SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.

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Sternengeschichten Folge 311: Antimaterie

Antimaterie kennt man aus der Science-Fiction. Da gibt es Antimaterie-Waffen; Raumschiffe fliegen angetrieben mit Antimaterie durchs Universum und so weiter. In der Realität ist Antimaterie bei weitem nicht so prominent vertreten. Aber sie existiert und sie kann uns einiges über das Universum sagen.

Wenn wir Antimaterie verstehen wollen, müssen wir zuerst kurz die Materie betrachten. Also das Zeug, aus dem wir und alles andere was wir normalerweise so sehen können, besteht. Darüber habe ich ja schon ausführlich in Folge 46 der Sternengeschichten gesprochen. Wir kennen einen Schwung von Elementarteilchen aus denen die gesamte Materie besteht. Und ein paar Teilchen, die wir verwenden um die Kräfte zwischen der Materie zu beschreiben. Jedes Teilchen existiert aber in zwei verschiedenen Formen. Es gibt eine normale Form und eine Anti-Form, also ein Antiteilchen.

Anti!

Anti!

Jedes Teilchen hat ein paar Eigenschaften, durch die es beschrieben wird. Dazu gehören etwa die Masse, der Spin, die Stärke mit der es durch die verschiedenen Kräfte wechselwirkt und seine Lebensdauer, also die Zeit die es existiert, bevor es sich unter Umständen spontan in ein anderes Teilchen umwandelt. All diese Eigenschaften sind bei Teilchen und Anti-Teilchen identisch. Es gibt aber auch Eigenschaften die unterschiedlich sind. Das ist vor allem die elektrische Ladung. Wenn ein Teilchen eine elektrisch negative Ladung trägt, dann hat sein Anti-Teilchen eine elektrisch positive Ladung und umgekehrt. Aber Teilchen und Anti-Teilchen untertscheiden sich auch in ihrem magnetischen Moment, also vereinfacht gesagt die Stärke mit der sie magnetisch wirken. Und dann gibt es noch einen ganzen Schwung sogenannter Quantenzahlen, die weitere Eigenschaften von Teilchen beschreiben, auf die ich jetzt aber im Detail nicht eingehen will. Aber dort, wo diese Quantenzahlen mit der elektrischen Ladung zusammenhängen, unterschieden sich Teilchen und Anti-Teilchen ebenfalls.

Es kann aber auch Teilchen geben, die ihr eigenes Anti-Teilchen sind. Das Photon zum Beispiel hat keine elektrische Ladung in der es sich von einem etwaigen Anti-Teilchen unterscheiden könnte. Photon und “Anti-Photon” sind also identisch, das gleiche gilt zum Beispiel für das Higgs-Boson, das ebenfalls sein eigenes Anti-Teilchen ist.

Materie ist aus Teilchen aufgebaut. Ein Wasserstoff-Atom zum Beispiel hat einen Atomkern, der aus einem elektrisch positiv geladenen Proton besteht und eine Atomhülle in der sich ein elektrisch negativ geladenes Elektron befindet. Wobei man korrekterweise anmerken muss, dass das Proton selbst ja nur ein aus Quarks zusammengesetztes Teilchen ist. Es besteht aus zwei up-Quarks und einem down-Quark. Was für die Materie gilt, gilt für die Antimaterie ebenso: Anti-Teilchen können sich zu Antimaterie zusammenschließen. Das Anti-Teilchen des Protons wird – wenig überraschend – Anti-Proton genannt und das ist elektrisch negativ geladen und besteht aus zwei Anti-up-Quarks und einem Anti-down-Quark. Das elektrisch positiv geladene Anti-Elektron hat dagegen einen eigenen Namen bekommen und heißt Positron. Und wenn sich ein Anti-Proton und ein Positron zusammenfinden, dann kriegen wir ein Anti-Atom des Anti-Wasserstoff.

Antimaterie ist also auf den ersten Blick nicht sonderlich anders oder komplizierter als normale Materie. Sondern mit ihr identisch, bis auf die elektrische Ladung und ein paar andere quantenmechanische Eigenschaften. Aber wozu braucht man das Zeug überhaupt und warum vor allem sieht man so wenig von ihr? Immerhin hat es ziemlich lange gedauert, bis wir sie entdeckt haben. 1928 hat der britische Physiker Paul Dirac eine mathematische Gleichung entwickelt, die heute nach ihm Dirac-Gleichung genannt wird. Mit ihr lässt sich das Verhalten eines Elektrons beschreiben und Dirac hat darin die Quantenmechanik auf die spezielle Relativitätstheorie angewandt. Bis dahin existierten diese beiden großen wissenschaftlichen Theorien isoliert voneinander; Dirac war der erste der sie kombinieren konnte. Und in seiner relativistischen Beschreibung der Quantenmachnik eines Elektrons sah Dirac eine interessante Symmetrie. Wenn irgendwo ein Elektron erzeugt wird, dann bleibt laut seiner Gleichung eine Art elektronenartiges “Loch” übrig, mit entgegengesetzter elektrischer Ladung. Das nannte Dirac ein “Positron”, beschrieb es als Teilchen und sagte so die Existenz von Antimaterie vorher.

Vier Jahre später konnte der amerikanische Physiker Carl David Anderson dann dieses bis dahin nur theoretisch vorhergesagte Antiteilchen auch in der Realität nachweisen. Er hat das Positron übrigens nicht selbst mit irgendwelchen Teilchenbeschleunigern oder anderen Maschinen erzeugt sondern konnte zeigen, das es in der Natur selbst vorkommt. Er fand es in der sogenannten “kosmischen Strahlung”. Das sind diverse hochenergetische Teilchen die von der Sonne und anderen Sternen ins All geschleudert werden. Wenn sie auf die Erdatmosphäre treffen und mit den Atomen unserer Lufthülle kolldieren, können sie dort weitere Teilchen erzeugen, die man dann am Erdboden nachweisen kann. Die kosmische Strahlung ist also eine Art natürlicher Teilchenbeschleuniger. Und sie enthält bzw. verursacht Anti-Teilchen.

Originalbild der Entdeckung des ersten Antimaterieteilchens im Jahr 1932. Die gebogene schwarze Linie ist die Spur, die ein Positron im Messgerät hinterlassen hat. Ihre Krümmung zeigt die elektrische Ladung an. (Bild: Public Domain)

Originalbild der Entdeckung des ersten Antimaterieteilchens im Jahr 1932. Die gebogene schwarze Linie ist die Spur, die ein Positron im Messgerät hinterlassen hat. Ihre Krümmung zeigt die elektrische Ladung an. (Bild: Public Domain)

Das Problem bei der Antimaterie: Sie existiert normalerweise nicht lange. Nicht, weil sie selbst instabil ist. Sie ist – wie ich vorhin gesagt habe – genau so stabil oder instabil wie es die jeweils zugehörige Materie ist. Aber wenn Antimaterie und Materie zusammenkommen, dann kann eine sogenannte “Annihilation” stattfinden. Da beide Arten der Materie genau gleiche aber entgegengesetze Eigenschaften haben, können sie sich bei einer Kollision gegenseitig auslöschen. Also nicht ganz, sie verschwinden natürlich nicht komplett. Die Annihilation setzt Energie frei, normalerweise in Form von hochenergetischer Gammastrahlung. Aus dieser Energie können dann wieder neue Teilchen entstehen. Auch das ist kein sonderlich geheimnisvoller Prozess der nur bei Antimaterie existiert. Man kann auch zwei Materie-Teilchen mit ausreichend hohen Geschwindigkeiten kollidieren lassen so dass bei der Kollision neue Teilchen entstehen. Genau das macht man ja auch in Teilchenbeschleunigern. Aber weil Materie und Anti-Materie elektrisch gegensätzlich geladen sind, geht das hier besonders einfach.

Jetzt springen wir kurz zurück zum Anfang des Universums. Kurz nach seiner Entstehung war es extrem heiß; sehr viel Energie war auf sehr kleinem Raum konzentriert. Aus dieser Energie entstand Materie. Aber auch Antimaterie. Denn es gibt ja diverse Erhaltungssätze: Wenn aus reiner Energie Materie entsteht, muss immer auch eine gleich große Menge Antimaterie mit elektrisch entgegengesetzter Ladung entstehen. Alles muss ausgeglichen sein! Die Materie und die Antimaterie haben sich gegenseitig wieder ausgelöscht und zurück in Energie verwandelt. Das ging immer wieder hin und her. Aus Energie entstand Materie und Antimaterie; aus der Materie und der Antimaterie entstand Energie. Es herrschte ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Vernichtung von Teilchen und Antiteilchen.

Aber nicht lange. Denn das Universum dehnte sich aus. Je größer es wurde, desto weniger konzentriert war die Energie und desto kühler wurde es. Irgendwann hat die Energiedichte nicht mehr gereicht, damit aus der Energie neue Materie bzw. Antimaterie entstehen konnte. Die Energie blieb also Energie. Wir können die hochenergetische Strahlung die damals entstand noch heute beobachten: Das ist nichts anderes als die kosmische Hintergrundstrahlung (nicht zu verwechseln mit der vorhin erwähnten kosmischen Strahlung), die sich seit Milliarden von Jahren durchs Universum bewegt und die wir heute benutzen um mehr über den Anfang des Universums herauszufinden (und irgendwann mach ich nochmal eine eigenen Folge dazu).

Aber warum gibt es noch Materie und Antimaterie? Eigentlich dürfte heute nichts anderes mehr vorhanden sein als Energie. Dann dürfte es nichts geben im Universum, außer Energie. Es dürfte keine Sterne geben, keine Planeten, keine Menschen. Denn Materie und Antimaterie hätten sich ja auch gegenseitig zu Energie auslöschen sollen. Haben sie auch. Aber damals hat es ein klein wenig mehr Materie gegeben als Antimaterie. Ungefähr ein zusätzliches Materie-Teilchen für jede Milliarde Materie-Antimaterie-Teilchenpaare. Und nachdem sich alles gegenseitig vernichtet hat, ist dieses bisschen überschüssige Materie übrig geblieben. Daraus besteht die gesamte Materie die wir heute im Universum sehen. Und das ist nicht nur sehr überraschend und beeindruckend, sondern auch sehr mysteriös. Warum gab es mehr Materie als Antimaterie? Die Antwort darauf ist einfach: Wir haben keine Ahnung!

Anti-Protonen-Sammeleinrichtung des CERN (Bild: CERN PhotoLab, CC-BY 4.0)

Anti-Protonen-Sammeleinrichtung des CERN (Bild: CERN PhotoLab, CC-BY 4.0)

Nach allem was wir bis jetzt wissen, sind Teilchen und Anti-Teilchen tatsächlich identisch, bis auf die unterschiedliche Ladung natürlich. Wenn das wirklich so ist, dann dürfte es aber auch keine Ungleichheit zu Beginn des Universums gegeben haben. Dann müssten exakt gleich viele Teilchen und Anti-Teilchen entstanden sein. Es MUSS also irgendeinen Unterschied geben, irgendeine Asymmetrie, irgendeinen Prozess bei dem sich Materie und Antimaterie unterschiedlich verhalten. Deswegen beschäftigen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überall auf der Welt mit der Erforschung der Antimaterie. Deswegen gibt man sich so viel Mühe, sie in Teilchenbeschleunigern herzustellen oder in Experimenten auf der Erde und im Weltraum nach ihr zu suchen. Nicht, weil wir irgendwelche Antimaterie-Bomben bauen wollen oder auf der Suche nach neuen Energiequellen sind. Sondern weil wir eine ganz fundamentale Frage beantworten wollen: Warum gibt es überhaupt irgendwas in diesem Universum!

Kommentare (22)

  1. #1 haarigertroll
    9. November 2018

    Was mich bei dem Thema Antimaterie schon immer interessiert hat:
    Man liest ja öfter mal, dass sich Antimaterie so verhalten würde, als würde sie “rückwärts in der Zeit” existieren.
    Wie würde sich das äußern? z.B. in rückwärts ablaufenden Kernzerfällen?
    Oder gibt’s da noch mal eine Inversion, so dass auch Antimaterie doch wieder nach maximaler Entropie strebt?

  2. #2 Ingo
    9. November 2018

    @haarigertroll #1
    Ich glaube du willst dich mit der CPT-Symetrie beschaeftigen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/CPT-Theorem

    C-Symetrie: Teilchen und Antiteilchen verhalten sich genau gleich (nur eben mit unterschiedlichen Ladungen). Falls man etwas findet wo das nicht der Fall ist ist “Die C-Symetrie gebrochen”. Ob es diese Verletzung der Symetrie gibt ist stark wahrscheinlich, sonst muesste es heute noch Antimaterie im gleichen Ausmass wie Matierie geben. Aber wie genau diese Verletzung aussieht ist nicht 100% klar.

    P-Symetrie: Wenn ich eine spiegelverkehrte (recht-links-vertauschte) Kopie eines Systems aufbaue, verhaelten sich die Systeme gleich, nur eben spiegelverkehrt. Man dachte lange Zeit das diese P-Symetrie nicht gebrochen sei, jedoch (Sensation mit Nobelpreis) wurde tasaechlich im Wu-Experiment eine solche VBerletzung gefunden

    T-Symetrie: Jede Rekation laesst sich rueckwaers ablaufen. Falls eine Rekation nur in eine Richtung ablaeuft ist die T-Symetrie gebrochen. Die Thermodynamik mit ihrer Entropiezunahme ist eine solche Verletzung.

    Die Frage ist nun:
    Ist die Kombination dieser Symetrien auch gebrochen oder nicht?
    Wenn ich also eine Spiegelverkehrte, Antimaterie-Kopie eines Systems aufbaue (CP-Symetrie),- verhaellt sich dies identisch??
    Oder verhaellt sich diese auch Zeitgespiegelt (CPT-Symetrie), und laufen alle Prozesse in ihr rueckwaerts ab? Oder ist es noch anders, und auch die CPT-Symetrie ist gebrochen?

    Soclhe Fragen werden in solchen Symetrie-Theorien untersucht,- und werden immer noch untersucht (keine endgueltige Antwort – viel Raum fuer Vermutungen)

  3. #3 Ingo
    9. November 2018

    Nachtrag zu #2:
    Die CP-Verletzung ist hier beschrieben:

    https://de.wikipedia.org/wiki/CP-Verletzung

    D.h. ein System was aus Antimatierie UND spiegelverkehrt ist, verhaellt sich eben DOCH anders als das Orignal. (CP-Symetrie ist gebrochen)

    Verstanden habe ich sie nicht,- aber ich nehme einfach mal an dass sie tatsaechlich nachgewiesen ist von Leuten die etwas davon verstehen.

    Die Frage ist nun, ob man dieses “anders verhalten” einfach nur das gleiche ist wie eine T-Symetrieverletzung.
    Mit anderen Worten:
    Die Frage ist ob sich im spiegelverkehrten-antimaterie-System alle Prozesse genau rueckwaerts abspielen (CPT-Symetrie haellt), oder ob es noch einen weiteren Unterschied gib (CPT-Symetrie gebrochen).
    Dies sind ungeklaerte Fragen.

    Aber das ist damit gemeint wenn jemand etwas sallopp sagt “Bei Antimatiere laeuft die Zeit rueckwaerts ab”
    Gemeint ist “In einem System was aus Antimatie besteht und spiegelverkehrt ist, laeufen alle Prozesse rueckwaerts an (CPT-Symetrie)”

  4. #4 Reggid
    9. November 2018

    @haarigertroll

    Man liest ja öfter mal, dass sich Antimaterie so verhalten würde, als würde sie “rückwärts in der Zeit” existieren.

    ein gut gemeinter ratschlag: man sollte das einfach vergessen. ja es gab derartige interpretationen in der vergangenheit, aber man muss ja nicht jeder historischen idee auf ewig nachlaufen.

    antiteilchen sind ganz normale teilchen bei denen alle additiven quantenzahlen (ladung, leptonzahl, usw…) ein anderes vorzeichen haben. durch CP verletzung ist die ansonsten vorhandene symmetrie zwischen teilchen und antiteilchen leicht gestört.

    aber mit irgendwelchen “rückwärts in der zeit laufen”-geschichten ist niemandem geholfen, das trägt nicht zum verständnis bei.

  5. #5 Reggid
    9. November 2018

    @Ingo

    Ob es diese Verletzung der [C]-Symetrie gibt ist stark wahrscheinlich….

    C-verletzung ist ebenso wie P-verletzung seit ca 60 jahren nachgewiesen. die schwache wechselwirkung verletzt beide maximal.

    …aber ich nehme einfach mal an dass sie [CP-verletzung] tatsaechlich nachgewiesen ist…

    CP verletzung ist seit ca. 50 jahren nachgewiesen.

    vor ein paar jahren wurde auch T-verletzung nachgewiesen (was unter der annahme von CPT-symmetrie durch die bereits bekannte CP-verletzung ja auch vorhergesagt war)

    CPT-symmetrie gilt für alle Lorentz-invarianten quantenfeldtheorien (nur ist halt die frage ob sich die natur bei höheren energien noch mit Lorentz-invarianten quantenfeldtheorien beschreiben lässt)

  6. #6 Peter Paul
    9. November 2018

    Irgendwann hat die Energiedichte nicht mehr gereicht, damit aus der Energie neue Materie bzw. Antimaterie entstehen konnte. Die Energie blieb also Energie. Wir können die hochenergetische Strahlung die damals entstand noch heute beobachten: Das ist nichts anderes als die kosmische Hintergrundstrahlung

    Wirklich? Ich hatte bisher geglaubt, dass die kosmische Hintergrundstrahlung aus der Wärmestrahlung des Kosmos besteht, die in dem “Moment” freigesetzt wurde, als das vorherige Plasma (aus normaler Materie) sich in ein atomares Gas (aus normaler Materie) verwandelte.
    Das war aber “lange” nach dem “Moment” an dem die Bildung von Protonen und Anti-Protonen endete. Nach diesem “Moment”, so stelle ich es mir vor, kam aber die Annihilations-Phase, in der der größte Teil der Materie wieder in Energie verwandelt wurde, und dann, danach, die Bildung der ersten He-Kerne, und dann, danach, die Rekombination von Kernen und Elektronen und damit die Freisetzung der Wärmestrahlung.

  7. #7 Ingo
    9. November 2018

    Wenn man die CPT-Symetrie nicht als Wissenschaftler, sondern als Scince-Fiction-Author betrachtet, dann ist es schon eine spannende Geschichte.
    Vermutlich kommen solche “Antimaterie ist rueckwaerts in der Zeit”-Aussagen auch aus dieser Ecke.

    Als Scince-Fiction-Author koennte man z.b. die Situation durchspielen, dass Cpt. Kirk mal wieder durch einen Transporterunfall in zwei Teile gespalten wird.
    Einen original-Kirk,- und einen spiegelverkehrten Antimatiere-Kirk.
    Als SF-Author ignoriert man zunaechst grosszuegig die Tatsache, dass der Antimatierie-Kirk sofort an der Materie-Luft zerstrahlen wuerde.
    Wenn die CPT-Symetrie gelten wuerde, dann muessten tatsaechlich alle Prozesse im Antimatiere-Kirk zeitlich gespiegelt (also rueckwaers) ablaufen. Anti-Materie-Kirk wuerde sich also an die Zukunft erinnern, und rueckwaerts sprechen..

    Da wird in SF sind, werden weitere wissenschaftliche Ungenauigkeiten grosszuegig ignoriert und es spannt sich irgendeine chaotische Geschichte.
    Letztendlich merkt spielt man Anti-Kirks Sprach-aussagen rueckwaerts ab, und merkt dass er sich an die Zukunft erinnert, aber keine Ahnung ueber die Vergangenheit hat. Aber er erinnert sich ebenfalls an den Transporterunfall. Spock erkennt den Zusammenhang mit der CPT-Symetrie und schliesst daraus messerscharf dass die beiden Kirks wieder im Transporter zurueckvereint werden muessen,- denn das ist das Ereigniss an das sich Anti-Kirk schon erinnert.
    Das Experiment glueckt trotz enormer Schwierigkeiten welche durch Scotty in letzer Sekunde geregelt werden, obwohl verschiedende Benutzer-Konsolen Feuer gefangen haben.

    Kirk ist wieder vereinnt, und erinnert sich jetzt wie er nach den Transporterunfall (in wirklichkeit die Vereinigung am Ende) in eine Enterprise gebeamt wurde wo alle Rueckwaerts sprechen, bis er wieder zum Transporter gefuehrt wurde (erster Unfall) und wieder ins Happy-End gebeamt wird.
    McCoy macht einen brummeligen Kommentar- Ende

  8. #8 Sven
    9. November 2018

    Naja, das mit der rückwärts in der Zeit laufenden Antimaterie hat mathematisch schon seine Berechtigung. Einer der ersten Schritte die man oft bei der Untersuchung einer Quantenfeldtheorie macht ist eine Modenentwicklung; man entwickelt das Feld nach den klassischen (freien) Eigenlösungen (mit operatorwertigen Koeffizienten). Und von diesen Eigenlösungen gibt es bei relativistischen Feldtheorien oft solche mit positiven und negativen Frequenzen. Die mit positiven Frequenzen nennt man “Materie”, die mit negativen Frequenzen nennt man “Antimaterie” (aber wegen CPT könnte man das genausogut auch umgekehrt machen). Und eine negative Frequenz bedeutet im Grunde, dass diese Lösung rückwärts in der Zeit läuft.

    Aber ob das für das intuitive Verständnis oder die Anschauung hilfreich ist, ist eine andere Frage.

  9. #9 MartinB
    9. November 2018

    @haarigertroll
    Wenn man mit Feynman-Diagrammen arbeitet, dann macht das mit dem rückwärts in der Zeit die Beschreibung von Prozessen einfach, habe ich z.B. hier erklärt:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2010/10/09/wie-funktionieren-feymandiagramme/?all=1
    oder hier
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2013/08/25/verfuhrerisch-einfach-feynmandiagramme/?all=1

  10. #10 haarigertroll
    9. November 2018

    Ah, der Klassiker.
    Von der Sache wieder mal nur die übermäßig runtergedummte Fassung gemerkt und dann zu viel hineininterpretiert…
    Danke für’s Geraderücken und die Lesetipps!

  11. #11 Ralf
    10. November 2018

    Passt nicht direkt hier her, aber ich kann das auch nirgends anders loswerden: Ich kann seit ca 1 Woche die Podcastreihe von Florian nicht mehr runterladen. Ich sehe zwar die Titel – auch diesen neuen, aber beim Laden kommt eine Fehlermeldung, dass nicht verfügbar. Haben das Problem auch andere?

  12. #12 Florian Freistetter
    10. November 2018

    @Ralf: Die Information dazu steht eigentlich oben im Artikel. Aber ich schreibs gern nochmal:

    Ich weiß. Mein Podcast funktioniert nicht. Ist nicht meine Schuld, sondern des Hosters. Ich kann derzeit nix machen oder reparieren. Alle alten und neuen Folgen gibt es aber weiterhin bei YouTube: https://m.youtube.com/channel/UCN-27DQV31ersYTsCeBfOZQ

  13. #13 Jens
    10. November 2018

    Hat die kosmische Hintergrundstrahlung wirklich was mit der Asymetrie zwischen Materie und Antimaterie zu tun ? https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hintergrundstrahlung

  14. #14 Alderamin
    10. November 2018

    @Peter Paul / Ingo

    Irgendwie hat ja alles mit allem zu tun, die Energie, die nach der Inflation beim “Reheating” entstand ist ja genau die, aus der Materie und Antimaterie hervorgingen, die sich dann wieder zum allergrößten Teil zerstrahlten, und diese Strahlung ging ja nicht mehr weg, sondern wurde von der verbliebenen Materie permanent absorbiert und re-emittiert (ein kleiner Teil ging in die Bindungen der Quarks in den Baryonen sowie in die der Elektronen ein, so wie in die potenzielle Energie der Materie beim auseinanderfliegen). Am Ende ergab sie dann die kosmische Strahlung, die nach der Rekombination von Elektronen und Kernteilchen endlich freie Bahn hatte.

  15. #15 Alderamin
    10. November 2018

    @myself

    Tschuldigung, der letzte Kommentar sollte an Peter Paul und Jens gerichtet sein.

  16. #16 Peter Paul
    10. November 2018

    @Alderamin
    O.k., so ähnlich dachte ich´s mir auch, aber trotzdem wundert es mich, dass Florian das mit dem Wort “Hintergrundstrahlung” gleich setzt.
    Wenn ich mal annehme, dass sich der Raum (genauer: der Skalenfaktor) zwischen der Annihilierung von Materie und Antimaterie (vielleicht bei 30 000 000 K) und der Rekombination (bei ca. 3000K) um den Faktor 10000 (einfach so mal als Hausnummern, vielleicht war´s auch noch viel mehr?), dann hat sich die Energie der Strahlung um den Faktor 10 000 erniedrigt, die erst am Schluss freigesetzt wurde.
    Kann man wirklich da noch von der gleichen Strahlung sprechen? Zudem kommt ja noch hinzu, dass die Strahlung bis zur Rekombination im thermischen Gleichgewicht mit dem Plasma war, aber dann von diesem thermischen Gleichgewicht entkoppelt wurde, weil eben dann praktisch keine Wechselwirkung mehr mit der Materie stattfand. Ich dachte bisher, dass genau diese nicht mehr stattfindende Wechselwirkung das Kennzeichen der Hintergrundstrahlung sei.

  17. #17 Ernst der Lage
    10. November 2018

    Huhu.

    Ich hätte zu dem Thema mal eine Frage, die mich schon länger umtreibt. Grundlage dafür ist sicherlich mein sehr laienhaftes Verständnis der Kosmologie und Astronomie.

    Wäre es nicht denkbar, dass sich bei der Expansion des Universums (nach kosmologischen Maßstäben) kleine Inseln aus nicht-annihilierter Materie und Antimaterie gebildet haben könnten, aus denen sich dann unabhängig voneinander Strukturen gebildet hätten, so dass weit entfernte Galaxien(cluster) vielleicht einfach aus Antimaterie bestehen würden?

    Da gibt es bestimmt Gegenargumente, die würde ich gerne wissen. Danke schön!

  18. #18 Alderamin
    10. November 2018

    @Ernst der Lage

    Zur Zeit, als die kosmische Hintergrundstrahlung entstand, war das ganze Universum gleichmäßig mit Gas gefüllt, und davor war es noch dichter. Da war kein Platz für Materie und Antimaterie, sich aus dem Weg zu gehen. Das ist ja auch der Grund, warum sich bereits vorher, als es noch enger zuging, Materie und Antimaterie gegenseitig paarvernichtet hatten. Damals war die Materie noch so dicht gepackt wie in einem Neutronenstern!

    Wenn es heute (warum auch immer) noch Antimateriegalaxien gäbe, dann müsste man im Übergangsbereich zur normalen Materie die Strahlung von Paarvernichtung nachweisen können (z.B. 511 keV-Strahlung von Elektron-Positron Anihilation), weil der Raum nirgends absolut leer ist, ein bisschen Gas schwirrt immer umher. Und Galaxien ziehen sich an und kollidieren. Das wäre ein ganz schönes Feuerwerk, wenn eine Antimateriegalaxie mit einer normalen kollidieren würde (auch wenn da nur Gas und Staub kollidieren würden und sich die Sterne aus dem Wege gingen).

  19. #19 pane
    11. November 2018

    @Alderamin

    Was ist, wenn das geschehen ist, aber hinter dem Horizont, weil seit dem das Universum mit Überlichtgeschwindigkeit gewachsen ist? Diese Phase der Inflation hat es nach allen gängigen Modellen gegeben. Was spricht dagegen, dass auch nach dem Aufleuchten der Hintergrundstrahlung das Universum noch inflationär gewachsen ist?

  20. #20 Alderamin
    11. November 2018

    @pane

    Wenn die Inflation hinter dem Horizont weiter gegangen ist, dann könnten Blasenuniversen mit verschiedenen Naturgesetzen entstanden sein, die dann vielleicht einen Antimaterieüberschuss haben und durch den exponentiell wachsenden Raum von unserer Blase getrennt sind. Aber die wären ja kausal vollkommen entkoppelt von unserem Universum und wir können nur über ihre Existenz spekulieren.

    In dem Moment, als die Inflation lokal endete und das Higgs-Feld seine derzeitige Konfiguration einnahm, müsste nach den derzeit diskutierten Inflationsmodellen schon entschieden gewesen sein, ob Materie oder Antimaterie die Oberhand gewinnen würde. Es entstand Strahlung in hoher Dichte, aus der Teilchen entstanden, die in unmittelbarem Kontakt miteinander standen, überall.

    Die einzige Möglichkeit, dass auch in unserem Universum Antimaterie irgendwo existieren könnte, wäre eine lokale Variation der Naturgesetze schon unmittelbar nach dem Ende der Inflation, so dass es Zonen gäbe, in denen die Materie überwog und andere, in denen Antimaterie gewann, und im Übergang dazwischen entstand gar keine Materie, alles zerstrahlte und schuf so eine Pufferzone, die beide Materiearten sicher voneinander isolierte. Im beobachtbaren Universum haben wir bisher nirgendwo eine Variation irgendeiner Naturkonstante oder irgendwelche leeren Zonen feststellen können (es gibt kosmische Voids, aber die entstanden erst später durch das gravitative Zusammenfließen der Materie in den Filamenten an ihrem Rand). Jenseits des Horizonts wäre so was vielleicht denkbar. Aber das ist, genau wie das Blasenuniversum, reine Spekulation, die dafür notwendigen Naturgesetze kennen wir noch gar nicht.

  21. #21 Ernst der Lage
    12. November 2018

    Wow! Danke für die Antworten, @Alderamin, und auch für die weiterführende Frage, @pane! Das hat mir weitergeholfen!

  22. #22 HBecker
    14. November 2018

    Ich schließe mich dem Dank an. Wie immer sehr lehrreich und (für mich: fast) verständlich.