Ich zeige hier, wie man sich eine Plattenzentrifuge prima selber bauen kann.

Zur Einführung muß ich vielleicht kurz etwas erklären: Laborgeräte sind teuer. Sehr teuer. Häufig tun sie nichts anderes als herkömmliche Haushaltsgeräte, kosten aber das Zehnfache. Wenn man arm ist, wie wir und so ziemlich die meisten universitären Forschungsabteilungen, kann man sich fast nie die Geräte leisten, die man gerne hätte und nicht mal immer die, die man braucht. Also muß man häufig improvisieren und ich habe in Labors schon die abenteuerlichsten Konstruktionen gesehen, die aus Material für 20 € bestanden und ein Gerät für 3000 € ersetzten. Das ganze hat natürlich eine Grenze! Man sollte nicht mit selbst gebauten Apparaten wichtige Messwerte generieren, von denen am Ende eine Arbeit oder gar die Gesundheit eines Menschen abhängt, aber manches geht doch.
Z.B. bei uns: wir führen hier jeden Tag mehrere quantitative PCRs durch, z.B. um DNA-Mengen sehr genau zu quantifizieren. Diese PCRs werden nicht in einzelnen Reaktionsgefässen angesetzt, sondern in sogenannten 96-well-Platten: Kunststoffplatten, in die 96 Vertiefungen eingebracht sind und die nachher mit Folie überklebt werden, so daß man 96 separate Reaktionsräume hat. Eigentlich muß man solche Platten, wenn man sie fertig bestückt hat, kurz abzentrifugieren, um letzte Flüssigkeitströpfchen von den Innenwänden der Vertiefungen zu entfernen. Das geht aber nur mit einer Plattenzentrifuge, einer Zentrifuge also, in die solche Platten hineinpassen und die einen ganz speziellen Rotor besitzen. Und die sind sehr sehr teuer (mehrere Tausend €), können dafür aber auch die Platten mit enormer Geschwindigkeit drehen, wofür sie wiederum hohen Sicherheitsansprüchen genügen und genau kalibriert sein müssen etc . Doch genau das braucht man überhaupt nicht, wenn man die Platten eigentlich nur mal kurz andrehen will, der Laborslang dafür ist “runterdrullern”. Auch so etwas kann man kaufen: eine Minizentrifuge, die nix anderes kann, als Platten runterzudrullern. Doch auch so ein Ding kostet noch knapp 600 € – zuviel für uns.

Was wir uns leisten konnten, waren 4 € für eine Salatschleuder in einem großen, schwedischen Möbelhaus und ein paar Cent für Kabelbinder. Was wir noch hatten, war eine Bohrmaschine und zwei so schwarze Untersetzer für 96-well-Platten, in die man sie während der Bearbeitung hineinstellt. Also haben meine Doktorandin und ich uns ans Werk gemacht und was wir hervorgebracht haben, ist das:

impro zentrifuge.jpg

Et voilà, eine Plattenzentrifuge zum Runterdrullern mit Handbetrieb (in einem der schwarzen Untersetzer sitzt so eine 96-well-Platte drin). Funktioniert einwandfrei. 🙂
(Und ja, wir haben sie natürlich vor Benutzung gründlichst gereinigt und mit UV-Licht, DNAse, RNAse und danach mit RNAse-Inhibitoren behandelt).

flattr this!

Kommentare (13)

  1. #1 Ulrich Berger
    03/09/2012

    Im Laborjournal gibt’s immer eine Seite mit “Labortricks”. Da würde das doch gut hinpassen! Mail an hz@laborjournal.de genügt…

  2. #2 Cornelius Courts
    03/09/2012

    @UB: danke für den Tip 🙂

  3. #3 Sebi
    03/09/2012
  4. #4 Olaf aus HH
    03/09/2012

    Genial – I love such ideas.
    Aber für eine Black & Decker, eine Bosch oder Makita et. al. aus dem Baumarkt hätte es doch noch reichen können.
    So hat früher Forschung (ohne Baumarkt…) funktioniert – wirklich funktioniert. Da gab es auch nur schwarz-weiß-Filme. 😉

    Herzlichst aus Hamburg

  5. #5 rolak
    03/09/2012

    Ändert allerdings nichts an dem schönen hack, Sebi, wenn es vorher schon bekannt war. Das selber-erschaffen bringt den kick…

    btw, Cornelius: Wenns fürs Laborjournal nicht langt – es gäbe ja noch noch die IKEA Hackers 😉

  6. #6 Erik
    03/09/2012

    Tja, bei uns verrichtet auch eine “echte” Mikrotiterplattenzentrifuge ihren Dienst. Kostenpunkt knapp fünfstellig, dazu natürlich der Wartungsvertrag. Alles nur um täglich 5 oder 6 Platten kurz “anzuleiern”.

    Ich frag mich nur: bekommt ihr eine Salatschleuder durch die heute unvermeidliche Akkreditierung?

  7. #7 Erik
    03/09/2012

    Und gibts dafür ein Gerätelogbuch?

  8. #8 Ulrich Berger
    04/09/2012
  9. #9 Sebi
    06/09/2012

    @rolak
    Mein Kommentar war nur dirket auf den Vorschlag bezogen, eine Mail ans Laborjournal zu schicken. Ansonsten ist an der Lösung nix auszusetzen.

  10. #10 rolak
    07/09/2012

    Hattest Du am Tag des großen Umschaltens schonmal gesagt,¹ Sebi – und meiner einer befleißigte sich zu erwähnen, es nur deswegen gesagt zu haben, weil es halt noch gar nicht erwähnt ward, daß die Lösung gut ist.

    _____
    ¹ Ich vergesse nichts. Nie. Aber mal ne Frage: Hat eventuell einer meine Lesebrille gesehen?

  11. #11 BreitSide
    07/09/2012

    xxx

  12. #12 bazille2003
    09/09/2012

    Gute Idee gefällt mir . Im Make Magazin waren mal Anleitungen für Elektrophorese Kammern und PCR Cycler drinnen. Aber nur ein kleiner Tipp. Man muss härter verhandeln. Man glaubt gar nicht was da drinnen ist . Ich weiß das, ich arbeite für einen Laborgeräte Hersteller.

  13. #13 fj
    Cottbus
    10/09/2012

    Die Schleuder gefällt mir!

    Häufig tun sie nichts anderes als herkömmliche Haushaltsgeräte, kosten aber das Zehnfache.

    Das kommt mir irgendwie bekannt vor. 😉 Wir haben hier auch so nen Laborkatalog, in dem es (nebst „richtigen“ Laborsachen) Birkenstocks, Kochtöpfe, Putzkübel usw. gibt, die Bezeichnung gern noch mit einem „Labor-“ vornedran veredelt. Vermutlich für Leute, die in ihrer Firma/Institut keine Kassenzettel vom Drogeriemarkt abrechnen können…

    Apropos, kann man nach der Umstellung gar nicht mehr seine Homepage angeben?