Kurz bevor das Jahr 2020 zu Ende geht gibt es Sicht der astronomischen Weltraummission noch einmal sehr gute und spannende Nachrichten. In beiden Fällen kommen sie weder von NASA oder ESA sondern von den Raumfahrtagenturen aus Japan und China. Beide Male geht es darum, Material von außerirdischen Himmelskörpern zur Erde zu bringen. Eine der beiden Missionen ist schon erfolgreich zu Ende gegangen und die andere ist auf einem guten Weg.
Ganz aktuell ist der Erfolg der Hayabusa2-Mission. Das ist, wenig überraschend, die Nachfolgemission von Hayabusa die im Jahr 2003 ins All geflogen, im November 2005 auf dem Asteroiden Itokawa gelandet und im Juni 2010 zur Erde zurück gekommen ist. Ziel war es, Material vom Asteroiden zu sammeln, was nicht so geklappt hat wie man sich das gedacht hatte. Aber es hat zumindest insofern geklappt als dass man am Ende tatsächlich ein paar Partikel der Asteroidenoberfläche im zur Erde gebrachten Probenbehälter finden konnte. Hayabusa2 sollte die Sache dann deutlich besser machen. Im Dezember 2014 flog die Sonde ins All; 2018 wurde das Ziel erreicht: Der Asteroid Ryugu. Im Oktober 2018 wurde eine Landeeinheit dort abgesetzt; im Februar 2019 wurden Bodenproben entnommen und im November 2019 machte sich die Sonde auf den Rückweg zur Erde. Und vorgestern, am 5. Dezember 2020 wurde die Kapsel mit den Bodenproben auf die Erde geworfen. Gelandet ist sie in Australien wo sie auch erfolgreich aufgesammelt werden konnte. Diesmal lief die Mission quasi perfekt, auch wenn die Menge an eingesammelten Asteroidenmaterial nicht groß ist. Ein paar Dutzen Milligramm hat man mitgebracht. Aber dafür ist es nicht Material von der Oberfläche sondern aus tieferen Schichten. Die Sonde hat tatsächlich eine kleine Sprengladung auf Ryugu abgesetzt, einen circa 10 Meter großen Krater in die Oberfläche gesprengt und dann daraus die Proben entnommen. Man hat nun also wirklich ursprüngliches Material zurück zur Erde gebracht. Material, dass noch aus der Zeit stammt als sich das Sonnensystem vor 4,5 Milliarden Jahren gebildet hat und Material, dass nicht der “Witterung” im All ausgesetzt war, also dem ständigen Bombardement von Mikrometeoriten und kosmischer Strahlung.
Capsule collection! The helicopter team immediately flew to the location identified by the DFS team. They searched for the fallen capsule by using radio waves and maps. Thank you very much!
(Collection Team M)#Hayabusa2#はやぶさ2#AsteroidExplorerHayabusa2 #HAYA2Report pic.twitter.com/KSyEbnU3Yd— HAYABUSA2@JAXA (@haya2e_jaxa) December 6, 2020
Auf der Erde werden diese Proben nun in den nächsten Jahren ausführlich untersucht werden. Im All macht Hayabusa2 weiter. Ein bisschen Treibstoff ist noch übrig und man wird in den nächsten Jahren zwei weitere Asteroiden aus der Nähe untersuchen. Im Juli 2026 wird man am Asteroid 2001 CC21 vorbeifliegen und im Juli 2031 beim Asteroid 1998 KY26 ankommen. Der ist zwar nur 30 Meter groß, dreht sich aber einmal in 10 Minuten um seine Achse. So einen schnell rotierenden Winzling haben wir noch nie aus der Nähe gesehen – hoffen wir also, dass Hayabusa2 weiterhin durchhält.
Durchhalten soll auch Chang’e-5. Das ist ein chinesisches Raumschiff, das sich am 23. November 2020 auf den Weg zum Mond gemacht hat. Dort ist es am 1. Dezember 2020 gelandet was an sich schon eine tolle Leistung ist. Aber China hat da ja auch schon einiges an Erfahrung. 2007 hat Chang’e-1 erfolgreich den Mond umkreist, 2010 und 2011 hat Chang’e-2 die Mondoberfläche aus großer Nähe kartografiert und 2013 ist Chang’e-3 erfolgreich auf dem Mond gelandet und hat dort einen Rover ausgesetzt. 2018 hat Chang’e-4 als erste Raumsonde überhaupt eine Landung auf der Rückseite des Mondes geschafft. Und jetzt ist mit Chang’e-5 das bisher größte Raumschiff am Mond gelandet. Mehr als 8 Tonnen ist die Sonde schwer. Zu diesem Gewicht kommen noch 2 Kilogramm dazu, denn das ist die Menge an Mondgestein die Chang’e-5 einsammeln soll. Zurück ins All fliegt aber nicht das gesamte Trumm sondern nur ein kleiner Teil des Raumschiffs. Genau das ist am 3. Dezember 2020 passiert und am 6. Dezember ist der Mondlander an das in der Mondumlaufbahn verbliebene Raumschiff angedockt. Vollautomatisch und es ist das erste Mal, dass das gelungen ist! Bis jetzt haben das immer Menschen erledigt aber die waren diesmal nicht an Bord. Noch nicht…
Geht man davon aus, dass auch der Rest der Mission erfolgreich verlaufen wird, dann sollten die Mondgesteinsproben um den 15. Dezember 2020 auf der Erde eintreffen. Dann werden wir das erste Mal seit den 1970er Jahre wieder “frisches” Material vom Mond zur Erforschung auf der Erde haben. Und das ist tatsächlich frischer als die anderen Proben; die Landestelle von Chang’e-5 liegt in einer Region in der das Gestein der Oberfläche “nur” 1,2 Milliarden Jahre alt ist (im Gegensatz zu den 3-4 Milliarden Jahren die das bisher gesammelte Gestein alt ist). Mit der Untersuchung dieser Proben können wir etwas über den Vulkanismus in der jüngeren Mondvergangenheit lernen der diese jungen Gesteinsschichten gebildet hat. China ist aber nicht nur an der Geologie des Mondes interessiert. Die Mission dient – ebenso wie die in den nächsten Jahren folgenden Chang’e-Missionen – der Vorbereitung von Flügen mit Menschen zu Mond. Bis 2027 sollen verschiedene Regionen der Mondoberfläche erforscht werden; die dort verfügbaren Ressourcen katalogiert und Technologie ausprobiert werden, die für die Konstruktion einer Mondbasis nötig ist. Ab 2030 sollen dann Menschen zum Mond fliegen, dort landen und am Ende will China einen dauerhaft besiedelten Außenposten auf dem Mond eingerichtet haben.
Das klingt alles sehr ambitioniert. Aber wenn man sich ansieht, wie erfolgreich China bisher bei der Erforschung des Mondes war, dann würde es mich nicht überraschen, wenn in 10 Jahren tatsächlich wieder Menschen auf unserem Nachbarhimmelskörper herumlaufen…
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