ResearchBlogging.org Das humane Immundefizienz-Virus (HIV) hat mich immer schon fasziniert und erschreckt. AIDS wurde als eigenständige Erkrankung anerkannt, als ich 4 war und bis ich erste Berichte darüber und seine vermeintliche Unbezwingbarkeit verstehen konnte hatte ich gar nicht richtig begriffen, daß man sich unbemerkt mit unheilbaren Krankheiten anstecken konnte, die kein „Onkel Doktor“ heilen konnte, so daß man unweigerlich daran sterben muß. Ich hatte Mitleid mit den Infizierten und ein kindliches Ungerechtigkeitsempfinden bildete sich in mir, so daß ich mir vornahm „AIDS zu besiegen, wenn ich mal groß bin“. Dieser in jugendlicher Orientierungssuche zeitweilig aus dem Blickfeld geratene Entschluß brachte sich mir wieder in Erinnerung, als ich mit etwa 16 den Film „und das Leben geht weiter“ ansah und so belegte ich den Biologie-Leistungskurs und schrieb mich später in Biologie ein.

Ich habe meine Abschlußarbeit dann über einen vektorbasierten Impfstoff gegen Malaria (woran noch viel mehr Menschen sterben, als an AIDS) geschrieben und danach an Krebs und doch nicht an HIV geforscht, doch interessiert und begeistert mich der nie aufgegebene und inzwischen nicht mehr aussichtslose Kampf gegen das unheimliche Virus und die von ihm verursachte Seuche, die sich in einigen Weltregionen zur wahren Geißel der Bevölkerung entwickelt hat, nach wie vor.

Ich werde hier jetzt nicht ausführlich die HIV-Infektion beschreiben, sondern baue darauf, daß es inzwischen zur Allgemeinbildung gehört, zu wissen, daß HIV das Immunsystem seiner Wirte zerstört, indem es gezielt T-Helferzellen infiziert und letztlich tötet. Um sich aber in den T-Zellen vermehren zu können, schreibt das Virus zunächst sein aus RNA bestehendes Erbgut mit  Hilfe seiner Reversen Transkriptase in DNA um und baut dann diese DNA mit Hilfe seiner Integrase in das Genom der Wirtszelle ein (alle dafür notwendigen Werkzeuge = Enzyme hat es schon mit dabei, s. Abbildung). Und genau hier liegt eines der größten Probleme bei der Bekämpfung des HIV: das Virus kann sich sozusagen selber schlafen legen, es wechselt in eine sogenannte „Latenzphase“, in der nur die im Wirtsgenom eingebaute DNA des Virus, man bezeichnet das als „Provirus“, bestehen bleibt und keine virale Aktivität im Körper meßbar ist. Das Provirus wird aber von der infizierten Zelle an alle Tochterzellen weitervererbt, so daß die Zahl „heimlich“ infizierter Zellen stetig weiter ansteigt. Und während man inzwischen mit immer besseren und spezifischer wirkenden Medikamenten alle freien Viren aus der Blutbahn eines Infizierten vernichten kann, treffen diese Behandlungen das Provirus nicht. Es ist und bleibt aber hoch gefährlich, denn die Latenzphase kann jederzeit enden und in kurzer Zeit zu einer hohen Last aktiver Viren führen.

Da ein zuverlässig schützender Impfstoff derzeit noch nicht in Sicht ist, versuchen deshalb auch viele Gruppen, die biochemischen Bedingungen und Voraussetzungen aber auch den „Nutzen“ der HIV-Latenz besser zu verstehen, um dieses Wissen bei der Bekämpfung des Virus zum Einsatz bringen zu können, z.B. indem man „schlafende“ Viren weckt und damit angreifbar durch Medikamente macht. Von zwei neuen Erkenntnissen will ich hier kurz berichten: vor einigen Monaten haben Lusic et al. berichtet [1], wie sie unter Zuhilfenahme von 3D-FISH und ChIP herausfanden, daß die Stelle des Wirtsgenoms, an der das Provirus eingebaut ist, entscheidend für die Latenzbedingungen ist. In infizierten T-Zellen, in  fanden sie stillgelegte, nicht aktive Proviren in der Nähe von bestimmten Strukturen im Zellkern, die man als „nuclear bodies“ (NB) bezeichnet und die u.a. eine Rolle bei der Regulation der Transkription spielen. Diese Nähe zu den NB, die man indirekt durch eine Assoziation mit dem promyelozytischen Leukämieprotein (PML) messen kann, bedingt offenbar die Aufrechterhaltung der Viruslatenz, indem PML an die Provirus-DNA bindet und so ihre Ablesung verhindert.

Als man dann PML und NB in den infizierten Zellen zerstörte, wurde das Provirus sofort aktiviert und es wurden neue aktive Viren gebildet. Für diese Aktivierung ist aber noch eine weitere Bedingung erforderlich, wie die Gruppe herausfand, nämlich die räumliche Trennung des Provirus von den PML-NB durch einen komplizierten zellulären Transportmechanismus, der auf der Polymerisation des Proteins Aktin beruht. Im folgenden soll untersucht werden, ob und wie man diese Erkenntnisse nutzen kann, um ruhende Proviren zu aktivieren und so besser bekämpfen zu können.

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Kommentare (21)

  1. #1 rolak
    06/12/2013

    völlige und auch die Reservoirs betreffende Eradizierung des HI-Virus

    Dazu lief vor kurzem in arte (wenn Du Dich beeilst, kannst Du es noch aufnehmen, ansonsten existiert hier ein Mitschnitt), die mit  ©2012 schon Mitte des Jahres auf rbb zu sehen war. Stichworte GenSchere, CCR5. Alles noch nicht allzu weit von Grundlagenforschung weg, aber immerhin.
    Nach den -äh- swingenden 70ern trafen das 80er Gerücht, das 81er Damoklesschwert und die 82er Gewißheit doch bretthart, selbst wenn es mich -knock on wood- bisher nicht direkt betraf. Daher wohl das anhaltende Interesse an der Entwicklung (als Zuschauer) und die steigende Abscheu bzgl der denialisten.

  2. #2 Fliegenschubser
    09/12/2013

    Interessante Sachen. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich vor einiger Zeit gelesen hatte, es bestünde die Möglichkeit die latenten Viren auf DNA-Ebene mittels CRISPR/Cas9 zu zerstören. Weiß da zufällig jemand was genaueres?

  3. #3 Cornelius Courts
    09/12/2013

    @Fliegenschubser: von CRISPR bei HIV habe ich noch nichts gehört, aber in der Tat liegt ein Entwurf zu einem CRISPR-Artikel in meiner virtuellen to-do-Schublade 🙂

  4. #4 Fliegenschubser
    10/12/2013

    @CC: Super, da bin ich mal gespannt. Ich habe vor einigen Wochen zu dem Thema einen Vortrag gehalten und deshalb viel drüber gelesen. Und irgendwo tauchte das mit HIV auf. Falls es dich interessiert, kann ich ja mal nach der Quelle suchen. Aber ich glaube, mehr als “Es ist im Prinzip möglich” stand da auch nicht.

  5. […] Entscheidung der EU gut, ab 2014 EU geförderte Forschung unter Open Acess zu veröffentlichen. Blood’n'Acid berichtet über neue Forschung zu […]

  6. #6 Dipl.-Biol. Thorsten Walter
    Kiel
    20/12/2013

    Wer sich mit dem Thema HIV auseinandersetzt, sollte die Veröffentlichung von Robert Gallo ansehen. Sie wird immer wieder als Beweis herangezogen und strotzt nur so vor Fehlern, weshalb Gallo später auch wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens verurteilt wurde und schließlich nicht den Nobelpreis erhalten hat. Inzwischen zweifeln immer mehr HIV-Forscher – darunter Nobelpreisträger Luc Montagnier selbst – dass die Zusammenhänge mit HIV richtig geklärt sind.

    Wie kann es eigentlich sein, dass bisher keiner daran forscht, bei einer Immunschwächekrankheit das Immunsystem zu stärken? Stattdessen werden immer mehr immunsuppressive Therapeutika entwickelt.
    Ärzte, die die Anfänge der AIDS-Epidemie miterlebt haben, schreiben heute, dass man die ersten Patienten mit zu hohen AZT-Gaben vergiftet und AZT – als Mittel gegen Leukämie entwickelt – letztlich die AIDS-Symptome hervorgerufen habe.

  7. #7 rolak
    20/12/2013

    Herrjeh, da ist ja der erste Realitätsverweigerer. Sogar mit eingebautem ad verecundiam, falls die getexteten nicht ausreichen sollten.

    Allerdings: Zwei Wochen – die lassen echt nach. Da hilft es auch nicht, der Ärzteschaft Massenmord zu unterstellen.

  8. #8 Spritkopf
    20/12/2013

    @Thorsten Walter

    Sie wird immer wieder als Beweis herangezogen und strotzt nur so vor Fehlern, weshalb Gallo später auch wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens verurteilt wurde

    Das ist gleich in zweifacher Hinsicht gelogen. Das Gerichtsverfahren gegen Gallo gab es nicht wegen Fehlern, sondern weil ihm vorgeworfen wurde, er habe Proben von Montagnier für seine eigene Patentanmeldung verwendet. Und das Urteil, er habe wissenschaftliches Fehlverhalten begangen, wurde in der Revision wieder aufgehoben.

    Aber das ist ja häufiger festzustellen, dass die Anhänger von Verschwörungstheorien – hier AIDS-Leugner – selber wie gedruckt lügen. Wie auch sonst wollen sie ihre abstrusen Konstrukte gegen das Einsickern der bösen Realität abdichten?

  9. #9 Theres
    20/12/2013

    @rolak
    Und angeblich ein Biologe – wie peinlich!

  10. #10 Spritkopf
    20/12/2013

    @Theres
    Einen Herrn dieses Namens gibt es tatsächlich in Kiel. Der ist allerdings nicht mit Forschung befasst, sondern damit, 50ml-Cremetöpfchen für 35 Euro das Stück an den Mann bzw. an die Frau zu bringen.

  11. #11 rolak
    20/12/2013

    50ml-Cremetöpfchen für 35 Euro

    Na das ist jetzt aber im Bereich Edel-Kosmetik keine besondere Auffälligkeit, Spritkopf, egal ob die Algen wie bei ihm ozeanbasiert, nachhaltig, verarbeitet, natürlich oder von jungfräulichen Händen bei Vollmond gefischt oder schlicht vom Strand gesammelt und geschreddert in die Patsche kommen.
    Scheint übrigens seine persönliche Meinung zu sein, zumindest habe ich auf die Schnelle bei der Klitsche nichts in der Art des hier Geäußerten gefunden.

  12. #12 Theres
    20/12/2013

    @Spritkopf @rolak
    Das beruhigt mich jetzt doch. Algen, hm? Oh weh, wenn er von denen so viel weiß wie von Viren …

  13. #13 Spritkopf
    20/12/2013

    Ich sehe schon, mit den Preisstrukturen der Kosmetikbranche bin ich nicht im Mindesten vertraut. Finde ich trotzdem krass; einmal den Finger durch den Tiegel gezogen – ringdingdingding, 2 Euro.

    Aber was solls? Ist ja nicht mein Geld.

  14. #14 rolak
    20/12/2013

    nicht im Mindesten vertraut

    Das ging mir bis vor einigen Jahren genauso, Spritkopf, als ich mir überlegte, was ich denn als passendes Mitbringsel zu einer Jubiläumsfeier einer mir eigentlich völlig unbekannten Bekannten mitbringen sollte. Gerade als ich mich auf irgendwas in Richtung 08/15 zurückziehen wollte, kam eine gemeinsame Bekannte und fragte an, die Einladende stünde so sehr auf CrèmeSuperduperlotion XY, da könnte man doch zusammenlegen, wen ich wolle, wie wären dann zu viert. ‘Wieviel?’ war die klassische Nachfrage und ‘och so ca 40€’ die Antwort mit einem nachfolgenden ‘geht klar’..

    Wie sich beim Treffen zum Losgehen herausstellte, für jeden.

  15. #15 rolak
    20/12/2013

    Wenn ich wolle, wenn. Nicht daß irgendjemand meint, ich würde nebenbei Kuppelei betreiben^^ Heidewitzka…

  16. #16 Spritkopf
    20/12/2013

    Na, zum Glück haste das richtig gestellt. Wir hätten sonst ein vollkommen falsches Bild von dir bekommen, rolak. 😀

  17. #17 Cornelius Courts
    21/12/2013

    Ah, gut, Ihr habt den Diplomspacko schon gerupft.
    Auf Euch ist eben Verlass 🙂

  18. #18 wعnon
    08/01/2014

    // Dipl.-Biol. Thorsten Walter
    Kiel
    20/12/2013Wie kann es eigentlich sein, dass bisher keiner daran forscht, bei einer Immunschwächekrankheit das Immunsystem zu stärken? Stattdessen werden immer mehr immunsuppressive Therapeutika entwickelt. //

    Mitteln die das Immun System stärken lassen sich nicht patentieren.

  19. #19 Cornelius Courts
    09/01/2014

    @ wعnon:
    “Mitteln die das Immun System stärken lassen sich nicht patentieren.”

    Unsinn. Gäbe es ein “Mittel” mit dem sich “das Immunsystem” nachweislich stärken ließe, könnte man damit Geld drucken. Da aber “das Immunsystem” ein unglaublich umfangreicher, diffuser Komplex mit hunderten zusammenwirkender Komponenten, Zellarten, Signalwegen, Rezeptoren etc. ist, wird es kaum ein einzelnes “Mittel” geben, welches das gesamte System stärkt.
    Man kann aber durchaus Teile des Systems trainieren. Das nennt man Impfen! Ist ‘ne tolle Sache und soweit ich weiß, wird mit Impfstoffen durchaus Geld verdient. Also ruhig mal ein Buch über Immunologie lesen. Kann nicht schaden.

  20. #20 wعnon
    09/01/2014

    //Unsinn. Gäbe es ein “Mittel” mit dem sich “das Immunsystem” nachweislich stärken ließe, könnte man damit Geld drucken.//

    MgCl2, z.B. ist so ein Mittel. Bei 500 Dollar die Tonne, wie man aus China bestellen kann, glaube ich kaum dass es sich damit viel Geld machen lässt.

    // Da aber “das Immunsystem” ein unglaublich umfangreicher, diffuser Komplex mit hunderten zusammenwirkender Komponenten,…//

    Zugegeben sehr kompliziert aber der Körper selbst kann das gut bewältigen, wir müssen nur den Prozess fördern. Dazwischen funken ohne das ganze zu verstehen, wie es sonst immer der Fall ist, hat verheerende Auswirkungen.

    //Also ruhig mal ein Buch über Immunologie lesen. Kann nicht schaden.//

    Bitte. Keine wohlgemeinte Empfehlungen.

  21. #21 Spritkopf
    09/01/2014

    Na, wenon, reicht es dir nicht, deinen verblödeten Hirnschiss bei Ulrich Berger breitzutreten? Muss es jetzt auch auf anderen Blogs sein? Und wirst du demnächst auch hier mit deinem Tipp ankommen, Domestos zur Immunstärkung zu saufen?