Ich habe darüber nachgedacht, welche Sonderrechte Religionen bzw. die sie Ausübenden in Deutschland genießen. Unter Sonderrechten verstehe ich, daß, um eine Ausübung der jeweiligen Religion gemäß deren Traditionen zu gewährleisten, Ausnahmen von der ansonsten für alle bindenden Rechtsgültigkeit gemacht werden.
Eingefallen sind mir dazu:
I Beschneidung von männlichen Säuglingen oder Kleinkindern ohne medizinische Indikation
II Schlachtung mit dem Tierschutz zuwiderlaufenden Methoden
III Ungleichbehandlung von Frauen bei der Stellenbesetzung
IV Von deutscher Rechtstradition abweichende Bewertung von Gewaltdelikten durch die Justiz
zu I: Medizinisch stellt die Entfernung eines funktionalen Körperteils ohne Indikation und Zustimmung des Patienten nichts weniger als eine Verstümmelung dar, sie ist also eine „auf Dauer als einschränkend bzw. nachteilig bewertete Verletzung des biologischen, insbesondere menschlichen Körpers durch äußere Einwirkung und führt zum Verlust der körperlichen Integrität.” Wiki
Rechtlich ist eine Körperverletzung nur „dann nicht rechtswidrig […], wenn in sie (auch konkludent) eingewilligt wird oder ein rechtfertigender Notstand vorliegt“.
Die eingebildete Schließung eines Bundes mit einer fiktionalen Gottheit dürfte keinesfalls als „Notstand” gelten, mit dem zu rechtfertigen wäre, einem gesunden Jungen einen Teil seines Penis’ abzuschneiden. Im Übrigen könnten hier nun Verfechter der noch viel grausameren und glücklicherweise in Deutschland ausnahmslos verbotenen weiblichen Genitalverstümmelung einwenden, daß sie ungleich behandelt werden, denn schließlich sei ja die männliche Beschneidung aus religiösen Gründen, die im Prinzip (!) dasselbe ist, ebenfalls erlaubt.
Und obwohl es Ansätze in die richtige Richtung gibt, ist noch keine eindeutige Rechtsprechung, die endlich die körperliche Integrität höher als den religiösen Eifer wertet, erfolgt.
zu II: Judentum und Islam sehen die Schlachtungsmethode des Schächtens für zum Verzehr gedachte Tiere vor. Zumindest das jüdische Ritual verbietet dabei auch noch streng eine vorherige Betäubung. Eigentlich ein klarer Verstoß gegen §4 des Tierschutzgesetzes.
Hier stellt sich doch die Frage, wo man die Grenze zieht bzw. ob die derzeit gebräuchlichen Regelungen nicht ohnehin völlig willkürlich sind.
Was wäre beispielsweise, wenn sich morgen jemand vorstellte, der aus religiösen Gründen einem Tier über lange Zeit extreme Schmerzen beibringen meint zu müssen. Oder wenn dieser jemand angäbe, daß in seiner Religion zwingend eine bestimmte, vom Aussterben bedrohte Tierart verzehrt werden müsse. Oder daß für das in seiner Religion verzehrte Fleisch bestimmte ansonsten vorgeschriebene Maßnahmen (z.B. veterinärmedizinische Kontrolle auf Parasiten, Hygiene o.ä.) zu unterbleiben haben. Müßte das dann erlaubt werden? Und wenn nicht, warum nicht? Warum also reicht die Angabe von „religiösen Geboten”, um z.B. in Deutschland Ausnahmegenehmigungen für das grausige Schächten zu erhalten? Wo ist der Nachweis, daß das Fleisch dadurch irgendeine meßbar andere Eigenschaft erhält? Und warum genügt die unbewiesene Behauptung, daß dem so sei, um für Leute, die solches behaupten, die Tierschutzgesetze außer Kraft zu setzen?
zu III: In der katholischen Kirche gelten Frauen nicht gleichviel, wie Männer (“Grundlage” dafür ist so eine haarsträubende Räuberpistole über einen Lehm-Mann und dessen diätischen Fehlgriff, zu dem er durch eine Rippen-Frau und eine sprechende Schlange verleitet wurde). Das abscheuliche Frauenbild dieser Religion ist ein Atavismus des Bronze-Zeit-Patriarchats, aus dem sie stammt. Daß diese Haltung zu Frauen nicht nur bis heute gehegt, gepflegt und gegen jede Modernisierung verteidigt wurde und dies seinen Niederschlag unter anderem darin findet, daß Frauen in dieser Organisation bestimmte Berufe bis heute nicht ausüben dürfen, ist in besonderem Maße empörend, weil die katholische Kirche Steuergelder in nicht unbeträchtlichem Maße einstreicht. Es werden also Staatsmittel (nicht nur die Kirchensteuer!) für die Zementierung der verfassungswidrigen Ungleichbehandlung ver(sch)wendet! Soweit ich weiß ist es jedenfalls nicht möglich, die kath. Kirche durch Klage zu zwingen, Frauen zum Priesteramt zuzulassen. Und das wird sicher auch trotz einer möglichen gesetzlichen Frauenquote nicht anders werden.
zu IV: Auch im Islam werden Frauen nicht als gleichwertig aufgefasst. Dies drückt sich jedoch noch etwas drastischer als z.B. durch Ungleichbehandlung bei der Berufswahl aus: nämlich durch sanktionierte Gewalt gegen Frauen, denn der Koran erlaubt und ermutigt die körperliche Züchtigung von unbotmäßigen, insubordinativen Frauen durchaus.
Statt sich darüber zu empören, scheint es aber der hiesigen Justiz bisweilen durchaus ein einleuchtender Grund dafür zu sein, islamisch motivierte Gewalt gegen Frauen (oder überhaupt Menschen -Stichwort: Ehrenmord) anders zu bewerten, als nicht oder anderweitig ideologisch geprägte Übergriffe.
Besonders haarsträubend fand ich in dieser Hinsicht die Entscheidung einer deutschen Richterin (!), die eine aus Härtefallgründen vorzeitige Scheidung einer moslemischen Frau von ihrem gewalttätigen und sie mit Mord bedrohenden Ehemann ablehnte, weil “die Ausübung des Züchtigungsrechts […] keine unzumutbare Härte gemäß Paragraph 1565 BGB” begründe. Allein das Wort „Züchtigungsrecht” – das im Islam laut Koran (4:34) natürlich nur dem Mann gegenüber der Frau zusteht – zeigt, mit welcher Verachtung und als wie unmündig Frauen in dieser Religion begriffen werden. Daß aber ausgerechnet dieses, jedenfalls im deutschen Gesetz nicht vorgesehene „Recht” von einer deutschen RichterIN herangezogen und damit implizit eingeräumt wurde, um einer Frau zu verwehren, sich durch eine mehr als berechtigte Scheidung einem prügelnden Gatten zu entziehen, ohne als unzurechnungsfähig erklärt und aus dem Amt entfernt zu werden, ist kaum noch zu fassen.
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