Der Saturn ist bekannt für seine eindrucksvollen Ringe. Auch Jupiter, Uranus und Neptun haben sich mit einer Vielzahl von Ringen umgeben. Merkur, Venus, Erde und Mars dagegen sind ringfrei. Die Hälfte aller Planeten des Sonnensystems ist beringt und es ist davon auszugehen, dass auch die Planeten anderer Sterne Ringe haben. Entdeckt haben wir so etwas noch nicht; nur ein paar vielversprechende Hinweise. Aber es wäre überraschend, wenn es Ringe nur in unserem Sonnensystem geben sollte. Ebenso überraschend wäre es, wenn nur die großen Gasplaneten Ringe haben können. Bei uns ist das so, aber es spricht eigentlich nichts dagegen, dass auch kleine, erdähnliche Planeten Ringe haben. Oder kriegen: Der Marsmond Phobos etwa bewegt sich aufgrund der Gezeitenkräfte mit seinem Planeten langsam auf den Mars zu. Irgendwann wird er ihm zu nahe sein, durch die Gravitationskraft auseinandergerissen und – zumindest für einige Zeit – einen Ring um den roten Planeten bilden.
Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass unter all den vielen Planeten der anderen Sterne auch kleine Planeten mit Ringen zu finden sind. Aber können wir sie denn auch finden? Im Prinzip ja: Wenn von uns aus gesehen ein Planet vor seinem Stern vorüber zieht, blockiert er ein wenig von dessen Licht. Mit dieser Methode hat man schon tausende Planeten entdeckt und ihre Eigenschaften bestimmt. Je mehr Sternenlicht blockiert wird, desto größer muss der Planet sein. Hat der Planet einen Ring, dann wird auch der ein wenig zusätzliches Sternenlicht von seinem Weg zu uns abhalten. So könnte man die Ringe anderer Planeten entdecken. Genau dadurch könnten wir ihre Existenz aber auch übersehen.
Anthony Piro von den Carnegie Observatories hat sich kürzlich mal überlegt, wie das mit kleinen Planeten und Ringen in der Praxis ablaufen könnte (“Can Rocky Exoplanets with Rings Pose as Sub-Neptunes?”. Denn nicht immer ist das Signal das wir bei der Verdunkelung eines Sterns durch einen Planeten (mit Ring) sehen auch eindeutig. Nicht immer lässt sich klar sagen, dass man es mit einem beringten Himmelskörper zu tun hat. Die Auswirkungen sind unterschiedlich, je nachdem wie groß, dicht und breit ein Ring ist und unter welchem Winkel wir auf ihn blicken. Es kann durchaus sein, dass wir gar nicht bemerken, dass da ein Ring ist. Stattdessen würden wir das Signal der Verdunkelung auf einen ganz normalen Planeten zurück führen, ihm aber einen größeren Radius zuschreiben als er tatsächlich hat. Oder anders gesagt: Mit einem Ring kann sich ein Planet quasi verkleiden und uns größer erscheinen, als er eigentlich ist.
Wir würden dann, so Piro, Planeten beobachten, deren Dichte geringer ist, als man eigentlich erwarten würde. Denn die Dichte berechnen wir ja aus dem Radius und der ebenfalls aus den Beobachtungen abgeleiteten Masse. Und wenn wir den Radius größer annehmen als er ist, dann unterschätzen wir die Dichte. Das, was wir beobachten, würde uns dann nicht als ungefähr erdgroßer, felsiger Planet erscheinen, sondern als ein etwas größere Himmelskörper mit einer enormen Gashülle.
Und tatsächlich kennen wir eine Gruppe solcher Planeten. Sie heißen Mini-Neptuns (Mini-Neptune??). Es handelt sich um Planeten die kleiner als Uranus und Neptun sind, aber größer als die Erde. Sie haben ungefähr die zehnfache Erdmasse und eine geringe Dichte, die auf eine umfangreiche Hülle aus Wasserstoff und Helium hinweist. Solche Planeten gibt es in unserem Sonnensystem nicht; die Erde ist der größte Felsplanet und danach kommen direkt Neptun/Uranus – dazwischen gibt es nichts. Wir gehen davon aus, das solche Mini-Neptune aus “normalen” Gasplaneten entstanden sind, die einen Teil ihrer Atmosphäre durch die Einwirkung ihres Sterns verloren haben (durch den Sternenwind weggepustet oder durch hohe Temperaturen quasi verdampft). Das ist ein plausibler Mechanismus und es spricht nichts gegen die Existenz solcher Planeten. Aber es könnte eben auch so, mein Piro, dass ein paar davon in Wahrheit kleinere, erdähnliche Planeten sind, die uns mit Ringen vorgaukeln, größer und weniger dicht zu sein.
Um das zu prüfen hat Piro in seiner Arbeit simuliert, wie – je nach Ringstellung und -größe – sich die Verteilung der beobachteten Planeten darstellen würde. Das Ergebnis ist eine Verteilung mit zwei Peaks. Einer wird durch die reale Größe der Planeten verursacht und gibt uns die typische Größe der erdähnlichen Planeten an. Der zweite Peak in der Verteilung wird vom durchschnittlichen Blickwinkel auf die Ringe der Planeten verursacht. Das ganze sieht dann ungefähr so aus:
Nur ist das oben nicht die Grafik aus Piros Arbeit sondern aus einem älteren Fachartikel, der bei der statistischen Auswertung der bekannten Planetenparametern eine Lücke in der Verteilung der Radien der kleineren Exoplaneten entdeckt hat. Piro hat seine Daten nun mit diesen alten Daten kombiniert und gezeigt, dass es eine recht gute Übereinstimmung gibt:
Was heißt das nun? Leider nicht so viel, wie man gerne hätte. In unserem Sonnensystem gibt es weder kleine Planeten mit Ringen, noch gibt es Mini-Neptunis (das gefällt mir!). Wir können also keine der Möglichkeiten aus der Nähe studieren und herausfinden, wie sie sich auf die Beobachtung des Lichts anderer Sterne im Detail auswirken. Und wissen auch nicht zweifelsfrei, ob es solche Himmelskörper anderswo wirklich gibt. Beide Möglichkeiten sind absolut plausibel und eigentlich sollten wir davon ausgehen, dass auch beide Möglichkeiten real sind. Es ist also nicht auszuschließen, dass ein paar der Planeten in unseren Katalogen sich mit (unerkannten) Ringen erfolgreich größer gemacht haben, als sie wirklich sind. Wir werden wohl auf den ersten zweifelsfreien Nachweis von Ringen bei extrasolaren Planeten warten müssen, um besser einschätzen zu können, wie viele Planeten sich gerne als Neptun verkleiden!
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