Das folgende Bild zeigt zunächst aber den Zustand des lac-Operons, wenn keine Lactose-Verwertung benötigt wird:
Das Repressor-Protein (grün), das vom Bakterium ständig hergestellt wird und daher immer verfügbar ist, bindet in seinem natürlichen Zustand fest an den Operator (s.o.) und versperrt damit der RNA-Polymerase, die vom Promoter aus Transkripte von den Lactose-Abbau-Genen herstellen würde, den Weg. Es entstehen also keine Transkripte und daher werden auch keine Proteine daraus hergestellt.
Wenn nun aber Lactose vorliegt, dann gelangt immer ein klein wenig davon doch in die Zelle (weil immer irgendwo noch ein paar verstreute Β-Galactosid-Permease-Moleküle in der Zelle existieren, die Lactose in die Zelle transportieren können). Ein Lactose-Molekül bindet dann an eine andere Bindestelle am Repressor-Protein, das daraufhin seine Form verändert und in dieser Form nicht mehr an den Operator binden kann. Die vorher auf den Operatoren sitzenden Repressor-Proteine fallen also herunter, wenn Lactose an sie bindet und somit ist der Weg für die Polymerase (orange) nicht mehr versprerrt und sie kann, startend am Promoter, Transkripte für die Herstellung von Lactose-Abbau-Enzymen herstellen.
Solange ausreichend Lactose vorhanden ist, bleiben auch alle Repressor-Moleküle mit Lactose besetzt und so bleibt das Operon frei und werden weiterhin Lactose abbauende Enzyme hergestellt. Wenn irgendwann die Lactose aufgebraucht ist, kann auch keine Lactose mehr an das Repressor-Protein binden. Dieses nimmt wieder seine natürliche Form an, passt und setzt sich sofort wieder auf den Operator und deaktiviert dadurch das Operon. Diese Art der Regulation nennt man negative Regulation.
In Wirklichkeit ist die Lactose-Abbau-Regulation in E.Coli sogar noch ein wenig komplizierter, z.B. kann das Bakterium, wie schon angedeutet, bevorzugt Glucose abbauen. Es wird also erst dann Lactose verwertet, wenn wirklich keine Glucose mehr da ist und auch diese Zustandsunterscheidung muß ja durch molekulare Steuermechanismen realisiert werden.
Es geht mir aber um das Grundprinzip: selbst in vergleichsweise einfachen Organismen, wie Bakterien, die nur aus einer Zelle bestehen, gibt es Mechanismen, die ohne intelligente Steuerung eine auf den momentanen Bedarf angepasste Regulation der Genexpression ermöglichen.
In hochkomplexen Organismen wie dem Menschen sind diese Mechanismen noch viel aufwendiger, umfassen häufig wesentlich mehr Komponenten und es wird zusätzlich nicht nur der Bedarf der einzelnen Zellen „beachtet” und in die Regulation der Genexpression integriert, sondern auch der des Gesamtorganismus, wofür ein kompliziertes Kommunikationssystem zwischen Zellen und Zellverbänden existiert, über das mitgeteilt werden kann, ob und wo bestimmte Genprodukte gerade benötigt werden.
In der Forensik machen wir uns das z.B. bei der Spurenkunde zunutze, wenn wir aufgrund der unterschiedlichen Genexpressionszustände in den verschiedenen Zelltypen, Spurenarten voneinander unterscheiden können. Aber auch in der biomedizinischen Forschung, insbesondere der Krebsforschung, stellt die Analyse der differentiellen Genexpression und ihrer Regulation in Krebszellen eine äußert wichtige aber auch herausfordernde Aufgabe dar.
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