Ich bin gerade in Krakau, weil hier zur Zeit der 26. Weltkongress der ISFG stattfindet, zu dem ich später – wie immer – noch mehr berichten werde.

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Alter Rathausturm bei Nacht

 

An dieser Stelle entbiete ich aber den LeserInnen schon einmal Grüsse aus dieser wirklich schönen Stadt, mit deren Besuch auch meine erste Reise nach Polen zusammenfällt. Ein wenig erinnert mich persönlich Krakau an Wien. Auch Krakau hat etwas Altes, Geschichtsträchtiges und auch etwas Düstere doch ihm fehlt dabei das Schwere, Morbide Wiens, dieser pomp funèbres-Vibe, den man in Wien allerorten spürt. Stattdessen schwingt hier vielmehr etwas südeuropäisch-lebendiges, legères, entspannt unordentliches. Überall und ohne jedes System verteilt gibt es kleine und kleinste (Milch-)Bars, Bistros, unglaublich gemütliche Hinterhof-Restaurants, Pierogi-Küchen,

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Kaffeelädchen usf., direkt neben Boutiquen, Jazzkellern, Kleidergeschäften, Wohnhäusern und vor allem (!) Kirchen und an jedem Wochentag und zu jeder Zeit sind die Straßen voller Leute.

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Man sieht Krakau an seinen vielen „angeschangelten“ Ecken und Stellen das geringere Budget des Stadtsäckels schon an, doch irgendwie wirkt es dabei nie verwahrlost oder heruntergekommen, sondern eher durch leidenschaftliche Nutzung abgegriffen, abgeliebt, wenn man so will. Erfreulicherweise ist Krakau weder hip und chic noch spießig und steif. Nur bei Kirche, Papst und frommem Katholizismus fehlt hier der Humor, das ziehen die hier wirklich bierenst durch.

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allgegenwärtiges Additionszeichen

 

Als es mir nach der gefühlten 14. dieser hier wirklich allgegenwärtigen düsteren, mit Gold und Protz überladenen Betanstalten

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Eingang der Peter-und-Paul-Kirche

 

voller knieender, brabbelnder und ihre Zeit Verschwendender zuviel wurde, floh ich nach Kazimierz: Ich mochte das gemütliche, kleinstädtisch wirkende jüdische Viertel sehr, mit seinen Synagogen, Buchläden, Fressbuden,

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ich bin nicht Batman, daher brauche ich wohl einen Kaffee.

 

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Erledigt. War schmackhaft.

 

Jazz- und Klezmerclubs, das einen ganz eigenen, holzigen, urigen, irgendwie schön angestaubten Charme hat.

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Krakauer Tauben ohne Berührungsängste. Ich hätte mich nicht direkt neben ein Stück Brot stellen sollen….

 

Kurzum: Ich mag es hier sehr! Krakau ist ja die Stadt der vielen Sobriquets, das Florenz des Nordens wird es genannt, das Paris an der Weichsel, das Venedig von Polen; dabei braucht Krakau diese Vergleiche gar nicht, um ganz für sich selbst zu glänzen.

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Kommentare (8)

  1. #1 Stephan
    03/09/2015

    Krakau ist toll. Zum Trompetensignal von der Marienkirche sollte man wissen, warum es mittendrin abbricht: der Trompeter wurde (der Legende zufolge) 1241 während eines Angriffs der Tartaren von einem Pfeil im Hals getroffen und getötet. Als Kind (also vor sehr sehr vielen Jahren) war ich mal oben auf dem Turm und der damalige Trompeter hat uns die Geschichte mit 1000 historischen Details erzählt.

  2. #2 rolak
    03/09/2015

    Pierogi-Küchen

    Gut, daß das zweite Frühstück noch und schon auf dem Herd vor sich hin schmurgelt (Kürbiszeit…)…
    Doch ein zweiter Kaffee wäre durchaus drin 😉 auch wenn das Schild entgegen des Cafés Namen kein Zitat ist und außerdem Steinjut statt Plastik.

    Grüße zurück – inkl bester Wünsche für das restliche Dortsein!

  3. #3 inga
    03/09/2015

    Ja, Krakau habe ich auch in schöner Erinnerung, auch wenn es eine Weile her ist und ich es als Jugendliche Mitte der Achziger an einem leider nicht ganz so warmen Ostermontag aufgrund marodierender jugendlicher Eimerträgerbanden quasi nur durch einen Wasserschleier wahrnehmen konnte (Kenner polnischer Ostermontagsbräuche wissen, wovon ich spreche). “Abgeliebt” finde ich eine schöne Beschreibung, auch damals noch vor der Wende, war alles sehr adrett, trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten. An jeder Ecke gab es diese leckeren geflochtenen Brote für (sehr) wenig Zloty.
    Ich glaub, ich muss da auch mal wieder hin.

  4. #4 Cornelius Courts
    03/09/2015

    @Stephan: “mittendrin abbricht: ”

    ach guck, wieder was gelernt. Am ersten Abend hier ass ich naemlich gerade zu Fuessen jener Betanstalt u.a. Sauerkraut, als das Signal geblasen wurde, abbrach und mich in Verwirrung und mit der Frage zurueckliess, ob der gute Mann wohl die Noten vergessen hatte 🙂

    @rolak: und heute gibbet Bigos 🙂

  5. #5 BreitSide
    Beim Deich
    03/09/2015

    Sehr schöne Schilderung, danke!

    Ich kenne ein paar polnische Städte und auch Beschreibungen von Krakau, da kann ich das gut nachvollziehen (soweit man das aus der Ferne kann… 😉

  6. #6 BreitSide
    Beim Deich
    03/09/2015

    Ach das mit dem abgebrochenen Türmer hatte ich grad letztens im TV gesehen (Fernsehen bildet!), aber schon wieder ganz weit hinten verstaut (Altersheimer?)…

  7. #7 dgbrt
    04/09/2015

    Ich war 1989 (noch vor dem Fall der Mauer) anlässlich eines Besuchs des Konzentrationslagers Auschwitz in Krakau untergebracht. Die Gendenkstätten haben natürlich den größten bleibenden Eindruck hinterlassen. Wenn die Zeit besteht, kann ich nur empfehlen sich die Dokumentationen zu diesen unermesslichen Nazi-Gräueltaten anzusehen.

    Aber Krakau war auch damals schon eine wunderschöne Stadt. Und unter anderem hat Nikolaus Kopernikus hier studiert.

    Solidarność durfte wieder öffentlich auftreten; für mich ein erstes Zeichen der Wende. Aber selbst eine Tasse Kaffee in einem Café war so billig, dass wir uns immer darum stritten, wer die nächste Runde bezahlen darf.

  8. #8 radix100
    Köln
    06/09/2015

    bin noch nicht dort gewesen, jetzt aber – nach so einladender Beschreibung – möchte ich hin. Allerdings- . dieee Geduld mit den “Luftratten” hätte ich nicht. Woher hast Du das nur?!
    Schöner Bericht. Danke.