Lemmy ist tot. Für manche ist das die endgültige Bestätigung von Nietzsches berühmtem Ausspruch, andere haben sich gefragt, wie der Mann bei diesem Lebenswandel überhaupt älter als 40 werden konnte (es heißt ja, daß der Tod, seit er Lemmy an dessen 40. Geburtstag begegnete, um ihn zu holen, nur noch mit Licht an unter’m Bett schläft ;-).
Ich persönlich bin kein Motörhead-Fan, bin aber dennoch jederzeit bereit, vor Lemmy meinen Hut zu ziehen für seine Biographie und Lebensleistung aber auch für seine unbezwingbare Authentizität und Attitüde. Und damit bin ich nicht allein.
Aber nicht nur Lemmy lebte gefährlich, sondern auch ein Fan seiner Musik, der sich zu den Grooves von Motörhead fast totgeheadbangt hatte:
2013 stellte sich in der Neurochirurgie am Uniklinikum Hannover (UKH) ein 50-jähriger Mann vor [1], der die letzten 2 Wochen durchgängig unter schlimmer werdenden Kopfschmerzen gelitten hatte. Er habe keine keine Verletzungen erlitten, hatte eine unauffällige medizinische Vorgeschichte, nahm keine Drogen oder Medikamente, berichtete aber, daß er vor 4 Wochen auf einem Motörhead-Konzert ordentlich geheadbangt habe.
Daraufhin wurde ein Schädel-CT angefertigt, das eine rechtsseitige chronische subdurale Blutung mit deutlicher Mittellinienverlagerung zeigte.
Man behandelte ihn, indem die Blutung mittels Entlastungstrepanation enteert wurde und durch eine 6-tägige Drainage nach dem Eingriff.
Die Kopfschmerzen verschwanden und nach 8 Tagen konnte er entlassen werden. Bei der Kontrolluntersuchung nach 2 Monaten war er immer noch beschwerdefrei und das neuerlich durchgeführte Schädel-CT zeigte, daß die Blutung und die subdurale Flüssigkeit vollständig aufgelöst waren. Dabei fiel auch eine arachnoidale Zyste in der rechten mittleren kranialen Fossa auf, die man beim ersten CT nicht erkannt hatte und die vermutlich prädisponierend für die Entstehung der Blutung war.
Die “Tanzform” des Headbangens kam in den 70ern auf und wurde durch Bands wie Motörhead mit dem Heavy Metal Genre assoziiert (auch wenn Lemmy immer gesagt hat, daß er Rock’n’Roll spielt). Bei Songgeschwindigkeiten von bis zu 200 bpm ist es nicht ganz ungefährlich, dieses rhythmische Kopfschütteln und -kreisen, das schon Arteriendissektionen, mediastinale Emphyseme, Schleudertraumata, Densfrakturen und eben Hirnblutungen hervorgerufen [2-4] und mindestens einen Banger auch schon dahingerafft hat [5].
“Wir wollen keineswegs vorm Headbangen warnen oder gar die Musik verteufeln”, sagte der Hauptautor des Berichts aus Lancet [1], Ariyan Islamian, ein Neurochirurg, der am UKH als Assistenzarzt arbeitet und Heavy Metal nicht abgeneigt ist,
“Der Vorfall unterstützt vielmehr Motörheads Ruf als einer der härtesten Rock-‘n’-Roll-Acts der Welt”.
In diesem Sinne… ich gehe jetzt „Ace of Spades“ hören, den einzigen Song, den Motörhead je geschrieben und dann immer wieder und jahrzehntelang auf allen ihren Alben veröffentlicht haben 😉
Und da ich nicht weiß, ob ich eine Zyste im Hirn habe, werde ich, statt zu bangen, Lemmy vorsichtshalber lieber nur freundlich zunicken. Up the irons!
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Referenzen:
[1] Islamian AP, Polemikos M, Krauss JK. Chronic subdural haematoma secondary to headbanging. Lancet 2014; 384: 102
[2] Matsuzaki S, Tsunoda K, Chong T, Hamaguchi R. Mediastinal emphysema after head-banging in a rock artist: pseudo shaken-baby syndrome in adulthood. Ann Thorac Surg2012; 94: 2113–14.
[3] Scheel M, Bauknecht HC. Teaching neuroimages: head banging without head trauma: subdural hemorrhage in association with arachnoid cysts. Neurology2011; 76: e60.
[4] Neyaz Z, Kandpal H, Sharma R, Kale S. ‘Head banging’ during rock show causing subdural hematoma. Neurol India2006; 54: 319–20.
[5] Mackenzie JM. “Headbanging” and fatal subdural haemorrhage. Lancet 1991; 338: 1457–58.
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