es geht um eine amerikanische Firma die Bodenschätze sucht und in der Wüste von Utah eine gewaltige Menge an Platinum findet. Mehrere Kilometer tief unter der Oberfläche; tiefer als man bis jetzt je eine Mine gebaut hat. Aber zum Glück gehört das Paradebeispiel eines Klischee-Wissenschaftlers zum Personal. Der Typ ist echt ärgerlich. Er kann ALLES, beherrscht jede Wissenschaft; baut und erfindet in einer Tour allen möglichen Krempel und ist natürlich ein sozial unfähiges Arschloch. Wie man sich Wissenschaftler halt so vorstellt…
Dann gibt es noch eine Archäologin, Hinweise auf eine mysteriöse Hochkultur, wo eigentlich gar keine Hochkultur sein dürfte und den ganzen Geheimdienst/Auftragskiller/Verfolgungsjagd-Quatsch, ohne den so viele Autoren anscheinend nicht auskommen. Ich will den Inhalt nicht spoilern, aber man braucht nicht sonderlich viel Fantasie um sehr schnell herauszukriegen, um was es geht (und man schafft es auf jeden Fall schneller als die Protagonisten im Buch). Zwischendurch wird seitenlang gekämpft, gestorben, gemordet und gemetzelt.
Eigentlich ist das Buch gar nicht so schlecht, wie ich hier darstelle. Es ist durchaus spannend und originell was die Details angeht. Und wenn man mal angefangen hat, will man es auch zu Ende lesen. Aber das ständige Gemorde, diesen ganzen Geheimdienstquatsch und die ewigen, eigentlich irrelevanten Rückblenden (damit man auch mitkriegt, was für gebeutelte Existenzen die Figuren des Buchs sind!) hätte man sich sparen können. Sigler schreibt so, als würde er es auf eine Verfilmung anlegen und ignoriert dabei, das ein Buch eben anders funktionieren muss als ein Film…
Übrigens: Obwohl die englische Version die ich gelesen habe, erst vor kurzem erschienen ist, gibt es schon seit Jahren eine deutsche Ausgabe: “EarthCore”.
Die grüne Lüge
Das Sachbuch des März stammt von Kathrin Hartmann und heißt “Die grüne Lüge”. Hartmann ist Expertin für “Greenwashing” und genau darum geht es in dem Buch. Dass in Sachen Umweltschutz mit unserer Welt sehr viel nicht so läuft wie es sollte, ist eigentlich eine triviale Aussage. Wir verschwenden Ressourcen, pusten fossile Brennstoffe in die Gegend, holzen Wälder ab, und so weiter – und alles nur, damit wir all die schönen Produkte kaufen können, die wir kaufen wollen (bzw. die zu kaufen uns die Werbung eingeredet hat). Was tut man dagegen? Umweltbewusst einkaufen! Nur Fair-Trade-Kaffee! Nur Fisch mit Gütesiegel! Nur Produkte mit gutem, zertifiziertem Palmöl! Kleidung mit aus dem Ozean gefischten Recycel-Plastik! Und so weiter. Die Welt ist voll mit “grünen” Produkten und wir müssen sie nur kaufen, damit alles besser wird.
Nur ist das Blödsinn. Man kann die Welt nicht durch Konsum retten. Denn der zügellose Konsum ist es ja, der die Probleme erst geschaffen hat. Noch mehr Konsum, selbst wenn er “grün” ist, macht die Sache nicht besser. Sondern ist vor allem weg für die Wirtschaft, auch noch aus unserem schlechten Gewissen Profit zu schlagen. Wie dieses Greenwashing im Detail funktioniert, hat Hartmann in ihrem Buch ausführlich, sehr erschreckend und ziemlich deprimierend dokumentiert. Es ist teilweise erstaunlich, mit was für Tricks die Firmen durchkommen. In vielen Fällen machen sie im wesentlichen überhaupt nichts und behaupten einfach nur, das Produkt wäre “grün”. Und weil sie das so überzeugend behaupten und weil wir so gerne etwas gegen unser schlechtes Gewissen tun wollen, sind wir dann auch so brav und kaufen diese Produkte.
“Die grüne Lüge” ist ein wichtiges Buch und man sollte es gelesen haben. Auch wenn ich manche Dinge nicht ganz so radikal sehe wie Hartmann. Ich bin durchaus der Meinung, dass neue Technik; neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Zukunft zu einer Reduzierung der Umweltprobleme führen können. Was aber natürlich nichts an dem Befund Hartmanns ändert, dass man die Welt nicht durch Einkaufen retten kann; selbst wenn man uns noch so viele “innovative” Produkte vorsetzt. Konsum und Kapitalismus sind die Ursache der Probleme und wenn man etwas ändern will, wird man auch genau hier ansetzen müssen.
Zum Buch gibt es auch einen Dokumentarfilm, der gerade in den deutschsprachigen Kinos läuft. Den habe ich noch nicht gesehen – aber vielleicht kennt ihn ja jemand aus der Leserschaft und kann etwas darüber erzählen. Hier sind jedenfalls ein Trailer und ein Bericht aus dem deutschen Fernsehen:
Was ich sonst noch gelesen habe
- Heide Goody & Ian Grant: “Oddjobs 2: This time it’s Personnel”. Ich war ja bisher schon sehr von den Büchern von Goody & Grant begeistert (siehe hier). Und hab mich daher sehr gefreut, dass es eine Fortsetzung von “Oddjobs” gibt. Die britische Behörde für die Abwicklung (Abwicklung, nicht Verhinderung oder Herbeiführung!) des Weltuntergungs durch dämonische Aliengötter die die menschlichen Seelen demnächst auf ewig Höllenqualen leiden lassen, geht immer noch ihrer Arbeit nach. Ok, wenn man das nur mit einem Satz zusammenfasst, dann klingt das ziemlich absurd. Die Ausgangslage würde aber auch bei genauerer Beschreibung nicht weniger absurd werden. Deswegen sage ich nur: Oddjobs 2 ist ein geniales, originelles und sehr lustiges Fantasybuch. Lest es – und den Rest von Goody & Grant auch.
- Heide Goody & Ian Grant: “Disenchanted”. Siehe oben! Die Bücher der beiden sind super. Auch das hier, wo es um eine Art modernes Märchen-Medley geht.
- Lisa Gallauner: “Teufelsziel”. Gallauners Krimis mag ich deswegen so gerne, weil sie in meiner österreichischen Heimat, der Wachau spielen. Und weil sie nicht nur spannend sind, sondern die Wachau auch sehr schön und gut lebendig werden lassen. Zu ihren anderen Büchern habe ich hier und hier etwas geschrieben.
- Oskar Feifar: “Dorftratsch”, “Saukalt” und “Fingerspitzengeführl”: Noch mehr Regionalkrimis aus Niederösterreich. Diesmal aber weniger gut. Also schon spannend und lustig und besser als vieles, was man sonst so kriegt. Aber Feifar möchte andauernd so klingen wie Wolf Haas, schafft das aber nicht und das macht die Lektüre leider oft ein wenig nervig.
- Thea Dorn: “Berliner Aufklärung”: Das war ein netter Krimi! Ein wenig obskur zwar, weil er im Milieu der philosophischen Fakultät einer Berliner Uni spielt und sowohl Opfer, Täter als auch Verdächtige Philosophen sind bzw. da irgendwie drin hängen. Aber gerade das macht das Buch auch so liebenswürdig, wenn auch die Handlung nicht sonderlich glaubwürdig 😉 Der Krimi hätte durchaus länger sein können – es ging alles immer irgendwie ein wenig schnell für meinen Geschmack. Ansonsten aber ein sehr schönes Buch.
Das wars für den März. Auf meiner Leseliste für den Osterurlaub hab ich schon wieder ein paar schöne Werke stehen. Mehr dazu gibt es dann in einem Monat wieder hier im Blog!
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