Als Todesursache wurde abschließend inneres Verbluten in Folge selbstbeigebrachter Stichwunden zum Abdomen mit einer beigeordneten durchdringenden Schädelwunde, verursacht durch eine Bohrmaschine, erkannt. Über den psychologischen Status des Verstorbenen war nichts bekannt.
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In der Literatur ist eine große Vielzahl an zum Teil recht exotischen Suizidmethoden beschrieben. Welche Methode aber von einem Suizidenten tatsächlich ausgewählt wird, wird beeinflusst von der Verfügbarkeit der dazu benötigten Mittel aber auch von der Kenntnis der tödlichen Konsequenzen. So wird in ländlichen Gegenden häufiger Suizid durch Selbstvergiftung mit Pestiziden verübt als in urbanen Bereichen, wo häufiger Sprünge in die Tiefe von hohen Gebäuden vorkommen.
Suizide ohne Einsatz von Feuerwaffen, die eine Penetration der Schädelkapsel umfassen, sind jedenfalls ungewöhnlich und in den meisten solcher Fälle wurden Industrie-Nagelpistolen oder Bolzenschußgeräte verwendet, ganz selten einmal eine Armbrust [2]. Ebenfalls sehr selten wird der Eintreibemechanismus umgekehrt, indem der Kopf unter Zuhilfenahme eines Gewichts auf einen Metallstift o.ä. aufgespießt wird [3].
Noch seltener sind Todesfälle unter Beteiligung von Bohrmaschinen, bei denen es sich fast ausschließlich um Suizide und Unfälle handelt und in der Literatur finden sich kaum Berichte über Suizid(versuch)e mithilfe von Bohrmaschinen. Ein grundsätzliches Problem bei dieser Suizidmethode wird durch den vorliegenden Fall sehr gut illustriert: selbst beigebrachte Bohrverletzungen sind nicht notwendigerweise tödlich und selbst tiefe Hirnverletzungen, wie in diesem Fall, müssen keine lebensbedrohlichen Konsequenzen zeitigen: in diesem Fall hat sich der Verstorbene, nachdem er sich in den Kopf gebohrt hatte und trotzdem bei Bewußtsein und handlungsfähig geblieben war, noch die tödlichen Abdominalwunden beigebracht.
Diagnostisch sind solche Wunden nicht unproblematisch, da sie fälschlicherweise für Schußverletzungen gehalten und die Einprägungen/Abdrücke um die Wunde herum, die vom Bohrfutter stammen, als Mündungsabdrücke einer Feuerwaffe (entstehen bei aufgesetzten Schüssen) interpretiert werden können. Im vorliegenden Fall half das Nichtvorhandensein der schußtypischen Abschrägung des Bohrlochs, die Verletzung von einer Schußwunde abzugrenzen.
Zusammenfassend ist unter Einbeziehung der nicht tödlichen Bohrverletzung, der ungefährlichen Armverletzungen und der letztlich tödlichen selbstbeigebrachten Bauchstichwunden in die Beurteilung hier ein sekundärer komplexer Suizid (anderes Beispiel siehe hier) verübt worden.
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Referenzen:
[1] Byard, R. W. (2013). Suicide attempts involving power drills. Journal of forensic and legal medicine, 20(8), 1032-1034.
[2] Byard, R. W., Koszyca, B., & James, R. (1999). Crossbow suicide: mechanisms of injury and neuropathologic findings. The American journal of forensic medicine and pathology, 20(4), 347-353.
[3] Austin, A. E., Heath, K., Gilbert, J. D., & Byard, R. W. (2012). Head impalement–An unusual form of suicide. Journal of forensic and legal medicine, 19(5), 264-266.
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