Wie ganz am Anfang erwähnt, beschäftigt sich die Forensische Genetik routinemäßig nicht nur mit der Untersuchung von Tatortspuren oder der Identifikation von unbekannten Toten. Manchmal stellt sich auch die Frage nach der biologischen Art, von der eine zu untersuchende Spur oder Hinterlassenschaft stammt.
Besonders in Ländern, in denen vom Aussterben bedrohte, exotische Tiere vorkommen, sind solche Untersuchungen zum Schutz der Artenvielfalt und zur Durchsetzung von Artenschutzgesetzen besonders wichtig. Nur wenn man anhand konfiszierten Schmuggelgutes nachweisen kann, daß illegaler Handel mit Teilen einer bedrohten Tierart getrieben wurde, können die Behörden eingreifen.
Ein Beispiel aus Indien findet sich gerade in der aktuellen Literatur [1]: der illegale Handel mit und Schmuggel von Teilen aus und Produkten von Schlangen nimmt dort kontinuierlich zu. Schlangengift ist nach Elfenbein sogar die am häufigsten nachgefragte Schmuggelware laut „Wildlife Trade Monitoring Network“. Deshalb werden Schlangen auch immer noch massenhaft getötet, um an ihre Haut und ihr Gift zu gelangen.
Insbesondere die „Echte Kobra” (naja naja), die wir auch als Brillenschlange kennen, ist durch diesen Handel inzwischen stark gefährdet obwohl sie in Indien seit 1972 gesetzlich geschützt ist. Ein großes Problem für die Ermittlungsbehörden bei der Bekämpfung dieses Unwesens war bisher, konfisziertes Schlangengift ohne aufwendige und komplizierte biochemische Analyse einer bestimmten Schlangenart zuzuordnen, um einen Verstoß gegen das Gesetz auch nachweisen und ahnden zu können.
Im vorliegenden Artikel beschreiben die Kollegen aus Kerala in Indien nun, wie es ihnen gelungen ist, aus getrocknetem Schlangengift, das von einem Ermittler aus einem Hotelzimmer konfisziert worden war, DNA zu isolieren, anhand dieser die Schlangenart, von der es stammte, zu ermitteln und so die Überführung der Schmuggler zu ermöglichen.
Ihr Ausgangsmaterial waren dabei drei Giftproben (WL 625, WL 626, WL 627). Eine DNA-Isolation aus Schlangengift ist zuvor erst einmal in der Literatur beschrieben worden und dort mit nur geringem Erfolg. Die Autoren ersannen also eine eigene Methode, die besser an das schwierige Ausgangsmaterial (Giftkristalle) angepasst war, für die DNA-Extraktion. Der erste Schritt ihrer Technik löste die komplexe Kristallmatrix auf, zerstörte und beseitigte die darin vorhanden Proteine und befreite die DNA. Im zweiten Schritt, einer gewöhnlichen organischen Extraktion (wie hier beschrieben), wurde die DNA dann aufgereinigt und von den Überresten des ersten Schrittes befreit.
Für die eigentliche Spezieserkennung gibt es mehrere DNA-basierte Verfahren. Das Grundprinzip ist meist, einen Abschnitt eines für einen sehr zentralen und bei allen Tieren ausgeprägten biochemischen Prozess wichtigen Gens zu sequenzieren und die erhaltene Sequenz mit den in einer Datenbank abgelegten Sequenzen aller möglichen Tiere zu vergleichen. Je ähnlicher sich die Sequenzen zweier Individuen sind, desto näher stehen sie sich taxonomisch. Bei vollständiger Übereinstimmung kann man gewöhnlich davon ausgehen, daß die Sequenzen von derselben biologischen Art stammen. Ein Beispiel für so ein Gen, das in diesem Artikel untersucht wurde, das wir aber auch hier bei uns in Bonn für die Speziesbestimmung verwenden, ist das sogenannte „Cytochrom-b”. Es ist ein Teil der „Atmungskette” , also einer Reihe von hintereinander angeordneten Proteinen, die es der Zelle ermöglichen, den eingeatmeten Luftsauerstoff kontrolliert zu „verbrennen”, und die dabei freigesetzte Energie in Form von ATP zu speichern. Dieser Stoffwechselweg ist so zentral wichtig, daß er in allen Tieren ausgeprägt wird und deshalb findet man auch in allen Tieren Cytochrom-b und sein Gen. Mutationen in diesem Gen sind tödlich, wenn sie die Funktion des Genprodukts beeinträchtigen. Es gibt aber ein paar wenige Mutationen, die nicht schädlich sind und die an Nachkommen weitervererbt werden. Im Laufe der Evolution und der Artaufspaltungen haben sich so verschiedene Mutationsmuster in den heute bestehenden Arten etabliert und genau an diesen Mustern kann man sie voneinander unterscheiden.
Die Autoren haben also die aus dem Gift isolierte DNA hergenommen und mittels PCR einen definierten Bereich des Cytochrom-b-Gens amplifiziert. Die gewonnenen Sequenzen haben sie dann mit den Cytochrom-b-Sequenzen verschiedener Schlangenarten, die sie einer Datenbank entnahmen, verglichen. Die höchste Übereinstimmung (99,0%) resultierte dabei für die Sequenz der Brillenschlange.
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