Das Homöopathische Arzneibuch als Sammlung von Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung und Bezeichnung von homöopathischen Mitteln und die bei ihrer Herstellung und Prüfung verwendeten Stoffe, Materialien und Methoden ist Basis für das erforderliche Grundlagenwissen, um Patientinnen und Patienten sachgerecht beraten zu können. Auch die im allgemeinen Teil des HAB niedergelegten verschiedenen Verfahrenstechniken, die neben klassischen Herstellungsmethoden nach Hahnemann auch auf die Verfahren der Anthroposophie und Spagyrik eingehen, ergänzen pharmazeutische Kenntnisse und Fertigkeiten.
Über die Approbationsordnung für Apotheker ist sichergestellt, dass Apothekerinnen und Apotheker nach Beendigung der pharmazeutischen Ausbildung generell über die erforderliche Sachkenntnis bei Arzneimitteln, also u. a. auch bei Homöopathika, verfügen. Dies ist zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten unerlässlich.
Selbstverständlich ist es der Inhaberin/dem Inhaber einer Apotheke unbenommen, homöopathische Arzneimittel nicht in ihr/sein Sortiment aufzunehmen. Das entbindet sie/ihn jedoch nicht von der Beratungspflicht und spielt daher bei der Berufsausbildung keine Rolle. Mit freundlichen Grüßen,
[…] [2]
Solche Zustände sowie die intensive Einbindung der Homöopathie in den Lehrplan eines wissenschaftlichen Studiums kommen durch eifrige Lobbyarbeit zustande, und die Methoden der Hahnemann-Jünger gleichen denen der konventionellen Pharmaindustrie aufs Haar: in Ausschüssen des Bundestags werden Aufwartungen gemacht, Bundestagsabgeordnete werden aufs Produktionsgelände und in die Kräutergärten der Hersteller eingeladen, große Stiftungen kaufen sich mit Hilfe von Stiftungsprofessuren für Homöopathie in Universitäten ein.
Doch auch die Ausbildung junger Ärzte ist betroffen: so gibt es im Medizinstudium ein Pflichtfach namens „Naturheilverfahren“, in welchem Akupunktur, Traditionelle Chinesische Medizin und Homöopathie gelehrt werden. Oft sind die Dozenten selbst alternativmedizinbegeistert, sodass nicht auf kritische Aufarbeitung gehofft werden darf. [3]
Damit endet die Einflussnahme auf die Mediziner nicht: Pharmareferenten homöopathischer Konzerne machen auch vor Arztpraxen nicht Halt, bepunktete Fortbildungen für Ärzte und sogar ganze Ausbildungen zum homöopathischen Arzt [7] sind längst die Regel.
Die Infiltration der Apotheken
Ähnlich sieht es in Apotheken aus. Hier gehen ebenfalls Vertreter von DHU und Konsorten ein und aus, haben Flyer, Aufsteller und kleine Informationshefte für die Apotheken und deren Kunden dabei. Natürlich sind sie freundlich und gewinnend; dabei gelingt es ihnen oft mühelos, das Apothekenpersonal von der Wirksamkeit ihrer Präparate zu überzeugen. Die Studienlage wird (und das kann man im Übrigen auch auf die Vertreter der „normalen“ Pharmaindustrie anwenden) allenfalls verzerrt wiedergegeben und stark zusammengefasst, ist jedoch auch oft nicht von Interesse – sonst sähe es für die Übernahme ins Sortiment auch schlecht aus. Die DHU veranstaltet manchmal auch Informationsabende für Kunden in Kooperation mit einzelnen Apotheken, in welchen jene dann stattfinden. Dafür wird natürlich massenhaft Informations- und Werbematerial bereitgestellt.
Zudem fördern die Apothekerkammern die Ausbildung in Bezug auf Homöopathie nach Kräften. Betrachtet man sich das Fortbildungsprogramm der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, so findet man dort „15 Mittel, die Sie kennen sollten – Eine homöopathische Hausapotheke aus der Offizin“ sowie „Umgang mit Bachblütentherapie – Praxisnahe Tipps für den HV“ (= Handverkauf). [4]
Und schließlich muss man nur noch einen Blick in die bekannte Apothekenumschau werfen, um Tipps für homöopathische Hausapotheken und seitenlange Loblieder auf die Zuckerkugeln zu finden. [5] Anders als durch intensive Lobbyarbeit sind solche Zustände nicht zu erklären.
(Ganz besonders sind auch Hebammen mittlerweile zu Opfern dieser Lobby geworden, wie bereits in der letzten Ausgabe des Skeptiker zu lesen war.)
Wieso sind nun ausgerechnet ApothekerInnen so empfänglich für die Lehre der und bereit zum unkritischen Verkauf von Homöopathie? Man stelle sich vor, eine junge Pharmazeutin, die in ihrer Ausbildung sowohl an der Universität als auch durch empirische Beobachtungen im praktischen Jahr vom Nutzen der Homöopathie überzeugt wurde, möchte sich nach ein paar Jahren selbstständig machen und eine Apotheke übernehmen. Schon bald wird sie feststellen, dass viele Kunden dazu übergegangen sind, sich ihre Medikamente im Internet zu bestellen – weiterhin wird es ihr finanzielle Schwierigkeiten bereiten, dass sie für jedes verschriebene Medikament, egal, ob es 20 oder 2000 Euro kostet, gerade mal 8,10 € bekommt. Anders sieht das natürlich bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten aus: hier kann sie ihren Aufschlag auf den Einkaufspreis selbst festlegen und es kommt hinzu, dass Kunden gern bereit sind, für die ohnehin schon nicht eben günstigen Zuckerkügelchen tief in die Tasche zu greifen.
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