Mit „Framing” wird die Einbettung von Konzepten in bestimmte, die Rezeption beeinflussende Darreichungsformen oder „-rahmen” bezeichnet.
Für mich ist diese Idee relevant geworden, seit, vornehmlich in den USA, eine Debatte über das „Framing” von Atheimus geführt wird und ich fragte mich: „Bedarf Atheismus einer „Einrahmung”?”
Die Debatte trennt zwei „Lager”, deren eines, vertreten durch Leute wie C. Mooney, M. Nisbet, P. Plait und S. Kirshenbaum, einen mit Beschwichtigungsgesten (Appeasement) verbrämten, entschärften Auftritt des Atheismus fordert, während das andere, unter dessen bekannten Fürsprechern sich R. Dawkins, C. Hitchens, S. Harris, D. Dennett und PZ. Myers finden, eine konfrontative, unnachgiebige und unapologetische Haltung einnimmt.
Ein Teil des Konfliktes beruht auf der Frage, ob ein vornehmlich rationalistisch-szientistischer Weltzugang, welcher, so eine Behauptung, in unzulässig verengender Weise einen Teil der vermeintlich die Debatte stützenden „Reichtümer theologischer Denkarbeit” ausblende, überhaupt zureichende Argumente hervorbringen könne. Eine Erwiderung auf diese Frage ist die Analogie der „Antwort des Höflings“, die ich schon an anderer Stellevorgestellt habe.
Ein anderer Teil aber dreht sich um „Ton” und Streitkultur, epitomisiert durch die Phrase „Don’t be a dick!” (deutsch: „Sei kein Arsch!”), deren Fürsprecher, die “Diplomaten”, Spott und Sarkasmus gegenüber religiösen Überzeugungen als nicht hilfreich ablehnen und zu bedenken geben, daß man mit Honig mehr Fliegen fange, als mit Essig.
Die Gegenseite, die “Krieger”, weist daraufhin, daß es völlig angebracht ist, religiöse (aber auch pseudowissenschaftliche) Vorstellungen zu verspotten und unverblümt und ungehobelt zu kritisieren, wenn/weil sie einfach und wirklich zu albern und lächerlich sind.
Im Dunstkreis dieses Konflikts, der von vorfreudigen Theisten (oder Antiatheisten?) gerne zum Vorboten eines unüberbrückbaren Schismas im Lager der Atheisten (es ist auch von „Deep Rifts” die Rede) verzerrt wird, wurden indes auch die Konturen des Begriff des „New Atheism” geschärft, des „Neuen Atheismus“, dessen Zugehörige, zu denen auch ich mich rechne, sich nicht notwendigerweise als Neue Atheisten bezeichnen, oder überhaupt ein „Lagerdenken” wahrnehmen, jedoch die vergleichsweise offensive, affirmative Art zu argumentieren und den Atheismus zu vertreten und bisweilen zu proklamieren, bevorzugen. Die Abwehr und Widerlegung von gegen atheistische Weltanschauung, Ethik und Lebensbewältigung gerichteten religiösen Argumenten tritt somit hinter ripostierend vorgetragenen und nicht unter Mangel an Deutlichkeit leidenden Angriffen gegen die Schädlichkeit und Gefährlichkeit der Religionen und den Appellen für die Überwindung eines irrationalen Welt- und Menschenbildes zurück.
Eine Versöhnung und irgendwie bewerkstelligte, burgfriedenhaft auf tönernen Füßen stehende Vereinbarkeit mit den Religionen wird nicht nur nicht als hohes Ziel, sondern nicht einmal als erstrebenswerter Kompromiss verstanden.
(Viele atheistische Naturwissenschaftler, mich eingeschlossen, halten daher und im Speziellen auch Religion und Naturwissenschaft für unvereinbar, wenn nicht sogar diametral gegenübergestellt. Und denjenigen, die in Gedanken gerade eine vermeintlich das Gegenteil „beweisende” Anekdote mit den Worten „Ich kenne aber einen gläubigen Naturwissenschaftler, der…” einzuleiten im Begriffe sind, erwidere ich, daß gläubige Naturwissenschaftler in zumindest einem Gebiet, der Religion oder der Wissenschaft, inkonsequent sein müssen. Sind sie inkonsequent in der Wissenschaft, so sind sie schlechte Wissenschaftler und sollten nicht als Beispiel dienen. Sind sie aber inkonsequent in der Religion, dann sind sie in durchaus zahlreicher Gesellschaft und könnten – wären sie nur konsequent – die Religion eigentlich auch gleich sein lassen.)
Häufig wird im Zuge dessen, wie ich für mich selbst auch schon ausführte, der Atheismus, die lexikalische Einengung des Begriffs überwindend, nicht mehr als negierendes Weltbild oder gar als „Ausschlußdiagnose”, sondern vielmehr als eine positive, bejahende Einstellung aufgefasst und gelebt, die viele Werte und Einstellungen umfasst, deren Konsequenz und nicht Voraussetzung es ist, unter anderem die Vorstellung irgend einer (i.e. jeder) Gottfigur abzulehnen und für absurd zu halten. Gemäß dieses Selbstverständnisses sind Atheisten untereinander auch nicht lediglich durch eine gemeinschaftliche Negation in Gestalt der Ablehnung einer Vorstellung(sart), sondern häufig durch gemeinsamen Besitz ähnlicher humanistischer, skeptizistischer, freidenkerischer und/ oder agnostizistischer Werte und Ziele verbunden und bisweilen gar organisiert.
Kommentare (356)