Ich wildere heute mal im fremden Revier der schwarzen Löcher. Zwar nur ganz kurz, aber wer weiß, vielleicht wird Mord durch schwarzes Loch ja doch mal für die Forensik relevant: in der Zeitschrift Nature wurde die etwas scherzhaft erscheinende Frage vorgestellt, mit der sich kürzlich der Stringtheoretiker Joseph Polchinski befasste hatte, nämlich was wohl mit einem Astronauten passiert, der in ein schwarzes Loch fällt (oder, forensisch gedacht, gestoßen wird).
Wird er, wie Polchinski glaubt, in einem brodelnden Partikel-Mahlstrom jenseits des Ereignishorizonts wie durch eine Feuerwand „frittiert“ oder wird er durch das interne Gravitationsgefälle im schwarzen Loch erst zerrissen und dann in seinem Inneren zerquetscht?
Interessanterweise weiß man das offenbar gar nicht aber was noch viel problematischer ist, kann man grob wie folgt zusammenfassen: stimmt das eine (frittiert), ist auch Einsteins Allgemeine Relativität mit ihrem Äquivalenzprinzip „fritte“, stimmt das andere (zerrissen und zerquetscht), dann ist die Quantenmechanik falsch.
Ein Quantenphysiker von der UCSB beschrieb die Situation, die letztlich als zugespitzte Manifestation des alten Konfliktes zwischen Quantenmechanik und allgemeiner Relativität aufgefasst wird, sogar als „Krise der Grundlagen der Physik, die vielleicht nur mit einer Revolution überwunden werden kann“. In der Tat wurde durch das Gedankenexperiment ein Gelehrtenstreit losgetreten und inzwischen über 40 Artikel darüber veröffentlicht.
Ein Quantenphysiker und ein Computerwissenschaftler schlugen z.B. vor, daß der arme Astronaut, der ja nur seine Alltagsmessgeräte und Sinnesorgane hätte, wahrscheinlich gar nicht in der Lage wäre, das Paradox zu bemerken.
Eine andere Möglichkeit zur Rettung des Äquivalenzprinzips könnte von Stephen Hawking selbst, der ja in den 70ern auch die Grundlagen des Problems vorgestellt hatte, kommen: nämlich, indem er bei der alten Wette doch recht behalten würde.
Wie es auch ausgeht, das Problem besteht weiterhin und bereitet den Physikern großes Kopfzerbrechen. Eine Reiseempfehlung zum nächstliegenden schwarzen Loch, um es endlich herauszufinden, kann aber angesichts der unabhängig vom tatsächlich eintretenden Szenario zu erwartenden gesundheitlichen Komplikationen dennoch nicht ausgesprochen werden.
Referenzen:
- Nature 496, 20–23; doi:10.1038/496020a
- Originalarbeit von Polchinski
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