Die Sterne und Galaxien bewegen sich nicht so, wie sie es eigentlich tun sollten. Das wissen wir seit fast 100 Jahren und haben immer noch nicht verstanden, warum das so ist. Das, was wir noch nicht verstanden haben, haben wir “Dunkle Materie” genannt. Und vermuten – aus vielen guten Gründen – das es sich dabei um eine noch unentdeckte Form der Materie handelt. Die wir natürlich gerne entdecken würden. Aber wenn dunkle Materie das ist, für das wir sie halten, dann lässt sie sich nur schwer entdecken. Denn dann ist sie zwar da, wechselwirkt aber so gut wie nie mit normaler Materie.

Wie entdeckt man etwas, aus dessen Sicht sämtliche Messgeräte quasi nicht existieren? Wie entdeckt man etwas, für das die Erde und alles darauf mehr oder weniger unsichtbar ist? Die Teilchen der dunklen Materie – sofern sie wirklich da sind – sausen ständig durchs Universum und mitten durch uns und durch die Erde hindurch, so als ob wir gar nicht da wären. Wie findet man sowas?

Ist nur ein Salzkristall - weiß aber eventuell was über dunkle Materie! (Bild: Ingo Wölbern, gemeinfrei)

Ist nur ein Salzkristall – weiß aber eventuell was über dunkle Materie! (Bild: Ingo Wölbern, gemeinfrei)

Mit Kreativität. Und Wissenschaft! Denn ganz, ganz selten kommt es eben doch zu einer Wechselwirkung von normaler und dunkler Materie. Um das aber nachweisen zu können, muss man unter Umständen auch sehr, sehr lange warten. Man muss einen Detektor irgendwo aufstellen und beobachten. Und warten. Und beobachten. Und hoffen, dass irgendwann doch mal ein Teilchen der dunklen Materie mit einem der normalen Teilchen im Inneren des Detektors wechselwirkt und nachweisbare Spuren hinterlässt. Je länger man beobachtet, desto größer die Chance etwas zu finden. Und “lange” heißt in diesem Zusammenhang: Monate, Jahre oder Jahrzehnte. Da wünscht man sich fast, man hätte eine Zeitmaschine und könnte in die Zukunft reisen um endlich zu sehen, wie das alles ausgeht. Oder zumindest eine, mit der man in die Vergangenheit reisen kann. Dann könnte man früh genug mit der Suche beginnen, so dass die Ergebnisse jetzt schon da sind.

Überraschenderweise schlagen Wissenschaftler aus Schweden genau das vor (“Searching for Dark Matter with Paleo-Detectors”). Ok, nicht genau das. Aber Sebastian Baum von der Universität Stockholm und seine Kollegen sind der Meinung, man könne “Paläo-Detektoren” nutzen, um der dunklen Materie auf die Spur kommen. Damit sind keine alten Maschinen gemeint, die irgendwelche Aliens in der Vorzeit der Geschichte auf der Erde hinterlassen haben. Sondern Mineralien, die tief in der Kruste der Erde stecken. Denn unser Planet kann in gewisser Weise selbst als Teilchendetektor betrachtet werden. Die Erde wird – wenn es sie denn gibt – ständig von Teilchen der dunklen Materie getroffen. Beziehungsweise eben nicht getroffen, weil die Dinger halt glatt durchgehen. Aber an und zu interagiert eines davon doch mal mit einem der Atome aus dem die Erde besteht.

Die Erde als Detektor hat den großen Vorteil, dass sie aus sehr, sehr vielen Atomen besteht. Und schon seit sehr, sehr langer Zeit da ist: Milliarden Jahre lang hatte das Gestein der Erde die Chance, mit dunkler Materie in Wechselwirkung zu treten. Die Erde als Detektor hat aber auch den Nachteil, dass sie eben ein Planet ist und kein spezialisiertes Messinstrument. Man muss sich ein wenig anstrengen, wenn man vernünftige Daten haben will.

Baum und seine Kollegen haben sich mit einem Effekt beschäftigt, der radioaktiver Rückstoß genannt wird. Kurz gesagt: Bei der Wechselwirkung von dunkler Materie mit Atomen bestimmter Materialien, kann sich deren Kristallstruktur minimal verändern. In diesen Mineralien entstehen dann ein paar Nanometer lange “Linien”, die diese Wechselwirkung anzeigen. Dafür eignen sich Minerale wie Zabuyelit – oder aber auch Halit, was eigentlich nichts anderes ist als Salz. Das Zeug sollte aber möglichst tief aus dem Inneren der Erde kommen. Denn es gibt auch jede Menge andere Arten von Teilchen und Strahlung, die das Gestein beeinflussen können. Je tiefer das Mineral aber unter der Oberfläche der Erde liegt, desto besser ist es vor solchen Einflüssen geschützt und es kommt dann nur noch das durch, was – wie die dunkle Materie – überall durch kommt.

Die Sternwarten der Zukunft (Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland in Windischeschenbach - Bild: DALIBRI, CC-BY-SA 4.0)

Die Sternwarten der Zukunft (Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland in Windischeschenbach – Bild: DALIBRI, CC-BY-SA 4.0)

12 Kilometer sollte man schon nach unten bohren, wenn man gute Daten kriegen will. Und einfach ist die Analyse dann auch nicht; da braucht es spezielle mikroskopische Verfahren. Aber es ist eine interessante Methode und eine, mit der man Dinge rauskriegen könnte, die mit den astronomischen Methoden nicht so einfach sind. Man könnte – so Baum und seine Kollegen – verschieden alte Mineralien untersuchen. Es gibt durchaus passende Mineralien die älter als ~230 Millionen Jahre sind. 230 Millionen Jahre ist auch die Zeit, die die Sonne braucht, um einmal das Zentrum der Milchstraße zu umrunden. Wenn man aus dem Gestein tatsächlich auf die Existenz und die Menge an dunkler Materie schließen kann, dann könnte die Untersuchung unterschiedlich alter Mineralien uns sagen, wie die Verteilung der dunklen Materie in verschiedenen Regionen der Milchstraße aussieht!

Ich fände es faszinierend, wenn dieser Methode irgendwann tatsächlich funktioniert. Wer weiß – vielleicht gibt es in ein paar Jahrzehnten jede Menge “Astrogeologen”, die sich mit Hammer und Schaufel daran machen, die Geheimnisse des Universums zu entdecken 😉

(via astrobites)

Kommentare (59)

  1. #1 René
    3. Juli 2018

    Bei dem Satz: “Die Erde wird – wenn es sie denn gibt – ständig von Teilchen der dunklen Materie getroffen.” musste ich lachen. Ich bin mir sehr sicher, dass es die Erde tatsächlich gibt 😀

  2. #2 Christian Berger
    3. Juli 2018

    @René das wäre mal eine schöne Verschwörungstheorie. Die Erde ist weder rund noch flach, sondern einfach nicht existent.

  3. #3 pane
    3. Juli 2018

    Teilchen der dunklen Materie sollten nur durch ihre Gravitation und mit der schwachen Kraft wechselwirken. Genau wie Neutrinos. Was wären es denn anders als vielleicht sehr schwere Neutrinos?

  4. #4 schorsch
    3. Juli 2018

    Mit Hammer und Schaufel 12 km in die Erde bohren? Ein Job für Professor Lidenbrock!

  5. #5 Captain E.
    3. Juli 2018

    @pane:

    Teilchen der dunklen Materie sollten nur durch ihre Gravitation und mit der schwachen Kraft wechselwirken. Genau wie Neutrinos. Was wären es denn anders als vielleicht sehr schwere Neutrinos?

    Ein Kandidat für Dunkle Materie sind in der Tat “Sterile Neutrinos”. Es stellt sich aber eine ganz andere Frage: Die bereits bekannten Neutrinos fliegen ja nun ganz bestimmt durch die Erde durch und reagieren nur ganz, ganz selten mit den (baryonischen) Bestandteilen der Erde. Wie will man denn den Einfluss dieser Neutrinos von den noch unbekannten Partikel der Dunklen Materie unterscheiden?

  6. #6 Bullet
    3. Juli 2018

    Ich wollts selber so schreiben, aber: der Kommentar war schon da. 🙂

  7. #7 René
    3. Juli 2018

    @Captain E.

    Ich vermute einfach mal: Neutrinos sind sehr viel leichter und schneller unterwegs als die postulierte kalte Dunkle Materie. Diese muss nach vorherschender Meinung schwer und langsam sein, damit sie klumpen kann um somit die gravitative Wirkung auf das Universum zu beschreiben. Ich kann mir daher vorstellen, dass es dadurch auch große Unterschiede bei der seltenen Wechselwirkung mit normaler Materie gibt.
    Wie gesagt nur eine Vermutung.

  8. #8 roel
    3. Juli 2018

    @Florian Freistetter oder Alderamin (falls du mitliest)

    Wie kann ich mir eine seltene Wechselwirkung vorstellen. 100.000-mal passiert nichts, aber dann beim 100.001. Mal kommt es zu einer Wechselwirkung. Warum? Wo ist der Unterschied zu den vorhergehenden 100.000 Mal?

  9. #9 Alderamin
    3. Juli 2018

    @roel

    So genau weiß ich es auch nicht, aber zunächst ist ein Atom im Wesentlichen leerer Raum (wenn die Elektronenhülle, die den Abstand zum nächsten Atom bestimmt, so groß wie ein Heißluftballon ist, dann ist der Kern so klein wie ein Stecknadelkopf). So ein Teilchen muss dem Kern nahe genug kommen, die schwache Wechselwirkung, die hier unterstellt wird, hat nur eine sehr kurze Reichweite. Stichwort “Wirkungsquerschnitt”. Hat sogar eine eigene Einheit: barn.

    Dann muss wohl auch die Energie stimmen. Ein Elektron kann ja auch nur Photonen absorbieren, die die richtige Energie für den Übergang in ein ein anderes Niveau haben. Ist im Kern ähnlich. Immer dann, wenn Teilchen durch Felder an einem Ort festgehalten werden, gibt es solche Energiepotenziale.

    Und dann ist alles in der Quantenelektrodynamik statistisch. Ort und Impuls sind nicht scharf, Energie und Zeit auch nicht. So ähnlich, wie ein Kernteilchen eines radioaktiven Stoffs eine Potenzialbarriere, die es im Kern festhält, mit gewisser Wahrscheinlichkeit durchtunneln und entweichen kann, kann auch umgekehrt eine gewisse Wechselwirkung mal zufällig stattfinden, wenn sie das im Schnitt eigentlich nicht dürfte.

    Eine Kombination aus alledem macht die Gesamtwahrscheinlichkeit einer Wechselwirkung aus, schätze ich.

  10. #10 pane
    3. Juli 2018

    @roel: Da müssen noch sehr viel mehr 0 stehen. Der Unterschied ist der Abstand. Um schwach wechselzuwirken dürfen die Teilchen max. 0,09fm voneinander entfernt sein. Das Proton misst aber schon 1,7fm. Man darf es sich aber nicht als massive Kugel vorstellen. Unsere Vorstellungen sind in dieser Größenordnung alle falsch.

  11. #11 Alderamin
    3. Juli 2018

    @pane

    Stimmt, der Kern ist so gesehen auch hohl. Die Quarks sind eigentlich Punkte.

  12. #12 roel
    3. Juli 2018

    @Alderamin Danke, das liest sich schlüssig.
    @pane Danke, auf die ganzen Nullen habe ich bewußt verzichtet, da ich auch gar nicht weiß wieviele es wären.

  13. #13 Uli Schoppe
    3. Juli 2018

    @Rene @all
    Ich bin vielleicht zu doof aber ich habe das immer noch nicht verstanden wie DM klumpen soll. Die hat doch keine große Chance Drehimpuls loszuwerden wie normale Materie…

  14. #14 Captain E.
    3. Juli 2018

    @Uli Schoppe:

    Wie kommst du darauf? Nach allem, was man weiß oder vermutet, klumpt sie nämlich wirklich nicht, sondern bildet so eine Art (ideales) extrem dünnes Gas.

  15. #15 Wizzy
    3. Juli 2018

    @Uli Schoppe
    Die Dunkle Materie klumpt nach derzeitigen Modellen weniger als sichtbare Materie, aber sie klumpt. Das könnte ja dazu passen, dass sie nicht so leicht Drehimpuls los wird. Zwei Anmerkungen:
    1. Muss zum Klumpen zwingend Drehimpuls verloren werden? Reicht es nicht, wenn eine Massenansammlung das vorher gerade fliegende Teilchen auf eine Ellipse zwingt, wo es dann zeitweilig schneller und kurviger fliegt, da r kleiner?
    2. Kann nicht auch Drehimpuls rein über Gravitation ausgetauscht werden? Bei einem Swing-By passiert ja genau das.

  16. #16 Wizzy
    3. Juli 2018

    @Captain E.
    Was wir mit “klumpen” meinen, ist dass sich überhaupt solche Strukturen bilden: https://en.wikipedia.org/wiki/Dark_matter_halo#/media/File:Dark_matter_halo.png
    Primordiale (leichte) Neutrinos würden sich laut der kosmologischen Modelle homogener verteilen, also auch die von sichtbarer Materie leeren Raumbereiche weiter abseits der Galaxien stärker befüllen (so wie die hypothetisch sehr leichten Wechselwirkungs-Skalarfeldteilchen, ein Erklärungsansatz der Dunklen Energie).

  17. #17 Alderamin
    3. Juli 2018

    @Wizzy

    “Klumpen” meint eigentlich, aneinander haften bleiben und feste oder flüssige Strukturen bilden. DM verhält sich hingegen wie ein ideales Gas. Klar, das sinkt unter seiner Schwerkraft in sich zusammen, aber nur bis zu einem gewissen Gleichgewichtsradius. Kann auch abkühlen (Verdunstungskälte: die schnellsten Teilchen entwischen, der Rest rückt stärker zusammen). Ein Austausch von Bewegungsenergie und Impuls per Schwerkraft sollte theoretisch zwar möglich sein, aber die Teilchen sind ja vermutlich sehr leicht, da wird bei kurzen Begegnungen nicht viel ausgetauscht werden.

  18. #18 Madouc
    3. Juli 2018

    Könnte es auch andere Ursachen für die beobachtete Raumzeiteigenschaften geben als durch (dunkle) Materie verursachte Krümmung?

  19. #19 Alderamin
    3. Juli 2018

    @Madouc

    Sicherlich, es gibt ja eine ganze Reihe modifizierter Gravitationstheorien, die die dynamischen Eigenschaften von Galaxien und Galaxienhaufen alternativ erklären sollen. Die können aber z.B. nicht die Expansionsgeschichte des Weltalls und die Entstehung der Elemente/Isotope Helium, Deuterium und Lithium beim Urknall im heute beobachteten Verhältnis zu Wasserstoff erklären, was Dunkle Materie kann. Auch tut man sich schwer damit, alle Galaxien und Galaxienhaufen mit der gleichen modifizierten Gravitationstheorie zu beschreiben.

    Deshalb sind die meisten Astronomen weiterhin überzeugt, dass es bisher unbeobachtete Materie gibt, und dass sie vier fünftel aller Materie im Universum ausmacht.

  20. #20 dunkler Laie
    3. Juli 2018

    Wizzy
    Wenn die dunkle Materie schon nicht wechselwirkt, dann gilt immer noch das Gesetz “Wo ein Körper ist, da kann kein anderer sein”.
    Also sollte sich in Neutronensternen dunkle Materie befinden. Die sind extrem dicht und da sie wenig Elektronen enthalten sollten die Neutronensterne eine Mischung aus dunkler Materie und Neutronen sein. Und wenn jetzt ein “DunkleMaterieNeutron” schwerer sein sollte als die herkömmlichen Neutronen, dann sollte
    die Masse von Neutronensternen überproportional stark anwachsen, weil die Wahrscheinlichkeit von schwarzer Materie steigt, je größer der Neutronenstern ist. Dazu müsste man den Durchmesser von Neutronensternen kennen um das rechnerisch überprüfen zu können.
    Das ist natürlich alles nur Phantasie, aber vielleicht ist etwas dran.

  21. #21 Florian Freistetter
    3. Juli 2018

    @roel: Alderamin ist zum Glück immer da und ich hab wenig hinzuzufügen. Außer vielleicht noch, dass es um Quantenmechanik geht und man da halt nie auf den Zufall vergessen kann. Da kann man ja auch nicht vorhersagen, wann GENAU jetzt gerade zB ein radioaktives Atom (aufgrund der schwachen Wechselwirkung) zerfällt. Und ebenso wird man nicht genau vorhersagen kann, wann ein Teilchen dank der schwachen Wechselwirkung wechselwirkt und wann nicht.

  22. #22 Wizzy
    3. Juli 2018

    @Alderamin
    “Klumpen” wird aber auch benutzt in der Bedeutung “sich zusammenballen” in der Simulation, ohne dass da etwas im alltäglichen (chemischen) Sinn aneinander haftet:
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/dunkle-materie-fehlt-was-ist-mit-dieser-galaxie-los-a-1200306.html
    “Jahrzehntelang haben wir gedacht, dass Galaxien ihr Leben als Klumpen aus Dunkler Materie beginnen”, erklärt van Dokkum.
    https://www.spektrum.de/news/dicke-dunkle-klumpen/341344
    “Dicke, dunkle Klumpen
    Die rätselhafte ‘Dunkle Materie’ macht neun Zehntel der Masse unserer Milchstraße aus.”

  23. #23 Wizzy
    3. Juli 2018

    Okay, die zweite Quelle beschreibt klumpigere Klumpen = Schwarze Löcher zum Beispiel.

  24. #24 Florian Freistetter
    3. Juli 2018

    @dunkler Laie: “dann gilt immer noch das Gesetz “Wo ein Körper ist, da kann kein anderer sein”.

    Allerdings nur für Bosonen; bei Fermionen ist das anders…

  25. #25 Wizzy
    3. Juli 2018

    @Alderamin
    Desweiteren sind WIMPs ein heißer Kandidat für Dunkle Materie, also “Weakly Interacting _Massive_ Particles”.

  26. #26 Darth Ewok
    3. Juli 2018

    warum ist man sich eigentlich sicher, dass dunkle materie irgendwie mit normaler interagieren muss. wenn dm nur über gravitation wechselwirkt, sind alle direkten nachweismethoden praktisch unmöglich. ist das postulat dieser seltenen wechselwirkung nur eine art hoffnungsschimmer oder gibt’s da konkrete hinweise?

    sterile neutrinos – sofern es sie überhaupt gibt – wird man ja auch nur nachweisen können wenn bei einer reaktion “was fehlt” – wobei man aber wissen muss, wieviel fehlt.

  27. #27 Ingo
    3. Juli 2018

    Jetzt verstehe ich ehrlich gesagt weniger als vorher was das zusammenklumpen von Dunkler Materie angeht.

    In meiner bisherigen Vorstellung war Dunkle Materie einfach irgendeine Materie die hautptsaechlich ueber Gravitation wechselwirkt.
    Was Masse hat muss auch einen klassischen Drehimpulz haben wenn es sich zu Systemen zusammenschliesst.
    Wenn ein Dunke-Materie-System keinen Drehimpuls haette, muesste es doch unter Gravitation in einen einzigen Punkt zusammenfallen und ein Dunke-Materie-Schwarzes-Loch bilden.
    Da dies offensichtlich nicht passiert muss es doch folgerichtig ein Drehimpulz haben,- und folgerichtig an einen bestimmten Ort eine Stroemung vorhanden sein.

    Genauso wie Wasserstoffwolken nur zum Teil zusammenfallen und eine Sonne bilden,- und zum anderen Teil einfach ein rotierenes Wasserstoffwolken-System.

  28. #28 Alderamin
    3. Juli 2018

    @Wizzy

    “Jahrzehntelang haben wir gedacht, dass Galaxien ihr Leben als Klumpen aus Dunkler Materie beginnen”,

    Im Original sagte er “blobs”, was man als “Klumpen” übersetzten kann, aber auch als Klecks oder Tropfen. So wörtlich hat er’s sicher nicht gemeint. Zusammenklumpen heißt auf Englisch “to clot together” oder “to lump together” und die Wörter “the clot” und “the lump” heißen auch Klumpen oder Brocken.

    Desweiteren sind WIMPs ein heißer Kandidat für Dunkle Materie, also “Weakly Interacting _Massive_ Particles”.

    Aber nicht, weil sie zusammengesetzt wären. Es soll sich bekanntlich um Elementarteilchen handeln (z.B. SuSy-Teilchen, sterile Neutrinos), die nur im Vergleich zu anderen Elementarteilchen ziemlich massereich sind. Massive heißt nämlich massereich, nicht massiv (weshalb ich, wie Florian, dazu übergegangen bin, “supermassive black holes” mit “supermassereiche Schwarze Löcher” zu übersetzen).

  29. #29 pane
    3. Juli 2018

    @Alderamin #17: Welchen Gleichgewichtsradius? Die Gravitation zieht das Zeugs zusammen, aber wo ist die Gegenkraft?

    @Florian Freistetter: Du meinst doch sicherlich, bei Bosonen ist es anders. Bei Fermionen gilt das Pauliprinzip, da müssen zwei Fermionen am gleichen Ort sich irgendwie unterscheiden, bei Bosonen nicht.

  30. #30 Alderamin
    3. Juli 2018

    @Ingo

    In meiner bisherigen Vorstellung war Dunkle Materie einfach irgendeine Materie die hautptsaechlich ueber Gravitation wechselwirkt.
    Was Masse hat muss auch einen klassischen Drehimpulz haben wenn es sich zu Systemen zusammenschliesst

    .

    Ist auch richtig. Ein Teilchen auf einer Umlaufbahn hat immer einen Bahndrehimpuls, auch wenn’s ein DM-Teilchen ist. Nur haben die höchstwahrscheinlich keinen Eigendrehimpuls, weil’s Elementarteilchen sind – die haben dafür einen Spin. Den werden sie allerdings nie los.

    Wenn ein Dunke-Materie-System keinen Drehimpuls haette, muesste es doch unter Gravitation in einen einzigen Punkt zusammenfallen und ein Dunke-Materie-Schwarzes-Loch bilden.
    Da dies offensichtlich nicht passiert muss es doch folgerichtig ein Drehimpulz haben,- und folgerichtig an einen bestimmten Ort eine Stroemung vorhanden sein.

    Drehimpuls ist eine Erhaltungsgröße, die kann man bestenfalls an ein anderes Objekt abgeben (auch per Gravitation). Im Dunkle-Materie-Halo schwirren die Teilchen wild durcheinander auf Bahnen um den Massenschwerpunkt. Nicht alle notwendigerweise im gleichen Drehsinn, jedes Teilchen kann seine eigene Bahn haben. So ähnlich wie die Sterne in einem Kugelsternhaufen.

    Nicht nur der Drehimpuls verhindert das Zusammenklumpen, sondern auch die Bewegungsenergie. Normales Gas kann sie über Kollisionen und Reibung in Wärme umwandeln und abstrahlen, DM kann das nicht. Deswegen klumpt DM nicht zusammen. Nicht in dem Sinne wie normale Materie, die große, feste Strukturen bilden kann.

  31. #31 Alderamin
    3. Juli 2018

    @pane

    Welchen Gleichgewichtsradius? Die Gravitation zieht das Zeugs zusammen, aber wo ist die Gegenkraft?

    Die gleiche, die den Mond, die Planeten oder Sterne auf ihren Bahn hält: die Trägheit. Siehe oben, Drehimpuls- und Energieerhaltung.

  32. #32 Wizzy
    3. Juli 2018

    @Alderamin #28
    Wie soll ich das verstehen? “Klecks” oder “Tropfen” darf ich jetzt benutzen, “Klumpen” aber nicht? Und “Klecks/Tropfen” macht natürlich physikalisch mehr Sinn für das Klumpen Dunkler Materie als “Klumpen”, das heißt “Klecks/Tropfen” impliziert abseits der Dunklen Materie keine anderen Bindungskräfte als Gravitation? Deswegen wären jene Worte besser gewesen?

    Und zum zweiten Teil Deines Posts, habe ich das irgendwo behauptet? Das bezog sich auf Deine Aussage (Zitat Alderamin) “[…] aber die Teilchen sind ja vermutlich _sehr leicht_, da wird bei kurzen Begegnungen nicht viel ausgetauscht werden.” Zumindest innerhalb des Teilchenzoos ist DM nicht unbedingt leicht, die englische Wikipedia lobt WIMPs sogar als favorisierte Hypthose (vgl. Artikel Cold Dark Matter: “WIMPs are generally regarded as the most promising dark matter candidates.[9][11][13]”).

  33. #33 Wizzy
    3. Juli 2018

    Hypothese

  34. #34 Wizzy
    3. Juli 2018

    @Alderamin Um das nochmal klarzustellen, ich habe niemals behauptet, dass Dunkle Materie irgendwie chemisch klumpt, und in #16 und #22 auch versucht, das darzustellen. Offenbar war das nicht eindeutig genug. Aber ich war bereits ab #22f auch etwas enttäuscht, dass Du mir an dieser Stelle grobes Unwissen unterstellst. Ich finde das Wort “Klumpen” super-passend, aber wenn es Dir nicht gefällt, welche deutsche Wendung gefiele Dir besser für anisotrope Strukturbildung? Ich kenne aus der Literatur auch z.B. Wendungen wie “Wolkenklumpen”, da klumpt auch nichts chemisch.

  35. #35 Alderamin
    3. Juli 2018

    @Wizzy

    Wollte Dich nicht beleidigen, nur ist nach meinem Verständnis ein Klumpen etwas, das man greifen und festhalten kann. Nach meinem Verständnis können weder Wolken noch Gase klumpen oder Klumpen bilden (na ja, eventuell als Hagelkörner). Natürlich kann man eine bildhafte Sprache verwenden, z.B. von “Blumenkohlwolken” reden, was die Form beschreibt, aber nicht den Aggregatzustand, die mechanische Struktur. In dem Sinne kann man “Wolkenklumpen” verwenden, wenn alle wissen, worum es geht.

    Wenn von “Klumpen bilden” die Rede ist, klingt das für den unbedarften Leser womöglich nach mechanischer Strukturbildung. Auch wenn Du den Begriff in anderem Sinne meinst, ist ert missverständlich (ich habe ihn bisher sogar immer ausdrücklich im Sinne von mechanischer Strukturbildung benutzt, und hätte gar nicht vermutet, dass man ihn anders verstehen könnte).

    Und zum zweiten Teil Deines Posts, habe ich das irgendwo behauptet? Das bezog sich auf Deine Aussage (Zitat Alderamin) “[…] aber die Teilchen sind ja vermutlich _sehr leicht_, da wird bei kurzen Begegnungen nicht viel ausgetauscht werden.” Zumindest innerhalb des Teilchenzoos ist DM nicht unbedingt leicht,

    Dunkle Materie kann eines von zweien sein: mikroskopische Teilchen, deren individuelle Gravitation vernachlässigbar ist. Das ist die wahrscheinlichste Theorie. Solche Teilchen werden gravitativ bei Begegnungen nicht wechselwirken. Oder primordiale Schwarze Löcher, die von ein paar Tonnen bis zu etlichen Sonnenmassen haben könnten. Die größeren unter ihnen würden gravitativ stark miteinander wechselwirken. Das meinte nicht mit “vermutlich sehr leicht”, sehr leicht im Vergleich zu den weniger wahrscheinlichen Schwarzen Löchern.

    welche deutsche Wendung gefiele Dir besser für anisotrope Strukturbildung?

    Die DM verdichtet sich / komprimiert sich / kollabiert / ballt sich zusammen unter ihrer Eigengravitation zu Halos, Filamenten etc. So würde ich es beschreiben.

  36. #36 Metalgeorge
    4. Juli 2018

    Wollte mal wieder zurück zum Artikel von Florian.
    Speziell zum Link mit der Beschreibung des eigentlichen Experimentes.
    Habe hier mal eine grobe Übersetzung fabriziert :
    Für eine solche Suche ist es wichtig, die Details der nuklearen Rückstöße zu verstehen, die durch die Dunkle Materie hervorgerufen werden, insbesondere die Reichweite der Rückprallkerne im Material. Wir schätzen die Empfindlichkeit von Paläodetektoren, die sich für eine breite Palette von Dunklen Materie Massen bis zum Neutrino-Boden erstreckt. Mit leicht verfügbaren O (500) -Myr-Mineralen können Paläo-Detektoren spinunabhängige WIMP-Nukleon-Wirkungsquerschnitte für den größten Teil des WIMP-Massenspektrums um 2 bis 3 Größenordnungen unter den aktuellen direkten Nachweisgrenzen untersuchen..

    Was mir nun trotzdem nicht klar ist, wie sollen diese DM Partikel trotz ihrer sehr geringen Wahrscheinlichkeit der möglichen Wechselwirkung , “ganze” Spuren in diesen Kristallen hinterlassen.
    Was ist ein nuklearer Rückstoss?

  37. #37 Metalgeorge
    4. Juli 2018

    Stelle mir das in etwa so vor, dass bei einer Wechselwirkung (nuklearer Rückstoss?) in etwa jedes millionste Atom (von den wirklichen Größenordnungen habe ich keine Ahnung) um eine gewisse Distanz im Kristallgitter verschoben wird.
    Diese Verschiebungen kennzeichnen dann die Bahn(Spur), auf der sich Teilchen bewegt hat.
    Die Grössenordnung der Verschiebung gibt dann Aufschluss über die Teilchenart, die dies verursacht hat.

  38. #38 Metalgeorge
    4. Juli 2018

    Man geht in diesem Experiment also davon aus , dass sich unsere Milchstraße im Laufe einer “Umdrehung” , durch Regionen mit einer größeren DM Dichte bewegt haben muss (wolkenartige Verteilung). Die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen also grösser war.

  39. #39 Metalgeorge
    4. Juli 2018

    @selbst
    #36
    ….die Spur ist nur ein paar Nanometer lang.(@FF)
    umfasst also nur ein paar Atome!

  40. #40 nihil jie
    4. Juli 2018

    @Florian AND/OR Alderamin

    Ließe sich die DM-Teilchen nicht irgendwie abbremsen ? Wenn das möglich wäre müssten sie irgendeine Art von Strahlung emittieren, ähnlich der Tscherenkow-Strahlung ? Diese Teilchen haben doch irgendeine Bewegungsenergie.
    Ich weiß schon, dass die DM-Teilchen wohl nicht auf Elektromagnetismus ansprechen womöglich auch nicht unbedingt auf die anderen Kräfte. Bloß die Gravitation scheint eine Wirkung auf sie zu haben. Kann man mit einer großen Masse Teilchen auch abbremsen ? Dass man massebehafteten Teilchen/Objekte in Gravitationsfeld beschleunigen kann weiß ich. Ginge das auch umgekehrt ?

    Ok… es ist offensichtlich, dass ich das Thema nicht ganz durchdrungen habe. Von daher mag ja meine Frage etwas naiv klingen *gg Dennoch, für ein paar Erhellungen wäre ich durchaus dankbar.

  41. #41 nihil jie
    4. Juli 2018

    Nachtrag:

    Ähh… ich meine Bremsstrahlung nicht Tscherenkow-Strahlung, sorry *gg

  42. #42 Captain E.
    4. Juli 2018

    @nihil jie:

    Eine große Masse zum Abbremsen? Sicher, warum nicht? Nur finde so eine Masse erst einmal! Unsere Erde fängt natürlich das eine oder andere Teilchen (z.B. Neutrinos) ein, aber für das, was dir so vorschwebt, ist sie viel zu klein und viel zu leicht.

  43. #43 Metalgeorge
    4. Juli 2018

    @nihil je:

    …und dann sollte man noch wissen welche Geschwindigkeit es vor dem Bremsen hatte,
    um festzustellen , dass eine Abbremsung stattgefunden hat.
    Wenn man das Teilchen aber mit nichts erfassen kann, ist auch das schwierig:)

  44. #44 nihil jie
    4. Juli 2018

    Hmmmm…. *kopfkratz* also mehr Unbekannte als Bekannte Faktoren *g

    verdammt… kann nicht wenigstens etwas mal einfach sein in diesem Universum ? 😉

  45. #45 Metalgeorge
    4. Juli 2018

    #46
    @nihil jie
    Nachtrag:
    die Tscherenkovstrahlung tritt meines Wissens nach nur bei Beschleunigungen von elektrisch geladenen Teilchen (Elektronen) in einem Dielektrikum auf.

  46. #46 Captain E.
    4. Juli 2018

    @Metalgeorge:

    Die “Bremsstrahlung” wäre aber elektromagnetisch, und so etwas kann man relativ leicht messen.

  47. #47 Bullet
    4. Juli 2018

    @Metalgeorge wg. “nuklearer Rückstoß”:
    der “recoil” ist in diesem Falle nicht als Rückstoß wie bei einer Kanone zu verstehen. Erinnere dich an Rutherfords Streuexperiment: ein gebündelter Teilchenstrom wird auf eine dünne Goldfolie geleitet. Im Modell gehen die meisten Teilchen durch die Goldfolie hindurch, ohne etwas zu merken. Nur in ganz seltenen Fällen werden die fliegenden Teilchen (es ist sooo lustig, hier das kleine-Kügelchen-Modell so selbstverständlich zu verwenden…) abgelenkt. Und noch viel seltener prallen sie zurück, also landen im Detektor auf der Seite, von der sie kommen. Daher schlossen Rutherford und Co. ja darauf, daß ein Großteil des Atoms leerer Raum ist und nur ein kleines massives Zentrum dem Teilchenstrom im Weg sein kann.

  48. #48 Baryon
    4. Juli 2018

    Ein interessanter Ansatz und in jedem Fall sehr findig, aber eine Frage stellt sich mir da schon:
    Wenn man DM finden will, warum sucht man gerade nach der schwächsten Eigenschaft, nämlich der der seltenen schwachen Wechselwirkung?

    Da DM gravitativ wechselwirkt, ist es da nicht sinnvoll einen Detektor nach der primären Eigenschaft zu richten, also z. B. spezifische Gravitationswellen die eine galaktisch große Masse gravitativ wechselwirkender Materie mit sich bringt?

  49. #49 Captain E.
    4. Juli 2018

    @Baryon:

    Große Massen verursachen aber nicht automatisch große Gravitationswellen. Das geschieht erst, wenn sie in Bewegung geraten, und da ist hochverdichtete Materie am allerbesten geeignet. Dunkle Materie ist allerdings das genaue Gegenteil davon – extrem dünn verteiltes (Fast-) Nichts.

  50. #50 Alderamin
    4. Juli 2018

    @Baryon

    Wie ich oben schon erklärt habe, wechselwirken die DM-Teilchen, wenn es Elementarteilchen sind, nicht paarweise miteinander über Gravitation, dazu sind sie viel zu leicht. Da gibt’s keine Gravitationswellen, die man messen könnte (viel zu schwach, viel zu hohe Frequenz).

    Allenfalls im Falle von primordialen schwarzen Löchern könnte man das, und eine Theorie besagt, dass die Signale, die LIGO von verschmelzenden Schwarzen Löchern gemessen hat, genau solche Wechselwirkungen sein könnten, aber es könnten auch gewöhnliche Schwarze Löcher sein, die aus Sternen entstanden sind. Dazu müsste man viel mehr Ereignisse messen. LIGO wird durch stetige Verbesserungen immer empfindlicher und in ein paar Jahren sollte man eine Statistik aufstellen können, die klärt, wieviel Masse insgesamt in den Schwarzen Löchern steckt und ob diese die DM erklären könnte. Diese These wird aber als sehr abseitig betrachtet.

  51. #51 Metalgeorge
    4. Juli 2018

    @Bullet
    ..danke dir für die Erklärung.
    D.h. wir brauchen also wesentlich mehr DM.
    Daher auch der Ansatz einen “Detektor” zu verwenden,
    der schon sehr lange misst und schon “viel rumgekommen” ist:)

    @Captain E.
    auch “Bremsstrahlung” tritt doch nur bei geladenen Teilchen auf?
    Aber bei DM….?

  52. #52 Baryon
    4. Juli 2018

    Das ist nachvollziehbar, andererseits würde ich besonders bei in den Armen von Spiralgalaxien erwarten, dass es eine nennenswerte Packungsdichte und auch beschleunigte Bewegung gibt. Die Arme entstehen nach aktuellem Verständnis durch Dichtewellen baryonischer Materie (Sterne, Gaswolken, etc.), siehe @Florian Freistetters Sternengeschichten Folge 33. In diesen Wellen würde ich hinreichend herkömmliche und dunkle Materie zur gegenseitigen Wechselwirkung erwarten.

    Ich bin weder Physiker noch Kosmologe, sodass das lediglich eine Annahme.

  53. #53 Captain E.
    4. Juli 2018

    @Metalgeorge:

    Ach ja, meines Erachtens gibt Dunkle Materie, so wie man sie sich vorstellt, natürlich keine Bremsstrahlung ab. Das hätte ich vielleicht erwähnen sollen.

  54. #54 noch'n Flo
    Schoggiland
    5. Juli 2018

    Mindestens 12km in die Tiefe – das wäre dann ein neuer Rekord – der steht bislang bei 12’262m, die Kola-Bohrung. Diese musste in dieser Tiefe wegen der hohen Temperaturen abgebrochen werden, die mit rund 200°C viel höher waren, als ursprünglich angenommen. Könnte also schwierig werden, insbesondere, wenn man noch tiefer gehen muss.

    Als Ursache wurde seinerzeit die natürliche Radioaktivität des Gesteins angenommen – wäre diese bei der Messung nicht auch eine Störgrösse?

    Und könnte man nicht mal nachschauen, ob sich nicht unter den zigtausend noch nicht untersuchten Gesteinsproben dieser Bohrung vielleicht etwas für dieses Projekt Brauchbares befindet?

  55. #55 Alderamin
    5. Juli 2018

    @Baryon

    andererseits würde ich besonders bei in den Armen von Spiralgalaxien erwarten, dass es eine nennenswerte Packungsdichte und auch beschleunigte Bewegung gibt.

    Spiralarme sind keine physischen Strukturen; sie zeichnen sich nur dadurch aus, dass dort gerade helle, kurzlebige Sterne entstanden sind, die nach sehr kurzem Leben von ein paar Millionen Jahren schon wieder verglühen. Ein Beispiel sind die Sterne im Orion, die im benachbarten Orion-Arm liegen. Wenn diese explodieren, dann blasen sie ihre Überreste in den Raum, was benachbartes Gas zum Kollaps bringt, und so kann die Sternentstehung fortschreiten, der Spiralarm bewegt sich weiter, über die Sterne hinweg. In den Spiralarmen sieht es also nicht sehr viel anders aus als bei uns. Und da ist das Gas äußerst dünn verteilt. Dicht gepackt ist die Materie nur in Sternen, nicht dazwischen. Selbst die Wolken, aus denen Sterne entstehen, sind ein Hochvakuum von dem Techniker auf der Erde nur träumen können.

    Und selbst wenn: es macht ja keinen Unterschied, ob ein DM-Teilchen mit seinesgleichen oder mit Materie zusammentrifft – es ist viel zu leicht, um irgendwelche Gravitationswellen zu verursachen. Selbst Sterne sind ja nicht massiv genug, dass wir ihre Gravitationswellen messen könnten. Es muss schon ein extremes Objekt wie ein Doppelneutronenstern oder ein Paar von Schwarzen Löchern sein, die sich – ganz wichtig! – extrem eng umkreisen, so eng, wie sich normale Sterne gar nicht kommen können, weil sie zu groß sind. Nur von solch kompakten Objekten können wir Gravitationswellen empfangen.

    Und nur die Senden Wellenlängen aus, die man mit einem Detektor wie LIGO empfangen kann. Die hypothetischen Wellen, die ein Elementarteilchen verursachen würde, würden auch einen entsprechend kleinen Detektor benötigen. Die Raumzeit-Deformation ist aber so minimal, dass wir überhaupt nur mit Geräten so groß wie LIGO eine Chance haben, sie zu messen.

    Wenn es darum geht, wie sich Massen in der Milchstraße bewegen, da wären die Wellenlängen wiederum in der Größenordnung derselben, und einen so großen Detektor könnten wir dann auch nicht bauen, weil die Erde zu klein ist. Es gibt aber die Idee, Pulsare zu beobachten, und anhand der Variation ihrer Pulse Gravitationswellen, die auf der Strecke zu ihnen durchlaufen, auch mit großer Wellenlänge zu messen. Nichts, was Dunkle Materie messen könnte, aber vielleicht Supernova-Explosionen oder Sternpaare mit größerem Abstand.

  56. #56 nihil jie
    12. Juli 2018

    @Metalgeorge

    Ich weiß nicht ob du das noch lesen wirst 😉 egal…

    Bin womöglich fälschlicherweise davon ausgegangen dass DM-Teilchen eine Bewegungsenergie haben und beim Abbremsen sie einen Teil davon irgendwie messbar emittieren könnten.

    Allerdings wie man sie abbremsen könnte weiß ich nicht. Wenn sie auf fast keine Wechselwirkung ansprechen außer Gravitation, bleibe nach meiner bescheidenen Vorstellung nur die Gravitation mit der man sie bremsen könnte. War nur so eine kurze Blitzidee ohne sie mal richtig zu betrachten. Naja… wie auch immer 😉

  57. #57 Folke Kelm
    12. Juli 2018

    Oh, mal wieder nen schöner Artikel für mich. Ist übrigens eine sehr interessante Idee für die man sicherlich eineige Geologen begeistern kann. Das Problem sehe ich in der Unterscheidung von Spuren der natürlichen Radioaktivität die Du im Prinzip überall hast. also Spuren zu finden, die eben für DM spezifisch sind und nicht verwechselt werden können. Diese natürlichen Spuren nutzt man zum Beispiel beim Mineral Zirkon, schlicht einfaches Zirkoniumsilikat. Das enthält natürliches Uran, und bei jedem Zerfall bleibt im Kristall eine kleine Spur zurück, und die zählt man um das Alter des Kristalls zu bestimmen. Schlicht eine von vielen radiometrischen Datierungsmethoden.
    @Noch´n Flo
    12 Km ist wirklich tief für eine Bohrung. Das KTB, von dem Florian ein Bild zeigt (übrigens hab ich da mal gearbeitet, da stand der grosse Bohrturm aber noch nicht) war ursprünglich auch für diese Tiefe gedacht, oder sogar noch tiefer. Es wurde extra eine Bohrspülung entwickelt die hochtemperaturstabil ist und besondere physikalische Parameter aufweist. Das Problem und der Grund warum es dann doch nicht tiefer ging war die bei weitem höhere Temperatur de da unten herrschte, bei 300 grad war die Bohrspülung am Ende. Ein weiteres Problem was man nicht bedachte war (man höre und staune) die Zugfestigkeit des Stahls aus dem der Bohrstrang besteht. Der reisst unter seinem eigenen Gewicht ab einer gewissen Länge ab. Die Russen haben damals mit einem Strang aus Titan gebohrt, wir hatten dazu keine Mittel. Insofern war es glück, dass es so warm geworden ist und man sich keine Gedanken machen musste wie man dann den 12-14 km Strang aus Titan finanzieren musste.
    Die Halbinsel Kola wurde von den Russen gewählt weil sie relativ leicht zugänglich ist, aus alten kontinentalen Gebirgen besteht und man davon ausging, dass die Polare Lage das Gestein auch in tieferen Lagen zumindest etwas abkühlt, so dass man tiefer kommt.

  58. #58 Metalgeorge
    14. Juli 2018

    @nihil jie
    ..hab ich gelesen
    Das Problem ist eben , dass die DM bisher nur im großen Maßstab indirekt
    nachgewiesen werden konnte.
    Überall dort wo es größere Ansammlungen sichtbarer Materie gibt,
    Galaxien und Galaxienhaufen, verhält sich diese so als ob hier noch 80% mehr
    Masse vorhanden ist als die sichtbare.
    Durch das Beobachten des Verhaltens der sichtbaren Materie, liessen sich Rückschlüsse auf die mögliche Beschaffenheit der DM ziehen. So bildet sie anscheinend eine Art von trägen Wolken, interagiert aber an sonsten nicht mit der sichtbaren Materie.
    Im kleinen Masstab , so im Radius von ein paar 1000 Lichtjahre um unser Sonnensystem,
    konnte ihre Existenz, durch das Verhalten der sichtbaren Materie, aber bisher nicht nachgewiesen werden.
    Allein daran kann festgemacht werden, dass ihr direkter Nachweis in absehbarer Zeit, sehr sehr schwierig sein dürfte.
    Eben deswegen der von @FF beschriebene Ansatz.
    Bei einer Umdrehung der Milchstrasse,
    müsste sich die Erde einmal durch eine viel dichtere Ansammlung von DM bewegt haben.

  59. #59 Metalgeorge
    14. Juli 2018

    @myself
    ..korrigiere 80% mehr Masse mit ca. 4 mal mehr Masse☺