Tradition. Nur weil man ‘es’ immer so gemacht hat, bedeutet das nicht, daß ‘es’ nicht unglaublich dämlich ist.
Feststellung: das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist eines der zentralen, fundamentalen Menschenrechte, das auch Kinder genießen. Die Beschneidung des Penis’ eines Kindes ohne medizinische Indikation ist eine Verstümmelung. Damit ist eine Beschneidung gegen bzw. ohne den Willen des Kindes ein Verbrechen!
Es war zu erwarten, daß das wackere und überfällige Urteil des Kölner Gerichts zur Strafbarkeit der Beschneidung und seine Folgen erstens für hohe Wellen sorgen und zweitens auch in den Scienceblogs diskutiert werden würden. Ich hatte ja selbst auch das Thema in einem Text zu den Sonderrechten der Religiösen zufällig bereits vorweggenommen.
Im folgenden will ich den Blickwinkel aber noch mal etwas ausweiten und, ausgehend von der bekannten Jungen-Beschneidung, noch andere Formen der traditionellen Kinderverstümmelung ansprechen. Angesichts der derzeitigen abscheulich populistischen Appeasement-Bestrebungen der fast gesamten deutschen Politik, möglichst schnell die traditionell-religiöse Penisverstümmelung bei Säuglingen und Kindern per Gesetz zu erlauben, sollte man darauf vorbereitet sein, für welche Praktiken als nächstes von den entsprechend Geneigten mit dem “Wenn die dürfen, wollen wir auch”-Argument, dann, wenn so ein Gesetz wirklich verabschiedet wird, religiös-traditionell begründeter, gesetzlicher Dispens gefordert werden wird:
Die “üblichen” Erscheinungsformen der traditionellen Kinderverstümmelung sind, steil ansteigend in Perversion und Bösartigkeit:
1.) die Beschneidung des Penis‘ kurz nach der Geburt, wie sie im Judentum und Islam Pflicht bzw. dringend empfohlen ist,
2.) das sog. “breast ironing” oder “Brustbügeln“, das jungen Mädchen angetan wird, um ihre Brustentwicklung zu verlangsamen und die Brüste unattraktiv zu machen (hier ein erschütternder Bericht darüber),
3.) die Beschneidung weiblicher Genitalien, bei der, je nach Art der Durchführung, Mädchen oder jungen Frauen, bestimmte Teile der Genitalien abgeschnitten werden (wer es sich wirklich antun möchte, findet hier einen Bericht zu Beschneidungen britischer Mädchen – folgende sprachlos machende Auszüge daraus muß ich aber jedem zumuten:
Some will be taken[…] to “cutting parties” for a few girls at a time in a cost-saving exercise.
(Übersetzung: Einige werden […] als kostensparende Maßnahme zu “Beschneidungsparties” für mehrere Mädchen gleichzeitig gebracht.)
Other girls have died, of shock or blood loss; some have picked up infections from dirty tools. Jamelia’s mother paid extra for the woman to use a clean razor.
(Übersetzung: Andere Mädchen sind am Schock oder dem Blutverlust gestorben; einige haben sich durch schmutziges Besteck Infektionen zugezogen. Jamelias Mutter hat extra etwas mehr bezahlt, damit die Frau, die die Beschneidung durchführte, eine saubere Rasierklinge verwendete))
Die Beschneidung des Penis’ setzt durch die Entfernung der schützenden Vorhaut die Eichel einer ständigen Reibung aus, was letztlich die Sensitivität herabsetzt und zu einer Reihe von Problemen führen kann. Der zentrale Punkt ist aber, daß die Vorhaut einen Arm des Dorsalnervs und zwischen 10.000 und 20.000 spezielle erogene Nervenendigungen enthält und für viele Männer notwendig für befriedigendes, sexuelles Erleben ist.
[Nachtrag 19.07.: in den Kommentaren wurde auf ein “Lehrvideo” verlinkt, das die Durchführung einer routinemäßigen Genitalverstümmelung (=Beschneidung) an einem Baby, selbstverständlich ohne Betäubung, zeigt. Das Video ist so schon schlimm genug, aber wenn man noch den Ton dazu hört, wird es vollends abartig! Ich repliziere hier ausdrücklich die Warnung des Kommentatoren, jedoch empfehle, ja verlange ich, daß sich die Beschneidungsbefürworter, insbesondere die “harmloser, kleiner Eingriff”-Fraktion, sich das ansieht.]
Das “Bügeln” der Brüste, welches ursprünglich und fälschlicherweise für die Verbesserung der Milchproduktion für nützlich befunden wurde, dient heute ganz offen dem Zweck, die verstümmelten Mädchen unattraktiver für Männer und somit “unbegehrter” für Geschlechtsverkehr zu machen und mithin vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen.
Die Mütter nehmen die mit der Prozedur verbundenen Schmerzen, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, Infektionen, Zysten und das später erhöhtes Krebsrisiko für ihre Töchter in Kauf. Man könnte meinen, daß Aufklärung, Sexualerziehung und Verhütung die weniger destruktiven und deutlich effektiveren Möglichkeiten zur Verhinderung ungewollter Schwangerschaften seien (an dieser Stelle ist vielleicht zu erwähnen, daß Kamerun, wo diese Barbarei vor allem durchgeführt wird, zu 25% katholisch ist…).
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