Von Cyborg-Polizisten, wie in Robo-Cop, die halb Mensch, halb Roboter sind, sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Die per Bluetooth steuerbare Robo-Schabe aber ist breits Wirklichkeit geworden. Auf der TEDx-Konferenz im Oktober wurde sie vorgestellt: eine “modifizierte” Küchenschabe, der Mikroelektroden eingepflanzt wurden und deren Bewegungen sich so über ein handelsübliches Smartphone steuern lassen.
Das Konzept ist überaus faszinierend: eine Küchenschabe der Art Blaptica dubia wird durch ein Bad in Eiswasser betäubt, dann wird eine kleine Partie des Panzers in der Kopfregion mit Schmirgelpapier geglättet, damit der Sekundenkleber, mit dem Elektroden dort befestigt werden, auch richtig hält. Dann wird ein dünnes Erdungskabel in den Throax des Insekts eingeführt.
Schließlich werden noch vorsichtig seine Fühler angeschnitten und getrimmt und feine Silberelektroden hineingeschoben. Diese “Kabelantennen” können dann elektrische Signale von den auf dem Rücken befestigten Schaltkreisen erhalten. Die Stimulation sei leicht schmerzhaft für das Insekt, so einer der Erfinder , aber es gewöhne sich schnell daran. Dieses Video (ließ sich leider nicht einbetten) zeigt eindruckvoll, wie gut die Technik funktioniert.Das ganze wird als “Bausatz” einschließlich lebender Schabe seit November für 99$ für Kinder ab 10 Jahren angeboten von der Firma “Backyard Brains”, die im Sommer durch Crowdfunding ins Leben gerufen werden konnte. Die Gründer der Firma, Greg Gage und Tim Marzullo, beide Neurowissenschaftler und Ingenieure, haben die „RoboRoach“, wie sie das Projekt nennen, im oben erwähnten TED-Talk erstmals vorgestellt. Der Zweck des Ganzen sei demnach, eine „Neurorevolution“ auszulösen, indem so mehr Kinder und Jugendliche schon in jungen Jahren an das Wissenschaftsfeld herangeführt werden könnten.
Neben viel Zuspruch (und Befremden) gibt es aber auch kritische Stimmen. Man hält Gage und Marzullo vor, daß sie Amateure dazu ermuntern würden, invasive Eingriffe an lebenden Wesen vorzunehmen und einem Denken Vorschub leisten, das komplexe Lebewesen als bloße Maschinen oder Werkzeuge auffasse. Zudem sei es unaufrichtig, zu behaupten, den Insekten entstehe durch die Amputation von Körperteilen kein ernster Schaden. Sie bekommen auch E-mails in denen ihnen vorgeworfen wird, Kindern zu Psychopathen zu erziehen.
Gage erwidert, daß, im Gegenteil, die sorgfältige, vorsichtige Arbeit mit und an den Insekten und anderen Tieren die Anwender dafür sensibilisiere, daß sie uns eigentlich sogar recht ähnlich und mit den gleichen Neuronen wie wir selbst ausgestattet seien. Im übrigen würden „pensionierte Robo-Schaben“ in seiner Firma nicht getötet, sondern auf ein “Schaben-Altenteil” geschickt, einem behaglich eingerichteten Gehege, das sie dort „Shady Acres“ nennen und wo es den Tieren bis zu ihrem natürlichen Ende und trotz gelegentlicher fehlender Gliedmaßen oder Fühler gut ergehe. Er versuche, sagt Gage, nicht die Tatsache herunterzuspielen, daß für wissenschaftliche Zwecke Versuchstiere benutzt und oftmals auch getötet werden, aber normalerweise geschehe das eben hinter verschlossenen Türen. Indem die Anwender der Anleitung folgten, würden sie lernen, daß sie sich um die Tiere kümmern und sie auch pflegen und versorgen müssen. In der Zukunft wird man also vielleicht das alte mexikanische Revolutionslied umdichten müssen zu „La Cucarobot“.
Was denken die LeserInnen? Ist die Herstellung von Robo-Schaben unethische Spielerei oder ein wissenschaftsdidaktisch wertvoller Ansatz, um junge Leute für Neurowissenschaft zu faszinieren und langfristig Entwicklungen im Bereich der medizinischen Neurostimulation voranzutreiben?
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Bildquelle:
[a] By Nicky.Animals (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b6/Dubia-cockroach-female-near-ruler.jpg
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