Im Zentrum unsere Milchstraße befindet sich ein schwarzes Loch. Ein sogenanntes “supermassereiches schwarzes Loch”; also ein schwarzes Loch, das super-viel Masse hat. Mehr als das Viermillionenfache der Masse unserer Sonne in diesem Fall. Es gibt aber auch noch sehr viel massereichere Löcher in den Zentren anderer Galaxien. Das in unserer Galaxie – es trägt die Bezeichnung “SgrA*” ist kürzlich und sehr unerwartet heller geworden.
Jetzt sind schwarze Löcher ja normalerweise und per Definition gar nicht hell. Die Anziehungskraft in ihrer unmittelbaren Nähe ist so groß, dass nichts und auch kein Licht ihr entkommen kann, weswegen wie sie dunkel sind. Das gilt aber nicht für die Umgebung des schwarzen Lochs und das Zeug, dass sich dort befindet. Was auch immer nämlich ohne Chance auf Rückkehr in einem schwarzen Loch verschwindet, macht das normalerweise nicht unbemerkt. Das Material – Gas, Staub, zerissene Sterne, etc – wirbelt zuvor extrem schnell um das Loch herum, heizt sich dabei auf und schickt jede Menge Strahlung hinaus ins All, bevor es dann endgültig in der Dunkelheit verschwindet.
Manche schwarzen Löcher schlucken so viel Zeug, dass sie ihre Umgebung über Milliarden von Lichtjahren hinweg strahlt. Das nennt man “aktiven Galaxienkern” und man findet es in jungen Galaxien. Unsere Milchstraße aber ist alt und das dortige schwarze Loch verschluckt nur ab und zu mal ein wenig Zeug. Es verhält sich ruhig – aber ist dennoch für Überraschungen gut, wie kürzlich Tuan Do von der Universität Kalifornien in Los Angeles und ein Team aus den USA, Deutschland und Spanien festgestellt haben (“Unprecedented variability of Sgr A* in NIR”).
Mit den großen Keck-Teleskopen des Mauna-Kea-Observatoriums auf Hawaii haben sie das zentrale schwarze Loch in vier Nächten des April/Mai 2019 beobachtet. Und dabei vor allem die Menge an Infrarotstrahlung beobachtet. So sah das zum Beispiel am 13. Mai 2019 aus:
Man sieht die Helligkeit des schwarzen Lochs im Infrarotlicht und zu vier Zeitpunkten innerhalb weniger Stunden. Die Position des Lochs ist mit einem roten Pfeil markiert; zusätzlich noch zwei ihm nahe gelegene Sterne, deren Position ebenfalls angegeben ist. Am ersten der vier Bilder ist das Loch (bzw. seine Umgebung) extrem hell und wird innerhalb weniger Stunden aber sehr viel schwächer bis es fast gar nicht mehr zu sehen ist. Dass es sich tatsächlich um die Helligkeit des Lochs handeln muss, zeigt die Helligkeit der Vergleichssterne die über den ganzen Zeitraum hinweg gleich bleibt. Man kann also ausschließen, dass da zum Beispiel einfach nur ein paar Wolken vor dem Teleskop vorüber gezogen sind…
Ein ähnliches Verhalten sieht man auch in den anderen Nächten, wie diese Diagramme zeigen:
Die schwarzen Punkten zeigen jeweils die Veränderung in der Helligkeit des schwarzen Lochs; die weißen Punkte die Helligkeit eines Vergleichsterns. Es tut sich also was im zentralen schwarzen Loch der Milchstraße…
So ein schwarzes Loch ist aber keine Lampe. Genaugenommen ist es sowieso alles andere als eine Lampe, aber es ist eben kein Objekt, von dem (bzw. aus dessen Umgebung) ein komplett konstanter Helligkeitsfluss zu erwarten wäre. Mit zufälligen Fluktuationen der Helligkeit ist immer zu rechnen. Aber das, was Tuan Do und das internationale Team beobachtet haben, ist nichts, mit dem man gerechnet hat und das haben die Forscherinnen und Forscher sogar ausgerechnet!
Sie haben die bisherigen statistischen Modelle zur Beschreibung der Helligkeitsfluktuationen schwarzer Löcher genommen und geschaut, wie wahrscheinlich es wäre, so etwas zu sehen wie das, was sie gesehen haben. So gut wie unmöglich, lautet das Resultat; die Wahrscheinlichkeit liegt unter 0,05 Prozent. Daraus kann man zwei Dinge folgern: 1) Die Modelle sind vielleicht nicht ganz so gut wie sie sein sollen. Und 2) Irgendwas läuft in der Umgebung des schwarzen Lochs ab, dass seine Helligkeit gerade jetzt wild fluktuieren lässt.
Vielleicht ist dem einen oder der anderen aufgefallen, dass einer der beiden Sterne in den Bildern oben der Stern mit der Bezeichnung “S2” ist. Und wer sich erinnert: Der war erst im letzten Jahr sehr prominent in den Medien. S2 ist nämlich nicht einfach nur irgendein Stern sondern enorm interessant. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe des schwarzen Lochs und gehört zu einer Gruppe von Sternen, die es – so wie Planeten die Sonne – in engen Umlaufbahnen umkreisen. Am 19. Mai 2018 berug der Abstand zwischen S2 und dem schwarzen Loch nur 20 Milliarden Kilometer und der Stern ist mit 2 Prozent der Lichtgeschwindigkeit durch diesen Extrempunkt seiner Umlaufbahn gesaust. Dieses Ereignis wurde sehr genau von der Erde aus beobachtet, denn aus der Vermessung von Helligkeit und Geschwindigkeit des Sterns konnte man die Eigenschaften des schwarzen Lochs mathematisch sehr genau ableiten.
Genau bei dieser Annäherung – so die These der Forscherinnen und Forscher – könnte S2 aber auch das ganze Material in der Umgebung des schwarzen Lochs durcheinander gebracht hund ein wenig “klumpiger” gemacht haben. Und einige dieser Klumpen sind nun, unter großen Helligkeitsausbrüchen, in das schwarze Loch gefallen. Am Ende sind wir wieder da, wo wir so oft in der Wissenschaft sind: Wir brauchen mehr und bessere Daten um zu wissen, was da wirklich abgeht. Aber gerade bei diesem Thema sind die ja durchaus zu erwarten. Im April 2019 wurde das erste Bild eines schwarzen Lochs veröffentlicht. Es war nicht das in unserer Milchstraßen, aber das wurde ebenfalls beobachtet. Hier war nur die Qualität der Daten noch nicht gut genug für eine Veröffentlichung. Das wird sich aber in naher Zukunft ändern und dann werden wir auch die Umgebung von SgrA* sehen können. Und vielleicht sehen wir ja noch ein paar Spuren dessen, was auch immer den aktuellen und unerwarteten Helligkeitsausbruch verursacht hat!
Kommentare (13)