Am 26. April 2019 wurde ein Asteroid entdeckt. Er hat die Bezeichnung 2019 PDC bekommen und ist zwischen 100 und 300 Meter groß. Seine Umlaufbahn bringt ihn in die Nähe der Erde und eine Kollision kann nicht ausgeschlossen werden. Am 29. April 2027 wird sich der Asteroid der Erde wieder extrem annähern. Nach der Entdeckung betrug die Wahrscheinlichkeit für eine Kollision an diesem Tag 1:50.000. Heute haben neue Bahndaten und -berechnungen allerdings gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit auf 1:100 gestiegen ist. Von allen großen Asteroiden die wir bis jetzt entdeckt haben, ist 2019 PDC derjenige mit der größten Kollisionswahrscheinlichkeit und der einzige, der eine wirklich ernstzunehmende Gefahr für die Erde darstellt.
Diese Geschichte stimmt natürlich nicht. Ich habe ja schon in der Überschrift von einer “Simulation” geschrieben. Es ist aber eine Geschichte die durchaus stimmen könnte. Im April 2019 hat die Zahl der bekannten Asteroiden die in die Nähe der Erde kommen können 20.000 Stück überstiegen. Unter diesen Objekte ist keines, das uns ins absehbarer Zeit gefährlich werden kann. Aber es gibt noch jede Menge unbekannte Asteroiden und prinzipiell ist es durchau möglich, dass wir mal einen finden, der sich auf einem Kollisionskurs mit der Erde befindet. Es ist unwahrscheinlich, dass irgendein riesiges Ding überraschend aus dem Nichts kommt, dass eine globale Katastrophe verursacht. Die großen Asteroiden haben wir so gut wie alle entdeckt. Aber kleinere Objekte können ebenfalls große Katastrophen verursachen. Beim Einschlag eines Asteroiden wie 2019 PDC sind die Folgen lokal beschränkt; je nach Umständen auf ein paar Länder oder einen Kontinent. Aber unangenehm ist es trotzdem und vor allem gibt es von den kleinen Asteroiden deutlich mehr als von den großen. Hier ist es nicht völlig aus der Luft gegriffen, dass wir eine bevorstehende Kollision mit nur ein paar Jahren Vorwarnzeit entdecken. Und was tun wir dann?
Genau das ist das Thema der Simulation der Europäischen Weltraumagentur ESA. Alle zwei Jahre treffen sich Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt um genau das nicht nur zu besprechen, sondern ganz konkret durchzuspielen (ich habe 2015 schon mal darüber berichtet). Im Laufe einer ganzen Woche (von 29. April bis 3. Mai 2019) werden sie verschiedene Rollen einnehmen. Einige werden die “Regierung” bilden, ein paar die “Weltraumagentur”, es wird “Astronomen” geben, “Zivilschutzbehörden”, “Medien”, die “Öffentlichkeit”, und so weiter. Im Simulationsspiel mit verteilten Rollen soll herausgefunden werden, welche Prozesse wichtig beim Umgang mit einem bevorstehenden Asteroideneinschlag sind, wo noch mehr getan werden muss, wo man im Ernstfall Prioritäten setzen muss, und so weiter.
Was bei dieser “Planetary Defense Conference (PDC)” – daher stammt auch der Name des fiktiven Asteroiden, denn “2019 PDC” ist eigentlich kein zulässiger Asteroidenname – passiert kann man live im Internet verfolgen. Auf der Facebook-Seite der ESA wird am 2. Mai ein Live-Stream zu sehen sein (eine Übertragung gab es schon gestern, hier gehts zur Aufzeichnung); dazwischen kann man auf dem Twitter-Account der ESA den Vorgängen folgen. Außerdem gibt es ein Blog mit Informationen über den fiktiven Einschlag. Wer noch mehr Daten möchte, findet bei der NASA jede menge technische Informationen über 2019 PDC.
Ich wiederhole sicherheitshalber noch einmal: Es steht kein echter Asteroideneinschlag bevor. Es geht um eine wissenschaftliche Simulation. Aber es ist gut und wichtig, dass genau so etwas simuliert wird. Die rein wissenschaftlich-technische Seite hat man ja schon seit längerem ausführlich untersucht. Man weiß, wie man nach potentiell gefährlichen Asteroiden sucht; man hat Techniken zur Asteroidenabwehr entwickelt und die Asteroiden sind ein gut gefülltes Forschungsgebiet (siehe hier für sehr viel mehr Infos zu all diesen Themen). Aber das ist ja nur das eine, wenn irgendwann tatsächlich mal ein Einschlag bevorstehen sollte. Die andere Seite ist die Realität der echten Welt. Wer redet wann mit wem und über was? Wie koordiniert man die Kommunikation mit der Öffentlichkeit? Wer verteilt wissenschaftliche Aufgaben; wer muss was vorbereiten, und so weiter. So etwas kann man nur rausfinden, wenn man es ganz konkret durchspielt. Und genau deswegen finden solche “Übungen” regelmäßig statt.
Asteroideneinschläge sind seltene Ereignisse. Aber auch reale Katastrophen und vor allem die einzigen Naturkatastrophen die wir aktiv verhindern könnten. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass wir uns demnächst um so etwas kümmern müssen. Aber wenn es doch passieren sollte ist es gut zu wissen, das wir vorbereitet sind.
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