Warnung: in dieser Reihe wird es immer wieder zu Begegnungen mit und Blicke in die tiefsten menschlichen Abgründe kommen und obgleich ich mich stets bemühen werde, nicht ins Sensationalistische abzugleiten, mag bisweilen die unausgeschmückte Realität bereits mehr sein, als manche(r) erträgt.
Diesmal: Anil Aggrawal sucht und findet in der Bibel Paraphilien und Sexualdelikte
Wenn man an die Bibel denkt, kommen einem neben einem gerüttelt Maß haarsträubenden Unsinns natürlich recht schnell zahlreiche Beschreibungen ungustiöser und für normale Menschen undenkbarer Praktiken in den Sinn. So nimmt es nicht wunder, daß der allseits beliebte und dem ein oder anderen aus diesem Blog von seinen Meditationen zu Nekro– und Zoophilie-Definitorik bekannte Paraphilieklassifizierer Anil Aggrawal, als er sich 2009 o.g. Fabelkladde im Zuge der Recherche für sein nächstes Buch vornahm und nach Beispielen und Erwähnungen von abnormem sexuellen Verhalten und sexuellen Vergehen suchte, reichhaltig fündig geworden ist.
Kurz zur Einführung: Wie wir wissen, hat der Autor A. Aggrawal besonderes Interesse an ungewöhnlichem, abweichendem oder „unsittlichem“ Sexualverhalten. Diese gemeinhin als Perversion, Deviation oder korrekter als Paraphilie bezeichneten Praktiken reichen dabei, so der Autor, von den allseits bekannten Sadismus, Masochismus, Fetischismus und Voyeurismus zu solch „ungewöhnlichen und esoterischen“ wie Homilophilie (Erregung durch das Anhören oder Aussprechen von Predigten), Choreophilie (Erregung durch Tanzen) und Tripsolagnie (Erregung dadurch, daß man die Haare shampooniert bekommt).
Die sexuellen Störungen werden, Aggrawal zieht hier die (keineswegs unumstrittene) 4. Edition des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM-IV-TR) heran, in drei Gruppen aufgeteilt: 1. sexuelle Dysfunktionen, die mit Abstand häufigste Form sexueller Störungen, die gekennzeichnet sind durch Störungen der Libido oder der Reaktion auf sexuelle Reize; 2. Paraphilien, bei denen sexuelle Erregung durch Objekte oder Situationen entsteht, die nicht dem „normalen“ Muster entsprechen und ggf. eine auf Gegenseitigkeit und Zuwendung beruhenden Sexualität einschränken oder verhindern; 3. Geschlechtsidentitätsstörungen, bei denen eine dezidierte und beständige Identifikation mit dem anderen und ein Unzugehörigkeitsempfinden gegenüber dem eigenen Geschlecht besteht.
Die Diagnose von Paraphilien wiederum soll nach DSM-IV-TR zwei Kriterien erfüllen: es muß 1. ein dauerhafter Zustand (mind. 6 Monate andauernd) und 2. ein Leidensdruck bestehen, z.B. indem klinisch relevanter Stress oder Einschränkungen im Sozial- oder Arbeitsleben auftreten.
Bestimmte Verhaltensweisen, z.B. Homosexualität oder Inzest unter Erwachsenen, sind nach DSM-IV-TR zwar nicht als Paraphilie klassifizierbar, werden aber in vielen Gesellschaften (immer noch) geächtet und/oder bestraft. Aggrawal stellt sich bei der Einordnung von Paraphilien und Sexualdelikten ein nicht trennscharfes Kontinuum von harmlos/unschädlich bis zu höchst gefährlich/strafbar vor und weist darauf hin, daß es Verhaltensweisen gibt, die nur Paraphilie (wie Fetischismus), nur Sexualdelikt (Vergewaltigung) oder beides (Exhibitionismus) sind. Bei seiner Untersuchung der geschichtlichen oder evolutionsbiologischen Ursprünge sowie den soziologischen und moralischen Begrenzungen der Paraphilien griff Aggrawal daher auf einige der frühesten schriftlichen historischen Dokumente zurück, zu denen er die Bibel zählt. Und da es, laut Aggrawal, erst eine einzige Publikation gebe, die sich mit der Beschreibungen paraphilen Verhaltens in der Bibel befasse und noch dazu in französischer Sprache sei, trete er nun an diese Bresche des Wissens heran, um sie für die englischsprachigen Leser dieser Welt zu füllen.
Aggrawal suchte und fand also in jenem Werk Beispiele für/ Erwähnungen von:
Ehebruch / Fremdgehen
Ehebruch wird in der Bibel verboten (Exodus, 2. Mose 20, 14). Im Leviticus (3. Buch Mose) wird dann die Strafe für solches Vergehen genannt: Selbstverständlich der Tod. Selbstverständlich für alle Beteiligten. Drunter tut’s das Alte Testament ja nicht gern.
Inzest
Der, laut christlicher Mythik, erste Fall von Inzest findet gleich an prominenter Stelle statt: Kain schwängert seine Frau, die hernach Enoch gebärt und bei der es sich, mangels Alternative, nur um die eigene Frau Mutter gehandelt haben kann, auch bekannt als Eva (Genesis 4:17-26 ).
Aber auch Moses, wie man hört ebenfalls keine ganz unbedeutende Figur, entstammte einer inzestuösen Verbindung (Exodus 6:20-30).
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