auf den Zigarettenpackungen (wobei es hier geteilte Meinungen über deren Effektivität gibt), noch Werbeverbote, noch Preiserhöhungen, noch Zugangserschwerungen. Hier im Rheinland, insbesondere in Köln wird zudem das Nichtraucherschutzgesetz sogar fast flächendeckend ignoriert, so daß es “normal” bleibt, daß man in Bar, Kneipe oder Club, aber auch auf der Strasse an der Haltestelle, in Parks und Biergärten vollgequalmt wird. Da die herkömmlichen Maßnahmen keinen Erfolg erzielen, der Staat also die Bürger nicht wirksam vor den Gefahren des Rauchens und vor allem des Passivrauchens, wie die Zahl der Toten durch Passivrauch ja unmißverständlich zeigt, schützt, sollte über eine andere Herangehensweise nachgedacht werden.
In den diesbezüglich viel fortschrittlicheren USA ist schon seit längerem ein Trend zur Entnormalisierung des Rauchens zu beobachten, den ich mir auch in Deutschland wünsche. Unter anderem wird das Rauchen an immer mehr öffentlichen auch unbedachten Plätzen verboten und zwar nicht nur mit der defensiven Begründung der Schädlichkeit des Passivrauchens, sondern auch mit dem Hinweis, daß der Rauchgestank eine vermeidbare Belästigung anderer darstellt, daß ein großer prozentualer Anteil an liegengelassenem Müll z.B. in Parks “Rauchabfälle” (Kippen, Schachteln, Plastikumverpackungen etc.) sind und daß es für Familien mit Kindern möglich sein müsse, öffentliche Plätze und Anlagen zu besuchen, ohne daß Kinder Rauch und dem Anblick der Tätigkeit des Rauchens ausgesetzt werden. Außerdem werden das Mindestalter für den Zugang zu Filmen, in denen geraucht wird, angepasst und Gegenwerbekampagnen, die ein negatives Image des Rauchens erzeugen sollen, lanciert.
Man muß hier sicher einen Kompromiss finden: um nicht eine de-facto-Prohibiton zu verursachen, kann das Rauchen nicht an allen öffentlichen Plätzen verboten werden. Und ich verstehe auch Kritiker, die auf die enge Korrelation zwischen Rauchen und sozioökonomischem Status (je niedriger der Status einer Person, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß sie raucht) und damit darauf verweisen, daß finanziell schlechter gestellte Menschen stärker auf öffentliche Plätze für den Konsum von Tabakwaren angewiesen seien.
Aber dennoch: Rauchen verursacht mit Abstand die meisten vermeidbaren Todesfälle in Europa und angesichts der Tatsache, daß 80% aller Raucher im jugendlichen Alter mit dem Rauchen angefangen haben ist meiner Meinung nach eine Entnormalisierung die einzig erfolgversprechende Möglichkeit, das Rauchen wirklich eines Tages komplett zu eliminieren und insbesondere Kinder und Jugendliche davon abzuhalten überhaupt damit anzufangen:
Wenn Jugendliche, die mit dem Rauchen anfangen, von Gleichaltrigen und sogar Jüngeren als Loser und nicht mehr als cool und Vorbild angesehen würden, wenn mehr Kampagnen stärker darauf abzielten, daß Rauchen nicht nur tödlich krank, sondern auch häßlich und unsexy (was für viele Jugendliche wesentlich realer und bedrohlicher klingt) macht, wenn das Rauchen generell nicht mehr die lockende Aura und den Reiz des “Verbotenen”, “Verwegenen” und “Lässigen” ausstrahlte , sondern des Image einer uncoolen, schädlichen, teuren, lächerlichen und schlechten Angewohnheit erhielte, so würde der Anreiz, damit anzufangen, fast vollständig entfallen, sowie der Anreiz, sich die Mühe der Entwöhnung zuzumuten, stiege.
Ich bin überzeugt, daß man, falls eine Entnormalisierung gelingt, in 20 Jahren in Rückschau auf die heutige Zeit fassungslos den Kopf schütteln und Sätze, die mit “Wie konnten wir nur…” beginnen, äußern wird.
Übrigens: in New York ist das Rauchen in der Öffentlichkeit inzwischen weitgehend verboten. Volksaufstände und größere Pleitewellen hat es meines Wissens nicht gegeben. Die Begründung für dieses Verbot klingt erfrischend “normal”:
“Das Leben und die Gesundheit von Nichtrauchern sollte nicht geschädigt werden, nur weil andere Menschen sich entschieden haben zu rauchen”
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Nachtrag am 6.10.11
Für alle, die aufhören möchten:
Das New England Journal of Medicine stellt eine randomisierte Doppelblindstudie vor, die belegt, daß die Einnahme von Cystein bei der Rauchentwöhnung hilft.
Robert West, Ph.D., Witold Zatonski, M.D., Magdalena Cedzynska, M.A., Dorota Lewandowska, Ph.D., M.D., Joanna Pazik, Ph.D., M.D., Paul Aveyard, Ph.D., M.D., and John Stapleton, M.Sc. Placebo-Controlled Trial of Cytisine for Smoking Cessatio. N Engl J Med 2011; 365:1193-1200
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