Daß Frauen beruflich benachteiligt werden, gleichgültig ob in Industrie oder Universität, ist traurig aber wahr. Männer werden oft gleichqualifizierten Frauen gegenüber bevorzugt, Frauen bekommen für vergleichbare Arbeit weniger Geld, sind beim Berufseinstieg schlechter gestellt usw. Viel ist darüber geschrieben und geredet worden, auch sehr unrühmliches, und man hat auch versucht, Maßnahmen zu ergreifen, die dieser Ungleichbehandlung entgegen wirken sollen.
Es gibt also durchaus ein Bewußtsein für die Mißstände, auch bei Männern. Insbesondere US-amerikanische Professoren und Professorinnen bildeten sich ein, gegen die offenbar systematischen Benachteiligung von Frauen immun zu sein.
Eine Studie aus Yale, veröffentlicht in PNAS (s.u.), hat diese Illusion nun zerstört und brachte verstörende Erkenntnisse hervor: offenbar werden Frauen auch dann benachteiligt und zwar von Männern und Frauen, wenn nicht einmal die Absicht dazu besteht, ja sogar versucht wird, es zu vermeiden!
127 Lehrende an sechs verschiedenen US-Universitäten aus den Fakultäten für Biologie, Chemie und Physik hatten Bewerbungen mit identischen Lebensläufen erhalten, die sich nur darin unterschieden, daß die eine Hälfte augenscheinlich von Frauen und die andere von Männern stammten. Die Teilnehmer stellten signifikant häufiger den Mann ein, zahlten ihm ein höheres Gehalt und trauten ihm eher eine Tätigkeit als Mentor zu. Diese Voreingenommenheit war gleich stark ausgeprägt bei männlichen und weiblichen Teilnehmern und unabhängig von Alter, Ethnie oder wissenschaftlicher Disziplin.
Die Interpretation dieser Ergebnisse läuft auf die Anerkennung einer vorbestehenden, subtilen Voreingenommenheit heraus, die zwar nicht beabsichtigt aber durchaus real ist. Diese Studie legt damit unausweichliche Belege für das Vorhandensein einer Ungleichbehandlung vor, die nicht mit anderen Gründen erklärt oder wegdiskutiert werden kann. Die Ergebnisse zeigen, daß man sich auch mit solch unterschwelligen Benachteiligungen befassen muß, weil sich diese durchaus zu großen und manifesten Nachteilen bei der Beurteilung und Behandlung von Studentinnen auswirken könnten.
Und obwohl sich die Teilnehmer der Studie aufgrund der Ergebnisse nicht schuldig zu fühlen brauchen, da sie sich ihres „bias“ bisher ja gar nicht bewußt waren, muß man doch zur Kenntnis nehmen, daß solche unbewußte Voreingenommenheit die Entscheidungen, die wir treffen, beeinflusst und man muß diskutieren, was man dagegen unternehmen kann. Und eins steht fest: das wird nicht leicht.
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Referenz
Moss-Racusin CA, Dovidio JF, Brescoll VL, Graham MJ, & Handelsman J (2012). Science faculty’s subtle gender biases favor male students. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 109 (41), 16474-16479 PMID: 22988126
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