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Sternengeschichten Folge 490: Technosignaturen: Auf der Suche nach intelligenten Aliens

Heute geht es um Technosignaturen. Und damit ist keine laute elektronische Musik gemeint. Wir beschäftigen uns mit außerirdischem Leben. Und zwar zur Abwechslung mal tatsächlich mit dem, was man sich so denkt, wenn man “Aliens” hört. Intelligente außerirdische Wesen, so wie in den Science-Fiction-Filmen. Wenn ich sonst über außerirdisches Leben und die Suche danach spreche, dann meine ich ja so gut wie immer “Leben” in einem viel allgemeineren Sinn. Dann geht es um Mikroorganismen, um Bakterien, um Algen oder ähnlich “simples” Leben. Denn danach können wir wissenschaftlich seriös tatsächlich suchen. Wir kennen die Vielfalt des mikrobiologischen Lebens auf der Erde. Wir wissen, dass diese Lebewesen enorm zäh sind und unter Bedingungen existieren können, die für uns Menschen lebensfeindlich wären; Bedingungen wie sie auf einem anderem Himmelskörper herrschen können. Auf dem Mars zum Beispiel oder den Eismonden von Jupiter und Saturn. Wir wissen, dass die Mikroorganismen schon lange vor uns Menschen da waren; mehr oder weniger gleich nachdem die Erde halbwegs lebensfreundliche Bedingungen bot. Das ist kein Beleg, aber zumindest ein Hinweis darauf, dass sich diese Art von Leben überall dort entwickelt, wo es kann. Und wenn das so sein sollte, dann wissen wir auch, auf welche Weise wir so eine Art von Leben auf anderen Himmelskörpern nachweisen können; mit der Technik, die uns jetzt schon zur Verfügung steht. Damit können wir nach “Biosignaturen” suchen; nach Spuren, die Lebewesen in der Atmosphäre ihres Planeten hinterlassen wodurch das von diesem Planeten reflektierte Licht charakteristisch verändert wird, wie ich in Folge 464 im Detail erklärt habe.

Intelligentes außerirdisches Leben ist eine ganz andere Sache. Wir wissen ja noch nicht einmal wirklich, warum wir Menschen intelligent geworden sind. Seit mehr als 3 Milliarden Jahren gibt es Leben auf der Erde. Und erst in den letzten paar hunderttausend Jahren hat die Evolution dazu geführt, dass eine Spezies dieses Lebens das entwickelt hat, was wir heute Intelligenz nennen. Und sieht man davon ab, dass wir uns auch nichtmal sicher sind, wie wir “Intelligenz” überhaupt definieren sollen, wissen wir nicht, warum das passiert ist. Passiert so etwas zwangsläufig mit Leben? Warum aber dann erst so spät? Oder muss das so lange dauern? Wenn ja, warum? Oder entwickelt sich Intelligenz nur selten? Wenn ja, wie selten? Und über all dem steht das große Problem, dass wir Menschen uns zwangsläufig intelligentes Leben nur so vorstellen können, wie wir sind. Ok, mit Variationen: Dann haben die Aliens eben spitze Ohren, wie Mr. Spock. Oder ein dichtes Fell, wie Chewbacca. Aber wir sind nicht in der Lage, uns WIRKLICH fremdes Leben vorzustellen; wie denn auch? Wir können nur so denken, wie wir denken können und können per Definition nicht so denken, wie wir nicht denken können, wie aber vielleicht eine fremde Intelligenz denken würde.

So. Das ist alles ein wenig unerfreulich, weil es natürlich sehr spannend wäre, intelligente Aliens zu finden. Aber es ist auch sehr viel schwieriger wissenschaftlich seriös zu bewerkstelligen. Weil wir eben keine Ahnung haben, wonach wir wirklich suchen müssen. Wir können nach Intelligenz suchen, die so ähnlich ist wie wir. Wissen aber nicht im geringsten, was wir mit dieser Einschränkung alles verpassen. Und selbst wenn wir das akzeptieren, bleibt es schwierig. Mit Sicherheit würden wir nur dann Bescheid wissen, wenn irgendwelche Aliens mit ihrem Raumschiff auf der Erde landen und “Hallo” sagen. Oder was auch immer sie sagen würden. Wenn sie überhaupt was sagen. Aber angesichts der unvorstellbaren Distanzen zwischen den Sternen und der Einschränkungen in der Reisegeschwindigkeit durch die Naturgesetze ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass so ein Besuch von Aliens in naher Zukunft stattfinden wird.

Bleibt die indirekte Suche, die aber auch durch die enormen Entfernungen behindert wird. Wir können ja die allermeisten Planeten der anderen Sterne nicht einmal direkt sehen sondern haben sie nur indirekt entdeckt. Und selbst wenn sich das durch die Großteleskope der nächsten Generation bald ändern wird, werden die Planeten immer nur Lichtpunkte im Teleskop bleiben. Das reicht um nach den Biosignaturen zu suchen, die mikrobiologische Lebewesen hinterlassen, wie ich in Folge 464 erklärt habe. Aber wir können auf absehbare Zeit auch mit noch so großen Teleskopen keine Alien-Städte auf anderen Planeten sehen. Wie also könnte man – halbwegs wissenschaftlich seriös – nach intelligenten außerirdischen Lebewesen suchen?

Und jetzt sind wir bei den “Technosignaturen” angelangt. So wie die Biosignaturen Hinweise auf Leben sind, sind Technosignaturen Hinweise auf Technik. Und wenn wir einmal außerirdische Technik gefunden haben, dann muss es da auch irgendwo Intelligenz geben, die diese Technik gebaut hat. Aber von was für einer Technik reden wir hier eigentlich genau? Da haben wir wieder das gleiche Problem wie vorhin: Es geht um Technik, von der WIR MENSCHEN uns vorstellen, dass Aliens sie bauen könnten. Aber ob “sie” – wenn es sie denn gibt – das auch wirklich tun ist eine Frage, auf die wir keine Antwort haben. Aber egal: Was steht da für Alien-Technik zur Auswahl?

Mangels anderer Orientierungspunkte müssen wir uns das halten, was wir über uns selbst wissen. Was also haben wir Menschen an Technik produziert, die irgendwie vom Weltall aus entdeckt werden kann? Nun, wir haben zum Beispiel Raumsonden ins All geschickt. Auf dem Mond liegt diverser Krempel von uns rum; auch auf dem Mars und ein paar anderen Himmelskörpern, wie ich in Folge 261 erzählt habe. Und ein paar Raumsonden wie Pioneer 11 oder Voyager 1 und 2 fliegen immer noch durchs All und werden das vermutlich auch noch in ein paar Millionen Jahren tun. Selbst wenn wir Menschen irgendwann verschwinden, wird ein Teil unserer Technik also noch irgendwo zu finden sein. Wenn sie denn wer findet! Das Weltall ist groß und es ist äußerst unwahrscheinlich darin so etwas winziges wie eine Raumsonde zufällig zu finden. Und das gilt natürlich umgekehrt genau so: Klar kann es sein, dass da draußen irgendwo eine Alien-Raumsonde rumfliegt. Aber es wäre schon ein absurder Zufall das sie gerade von uns und gerade jetzt gefunden wird.

Ähnliches gilt für eine ganz klassische Technosignatur: Außerirdische Radiosignale. Schon vor Jahrzehnten haben wir Menschen angefangen, einerseits nach Radiosignalen zu suchen, die Aliens zur Erde geschickt haben könnten und andererseits sogar selbst welche hinaus ins All gesendet. Darunter waren absichtlich verschickte Botschaften und sehr viel unabsichtliche Sendungen. Unser Radio- und Fernsehprogramm breitet sich ja nicht nur auf der Erde aus sondern auch im All. Zumindest war das früher so, als man da tatsächlich Radiosignale durch die Luft geschickt und mit Antennen empfangen hat. Heute geht das allermeiste schon durch irgendwelche Glasfaserkabel und im Weltall kriegt man nix davon mit. Die Zeit, in der von der Erde aus Radiosignale verschickt worden sind, war also nur sehr kurz und es muss wieder ein großer Zufall sein, wenn irgendwelche Aliens was davon empfangen sollten. Und genau so ist die irdische Suche nach außerirdischen Signale – das SETI-Programm – eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Ja, solche Signale könnte es geben. Aber das All ist groß und wenn man nicht zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit der richtigen Frequenz lauscht, dann findet man nix.

Ebenso unbefriedigend ist die Angelegenheit, wenn wir uns an der Science-Fiction orientieren. In Folge 159 habe ich darüber gesprochen, welche unvorstellbaren Projekte irgendwelche massiv weiter entwickelten Aliens durchführen könnten. Sie könnten zum Beispiel eine Dyson-Sphäre bauen; ihren Stern also mit einer Kugelschale umgeben, um seine gesamte Energie nutzen zu können. Wir können uns vorstellen, so etwas zu bauen. Wir können sogar überlegen, wie man das machen müsste. Wir können ausrechnen, wie viel Material man dafür braucht – man müsste komplette Planeten auseinandernehmen!! – und so weiter. Aber natürlich haben wir nicht einmal ansatzweise eine Ahnung, wie man so etwas tatsächlich macht. Und selbst wenn: Würden wir es auch machen, nur weil wir es könnten? Warum sollen wir davon ausgehen, dass irgendwelche Aliens das erstens können, zweitens wollen und drittens auch tun? Wissen wir nicht – aber wir können ja mal davon ausgehen. Strukturen wie Dyson-Sphären können wir prinzipiell beobachten; sie würden zwar aussehen wie Sterne, aber nicht ganz und wir könnten das herausfinden. Und entsprechende Suchen gab es sogar schon; keine davon war aber erfolgreich.

Ozonloch – nicht außerirdisch. Aber wer weiß (Bild: NASA, gemeinfrei)

Aber wir müssen vielleicht gar nicht mit irgendwelchen Science-Fiction-Megaprojekten arbeiten. Ein paar Möglichkeiten für Technosignaturen gibt es noch die ein wenig vielversprechender sind. Schauen wir wieder auf die Erde: Woran erkennt man, dass die Erde von intelligenten Wesen bewohnt ist, wenn man sie vom All aus betrachtet? Vor allem an den vielen hellen Lichtern auf ihrer Nachthälfte. Gut, ich habe vorhin gesagt, dass wir nicht in der Lage sind, die Oberfläche von extrasolaren Planeten so genau zu beobachten um irgendwelche leuchtenden Alienstädte zu sehen. Aber das ist vielleicht nicht unbedingt notwendig. Wir sind sehr gut darin, das Licht zu analysieren, das vom Weltall zu uns kommt. Planeten leuchten zwar nicht von selbst, aber sie reflektieren das Licht ihrer Sterne. Mit den Teleskopen der nächsten Generation werden wir in der Lage sein, genau dieses von Planeten reflektierte Licht zu untersuchen; zumindest von denen in unserer näheren galaktischen Umgebung. Und wenn da jetzt sehr, sehr viele künstliche Lichter leuchten sollten, dann können wir das mit unseren Instrumenten vielleicht herausfinden. Wir würden dann immer noch nicht sehen, WAS das Licht erzeugt. Aber wir würden sehen, dass von diesem Planeten mehr und anderes Licht kommt als das, was vom Licht des Sterns stammt.

Das setzt aber voraus, dass dort intelligente Wesen leben, die ausreichend entwickelt sind, um jede Menge künstliches Licht zu erzeugen. So weit sind wir Menschen erst seit wenig mehr als 100 Jahren. Und es setzt voraus, dass diese Wesen überhaupt einen Bedarf an künstlichem Licht haben. Vielleicht können sie auch wunderbar im Dunkeln sehen. Oder haben überhaupt keine Augen. Wieder mal gilt: Wir haben keine Ahnung.

Ich hab die ganze Zeit von intelligentem Leben gesprochen. Und damit Lebewesen gemeint, die zumindest weiter entwickelt sind als Tiere. Aber abgesehen davon, dass es eben verdammt schwer ist zu definieren, was jetzt mit “Intelligenz” gemeint ist, haben wir intelligenten Menschen ja durchaus auch Sachen gemacht, die man definitiv nicht klug nennen kann. Wir haben zum Beispiel in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts jede Menge Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe produziert. FCKWs, und das war eine super und intelligente Erfindung. Man hat das Zeug wunderbar überall einsetzen können, als Treibgas, als Kühlmittel und in der Industrie. Es war zweifelsfrei eine Erfindung die nur wir intelligenten Menschen machen konnten; in der Natur kommen diese FCKWs nicht vor. Aber wie sich gezeigt hat, haben diese Gase die Ozonschicht der Erde geschädigt und den Treibhauseffekt angefeuert. Das ist weniger schlau und zum Glück haben wir gelernt, darauf zu verzichten; weitestgehend zumindest.

Wir stellen uns Aliens ja immer als schlauer, besser und ganz allgemein viel weiter entwickelt als wir es sind vor. Aber das ist vermutlich vor allem Wunschdenken; es kann genau so gut sein, dass die auf ihre Art genau so doof sind wie wir. Oder vielleicht auch auf unsere Art doof. Warum sollten Aliens nicht auch FCKWs erfunden haben? Warum sollten die ihre Atmosphäre nicht auch kaputt machen? Und wenn sie das tun, dann könnten wir – zumindest theoretisch – die Existenz dieser Gase nachweisen. Sie hinterlassen ihre Spuren im reflektierten Licht des Sterns; die Moleküle blockieren, so wie alle anderen Moleküle, einen ganz bestimmten Teil davon und wenn wir sehen, dass dieser Teil im Licht eines Planeten fehlt, dann wissen wir, dass dort FCKWs in der Atmosphäre sind. Das in der Praxis nachzuweisen wird aber schwer, denn dafür reichen nicht einmal die Teleskope der nächsten Generation. Aber wir können uns einigermaßen sicher sein, dass wir mittelfristig Instrumente haben werden, die dazu in der Lage sind. Damit können wir uns dann auf die Suche nach nicht ganz so intelligenten Aliens machen.

Aber egal ob klug oder schlau: Am Ende bleibt das Problem vom Anfang. Wir wissen zu wenig darüber, was “Intelligenz” eigentlich ist um mit Aussicht auf Erfolg danach anderswo im All suchen zu können.

Kommentare (7)

  1. #1 Herr Jeorling
    Berlin
    15. April 2022

    Danke für den Beitrag!
    Eine Sache werde ich wohl nie verstehen. In absehbarer Zeit werden wir keine Radiosignale der Voyager Sonden mehr empfangen können und die sind nicht mal ein Lichtjahr von uns entfernt. Trotzdem sucht SETI nach Radiosignalen, die intelligent erscheinen in einem Radius von Hunderten von Lichtjahren.
    Wenn wir nicht mal die Signale von unseren Sondern längerfristig verfolgen können, wie wollen wir dann Signale von viel weiter entfernten möglichen Zivilisationen finden können? Absolut nichts gegen SETI im Gegenteil ich mag die Jungs! Vielleicht hab ich da ja aber etwas nicht richtig verstanden. In jedem Fall bleiben mal wieder Fragen über Fragen. 🙂 In dem Sinne wünsch ich ein frohes Osterfest!

  2. #2 Spritkopf
    17. April 2022

    In absehbarer Zeit werden wir keine Radiosignale der Voyager Sonden mehr empfangen können und die sind nicht mal ein Lichtjahr von uns entfernt.

    Genauer gesagt etwa 0,0025 Lichtjahre.

    Wenn wir nicht mal die Signale von unseren Sondern längerfristig verfolgen können, wie wollen wir dann Signale von viel weiter entfernten möglichen Zivilisationen finden können?

    Das liegt daran, dass Voyager über eine Parabolantenne von lediglich 3,6 m Durchmesser kommuniziert und ihre Energieversorgung von einer Radionuklidbatterie abhängt, die jedes Jahr schwächer wird. Das sind Beschränkungen, von denen man bei einer außerirdischen Zivilisation nicht unbedingt ausgehen muss.

  3. #3 Herr Jeorling
    Berlin
    17. April 2022

    @Spritkopf

    Danke für die Erhellung!

  4. #4 Her Jeorling
    Berlin
    17. April 2022

    Aber …
    Kommunikation mit Radiosignalen wird von „Denen“ Praktischerweise sicher auch nur lokal (innerhalb eines Sonnensystems) genutzt. Für interstellare Kommunikation sind Radiosignale eher weniger geeignet.
    Daher finde ich diesen Ansatz bei der Suche nach Intelligenz. für ungeeignet auch wenn ich ein ausgesprochener SETI Fan bin!

  5. #5 rolak
    17. April 2022

    sicher auch nur lokal

    ‘Sicher’ ist bei Vermutungen über Unbekanntes erstmal garnichts.
    ‘Auch’ ist mit Sicherheit falsch.
    SETI sucht im übrigen (außer diversen anderen TechnoSignaturen) nach absichtlicher interstellarer Kommunikation, das Hauptproblem beim Finden dürfte das Zeitfenster sein…

  6. #6 Herr Jeorling
    Berlin
    19. April 2022

    @rolak

    Ja okay! Da war er mein Denkfehler!

    Also ist die Vorstellung, SETI sucht bewusst an falscher Stelle, um zu vertuschen, dass die USA seit Rosswell mit Aliens in Kontakt sind, vom Tisch. ;~)

    Leider kein Scherz, wenn man bedenkt, das im Discovery Channel mittlerweile Präastronautiker als Experten zu Wort kommen.

    Bei mir hilft bei so etwas in der Regel Gedankenaustausch!

  7. #7 rolak
    19. April 2022

    mittlerweile

    Das erste Mal fiel es mir bereits im letzten Jahrtausend auf. Vielleicht wollte Discovery nicht den gesamten PseudoDoku-Markt der Konkurrenz History überlassen…