Es sei, beschließen die Autoren, zwar Vorsicht geboten bei der Interpretation dieser Ergebnisse. Man müsse noch mehr (z.B. unter Einbeziehung weiterer kultureller Kreise) als bisher geschehen ihre Allgemeingültigkeit prüfen. Zudem sei analytisches Denken kaum die einzige Ursache für religiösen Unglauben.
Dennoch liege hiermit erstmalig eine empirische Analyse vor, die, zum wachsenden Literaturhintergrund passend, analytisches Denken als eine kognitive Ursache für religiösen Unglauben vorstellt.
Für mich war das eine sehr spannende und im Ergebnis nicht sehr überraschende Arbeit, da sie empirisch belegt, was ich und viele andere immer vermutet haben: daß in gewissem Ausmaß eine tatsächlich kognitive Unvereinbarkeit besteht, zwischen der intuitiven, also ungeprüften Annahme religiöser Konzepte, die offenbar die Grundlage des Glaubens ist und der Neigung oder Fähigkeit, prüfend zu hinterfragen, zu analysieren oder, anders ausgedrückt, zu zweifeln.
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Anhang
A – Aufgabe zum analytischen Denken
1.) Ein Ball und ein Schläger kosten zusammen 1,10 $. Der Schläger kostet 1,00 $ mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball?
Intuitive Antwort: 10 cent
Analytische Antwort: 5 cent
2.) Wenn 5 Maschinen 5 Minuten brauchen 5 Dinger herzustellen, wie lange würden dann 100 Maschinen brauchen, um 100 Dinger herzustellen?
Intuitive Antwort: 100 Minuten
Analytische Antwort: 5 Minuten
3.) In einem See gibt es einen Bereich mit Seerosenblättern. Jeden Tag verdoppelt sich die Größe des Bereichs. Wenn nach 48 Tagen der ganze See mit Seerosenblättern bedeckt ist, wie lange hat es dann gedauert, bis der halbe See bedeckt war?
Intuitive Antwort: 24 Tage
Analytische Antwort: 47 Tage
B – Intrinsische Religiosität
– Mein Glaube betrifft alle Bereiche meines Lebens
– Ich bin sehr bemüht, meine Religion in alle anderen Bereiche meines Lebens einfließen zu lassen
– Ich fühle die Gegenwart des Göttlichen in meinem Leben
– Nichts ist mir wichtiger, als Gott zu dienen, so gut ich kann
– Mein Glaube schränkt manchmal meine Handlungen ein
– Man sollte vor jeder wichtigen Entscheidung Gottes Rat suchen
– Es ist nicht so wichtig, woran ich glaube, solange ich ein moralisches Leben führe
– Obwohl ich ein religiöser Mensch bin, lasse ich religiöse Überlegungen keinen Einfluss auf meine Alltagsgeschäfte nehmen
– Obwohl ich an meine Religion glaube, finde ich, daß es viele wichtigere Dinge im Leben gibt
C – Intuitiver religiöser Glaube
– Ich glaube an Gott
– Wenn ich in Bedrängnis oder Not bin, ertappe ich mich dabei, Gott um Hilfe zu bitten
– Wenn Menschen beten, sprechen sie eigentlich nur mit sich selber
– Ich verstehe Religion einfach nicht
– Ich verbringe nicht viel Zeit mit Gedanken über meine Religiosität
D – Glaube an übernatürliche Wesen
– Gott existiert
– Der Teufel existiert
– Engel existieren
E – Visuelles Priming
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Literatur:
[1]Gervais, W., & Norenzayan, A. (2012). Analytic Thinking Promotes Religious Disbelief Science, 336 (6080), 493-496 DOI: 10.1126/science.1215647
[2] Shenhav A, Rand DG, Greene JD. Divine intuition: Cognitive style influences belief in
God. J Exp Psychol Gen. 2011 Sep 19.
[3] Alter AL, Oppenheimer DM, Epley N, Eyre RN. Overcoming intuition: metacognitive difficulty activates analytic reasoning. J Exp Psychol Gen. 2007 Nov;136(4):569-76.
[4] DM Oppenheimer. The secret life of fluency. Trends Cog Sci, 2008 Jun 12(6):237-241
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