Vor knapp zwei Monaten gab es jede Menge medialen Wirbel um eine wissenschaftliche Entdeckung. Zu Recht, denn was man entdeckt hatte war ein sehr starker Hinweis darauf, dass auf unserem Nachbarplaneten Venus vielleicht Leben existieren könnte. Man hatte das Gas Phosphin in der Atmosphäre der Venus nachgewiesen und zwar in einer Menge die sich nach dem aktuellen Stand des Wissens nur durch die Anwesenheit von Bakterien erklären lassen die es bei ihrem Stoffwechsel freisetzen. Zumindest war das die spektakulärste Möglichkeit – die nicht ganz so spektakuläre alternative Erklärung wäre irgendeine Art von Messfehler gewesen. Ich habe damals ausführlich über die Geschichte berichtet.
In den Medien ist es ein wenig ruhig um das Thema geworden; die Wissenschaft hat sich aber natürlich weiter damit beschäftigt. Und wie das so ist bei spektakulären Behauptungen: Da wird ganz genau hingeschaut. Die Entdeckung von außerirdischem Leben verkündet man nicht einfach so! Obwohl die Forscherinnen und Forscher um Jane Greaves von der Uni Cardiff die das damals veröffentlicht haben (“Phosphine gas in the cloud decks of Venus”) das auch nicht getan haben sondern nur vom Nachweis des Phosphin berichtet und auf den Zusammenhang mit möglichen Lebewesen hingewiesen haben. Aber trotzdem wird gerade so eine Entdeckung natürlich besonders intensiv überprüft. Das haben Geronimo Villanueva von der NASA und sein Team getan und Ende Oktober eine Arbeit mit einem sehr eindeutigen Titel veröffentlicht: “No phosphine in the atmosphere of Venus”. Sie sind überzeugt, dass da kein Phosphin in der Atmosphäre der Venus zu finden ist. Was man stattdessen gemessen habe, wäre Schwefeldioxid und das ist weder eine große Überraschung (Schwefel gibt es auf der Venus mehr als genug), noch irgendein Hinweis auf Leben.
Die ganze Diskussion ist sehr technisch. Es ist ja nicht so, als hätte man das Gas direkt gesehen. Man kann die Moleküle in der Atmosphäre der Venus nur indirekt bestimmen indem man Radioteleskope auf den Planeten richtet. Unterschiedliche Moleküle blockieren – vereinfacht gesagt – unterschiedliche Wellenlänge im Radiobereich und man muss nur schauen, was fehlt um rauszufinden, was für Moleküle in der Atmosphäre vorhanden sind. Allerdings blockiert Phosphin einen Wellenlängenbereich der sehr knapp an dem Bereich liegt, der von Schwefeldioxid blockiert wird. Man muss also in der Lage sein, die Daten wirklich gut aufzulösen um zwischen beiden Möglichkeiten unterscheiden zu können. Und genau dazu sind Greaves & Co nicht in der Lage, haben Villanueva und sein Team behauptet. Dazu kommt noch, dass man Beobachtungsdaten ja nicht einfach direkt verwenden kann so wie sie aus dem Teleskop rauskommen. Da gibt es jede Menge Faktoren die rausgerechnet werden müssen, das Teleskop muss kalibriert werden, und so weiter. Das kann man auf unterschiedliche Arten tun, sagen Villanueva & Co, und wenn man es so macht wie sie es getan haben, dann sieht man kein Phosphine mehr.
Also alles doch nur ein Beobachtungsfehler? Nicht ganz, antworten Greaves & Co nun in einem Kommentar dazu, der vorgestern erschienen ist (“Re-analysis of Phosphine in Venus’ Clouds”). Sie hätten die gesamten Daten nochmal neu analysiert und die Kritik von Villanueva berücksichtigt. Und man könne zwar einen Teil der Daten durch Schwefeldioxid erklären, aber nicht alle. Ein bisschen Phosphin muss vorhanden sein. Und auch die Sache mit der Kalibration wäre komplexer als gedacht. Man würde schon Phosphin sehen, aber weniger als sie zuvor gedacht hatten zu sehen. Und nicht so gleichverteilt, sondern eher nur in bestimmten Bereichen der Atmosphäre.
Was das fürs Leben heißt ist unklar. Weniger Phosphin ließe sich vielleicht auch durch andere Quelle erklären als durch Mikroorganismen. Es läuft am Ende auf das hinaus, was auch vorher schon klar war: Wenn wir wirklich wissen wollen, was in der Venusatmosphäre abgeht, dann brauchen wir nicht nur mehr und bessere Daten. Wir müssen direkt vor Ort nachsehen; wir müssen zur Venus fliegen und eine Sonde in die Atmosphäre schicken!
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